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Wolfgang Raible
gangspunkte einer sowohl ontogenetischen wie diachronischen Ent-
wicklung notwendig sind und von daher nicht generell als integrative
Versionen von Sachverhaltsdarstellungen verstanden werden können.
Christian Lehmann will zwei Arten von Relationen, „Rektion“ („gov-
ernment“) und „Modifikation“ (bzw. Determination), unterschieden
wissen. Zwischen read und book bestehe ein Verhältnis der Rektion,
zwischen read und yesterday Modifikation. Im Falle der Rektion sei die
Leerstelle in read, im Fall der Modifikation sei sie im modifizierenden
Element yesterday. Es geht dabei letztlich um das alte Kriterium der
(relativen) Selbständigkeit oder Unselbständigkeit grammatischer Ka-
tegorien. Die Unterscheidung beider Arten von Relation ist deshalb
problematisch, weil Rektion und Modifikation als die beiden Seiten der-
selben Sache in einem dialektischen Verhältnis zueinander stehen (book
modifiziert read, read regiert book). Die unendliche Diskussion über die
Unterscheidung zwischen Aktanten und Zirkumstanten (bzw. Ergän-
zungen und Angaben) zeigt, daß in Wirklichkeit ein skalarer, kein prin-
zipieller Unterschied zwischen beiden besteht: Die entsprechenden Re-
lationen werden, ganz im Sinne etwa von Peter Koch oder Simon C.
Diks „funktioneller Grammatik“, von den jeweiligen lexikalisch-seman-
tischen Einheiten bestimmt17. Es ist zwar - wie dies traditionellerweise
etwa in tagmemischen Analysen oder bei William A. Foley und Robert
D. van Valin (1984) geschieht - sinnvoll, um den ,Nukleus4 von Verben
verschiedene konzentrische Kreise zu ziehen und von Modifikationen zu
sprechen, die unterschiedlich weit von diesem Nukleus entfernt sind. Ob
jedoch eine Ortsrelation peripher oder nuklear ist, ist eine Frage der Art
des Verbalkerns. - Über die Relationen und ihre mögliche Ordnung
wird, wie schon erwähnt, später (unten Kapitel III) genauer zu reden
sein, über die Verwischung der scheinbar klaren Grenzen zwischen nu-
cleus4, ,core4 und ,periphery4 in Kapitel VI.6.
3.3 Koaleszenz zwischen Sachverhaltsdarstellungen
Jedes Verb (Partizipatum) kann immer nur eine bestimmte Zahl von
Aktanten (Partizipanten) an sich binden. Die Zahl der „festen Planstel-
len“ beträgt in der Regel maximal drei, die Zahl der fakultativen „freien
Angaben“ findet ihre Grenze spätestens in der Kapazität des verarbei-
17 Vgl. Christian Lehmann (1985; 1991); Simon C. Dik (1978); Peter Koch (1981); vgl.
weiterhin Jörg Hartmann (1985) und Klaus Heger (1991).
Wolfgang Raible
gangspunkte einer sowohl ontogenetischen wie diachronischen Ent-
wicklung notwendig sind und von daher nicht generell als integrative
Versionen von Sachverhaltsdarstellungen verstanden werden können.
Christian Lehmann will zwei Arten von Relationen, „Rektion“ („gov-
ernment“) und „Modifikation“ (bzw. Determination), unterschieden
wissen. Zwischen read und book bestehe ein Verhältnis der Rektion,
zwischen read und yesterday Modifikation. Im Falle der Rektion sei die
Leerstelle in read, im Fall der Modifikation sei sie im modifizierenden
Element yesterday. Es geht dabei letztlich um das alte Kriterium der
(relativen) Selbständigkeit oder Unselbständigkeit grammatischer Ka-
tegorien. Die Unterscheidung beider Arten von Relation ist deshalb
problematisch, weil Rektion und Modifikation als die beiden Seiten der-
selben Sache in einem dialektischen Verhältnis zueinander stehen (book
modifiziert read, read regiert book). Die unendliche Diskussion über die
Unterscheidung zwischen Aktanten und Zirkumstanten (bzw. Ergän-
zungen und Angaben) zeigt, daß in Wirklichkeit ein skalarer, kein prin-
zipieller Unterschied zwischen beiden besteht: Die entsprechenden Re-
lationen werden, ganz im Sinne etwa von Peter Koch oder Simon C.
Diks „funktioneller Grammatik“, von den jeweiligen lexikalisch-seman-
tischen Einheiten bestimmt17. Es ist zwar - wie dies traditionellerweise
etwa in tagmemischen Analysen oder bei William A. Foley und Robert
D. van Valin (1984) geschieht - sinnvoll, um den ,Nukleus4 von Verben
verschiedene konzentrische Kreise zu ziehen und von Modifikationen zu
sprechen, die unterschiedlich weit von diesem Nukleus entfernt sind. Ob
jedoch eine Ortsrelation peripher oder nuklear ist, ist eine Frage der Art
des Verbalkerns. - Über die Relationen und ihre mögliche Ordnung
wird, wie schon erwähnt, später (unten Kapitel III) genauer zu reden
sein, über die Verwischung der scheinbar klaren Grenzen zwischen nu-
cleus4, ,core4 und ,periphery4 in Kapitel VI.6.
3.3 Koaleszenz zwischen Sachverhaltsdarstellungen
Jedes Verb (Partizipatum) kann immer nur eine bestimmte Zahl von
Aktanten (Partizipanten) an sich binden. Die Zahl der „festen Planstel-
len“ beträgt in der Regel maximal drei, die Zahl der fakultativen „freien
Angaben“ findet ihre Grenze spätestens in der Kapazität des verarbei-
17 Vgl. Christian Lehmann (1985; 1991); Simon C. Dik (1978); Peter Koch (1981); vgl.
weiterhin Jörg Hartmann (1985) und Klaus Heger (1991).