II. Die außereinzelsprachliche Perspektive
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möglich wären), daß, wie bei den Gerundial- und Partizipialkonstruk-
tionen, der Kontext die relationelle Interpretation nahelegt.
Nicht nur im Spanischen, insbesondere im Portugiesischen gibt es be-
sondere Fälle des Gebrauchs von infiniten Formen. Die spektakulärste
ist der sogenannte „persönliche Infinitiv“. Infinitiv-Formen haben für
unser „europäisches“ Sprachgefühl selten oder nie die Information über
die Person des Erst-Aktanten zu haben. Deshalb ist der „Normalfall“
der Infinitiv-Konstruktion ja der, bei dem der Erst-Aktant des Matrix-
Verbs derselbe ist wie der des Infinitiv-Verbs: „Je suis content d’être
venu dans cette maison“, aber: „je suis très content que nous soyons
venus dans cette maison.“ Die Sprecher des Portugiesischen besitzen
nun selbst für solche Inhalte die „Sparform“ des Infinitivs, allerdings
versehen mit dem hier - wegen des Wechsels der Person notwendigen -
Personal-Grammern:
- Eu estou contentissimo de virmos para esta casa90.
- Que é isso, Continha? Que tem dançares um bocadinho, sô para vermos?
(„Was ist das, Continha? Was ist dabei, wenn du ein wenig tanzst, nur damit wir
sehen?“91)
- Eu näo vou visitarte por tu teres muito trabalho.
(„Ich will dich nicht besuchen, weil du viel Arbeit hast.“)
Es ist evident, daß die Verschiedenheit des Erst-Aktanten zwischen ein-
bettender und eingebetteter Sachverhaltsdarstellung das Personen-
Grammem erforderlich macht. Man sieht dies umgekehrt an den Über-
setzungen dieser Sätze in andere romanische Sprachen, wo dann etwa
die Konjunktion que mit einem Verb nötig wird, an dem die Personen-
Grammeme vorhanden sind:
Depots de os meus pais terem vendido a casa, tivemos de deixar a cidade.
würde französisch lauten:
après que mes parents aient vendu la maison, nous avons dû quitter la ville.
90 Alemeida Garrett, Frei Luis de Sousa, Lisboa (Francisco Franco) 1946, S. 63. - Der Satz
entspricht dem zweiten der vorangehenden französischen Beispiele.
91 Alfonso Arinos, Pelo Sertäo, Rio de Janeiro (Garnier), o.J. [1898]. - Beide Belege
stammen aus Paul Teyssier (1976:236).
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möglich wären), daß, wie bei den Gerundial- und Partizipialkonstruk-
tionen, der Kontext die relationelle Interpretation nahelegt.
Nicht nur im Spanischen, insbesondere im Portugiesischen gibt es be-
sondere Fälle des Gebrauchs von infiniten Formen. Die spektakulärste
ist der sogenannte „persönliche Infinitiv“. Infinitiv-Formen haben für
unser „europäisches“ Sprachgefühl selten oder nie die Information über
die Person des Erst-Aktanten zu haben. Deshalb ist der „Normalfall“
der Infinitiv-Konstruktion ja der, bei dem der Erst-Aktant des Matrix-
Verbs derselbe ist wie der des Infinitiv-Verbs: „Je suis content d’être
venu dans cette maison“, aber: „je suis très content que nous soyons
venus dans cette maison.“ Die Sprecher des Portugiesischen besitzen
nun selbst für solche Inhalte die „Sparform“ des Infinitivs, allerdings
versehen mit dem hier - wegen des Wechsels der Person notwendigen -
Personal-Grammern:
- Eu estou contentissimo de virmos para esta casa90.
- Que é isso, Continha? Que tem dançares um bocadinho, sô para vermos?
(„Was ist das, Continha? Was ist dabei, wenn du ein wenig tanzst, nur damit wir
sehen?“91)
- Eu näo vou visitarte por tu teres muito trabalho.
(„Ich will dich nicht besuchen, weil du viel Arbeit hast.“)
Es ist evident, daß die Verschiedenheit des Erst-Aktanten zwischen ein-
bettender und eingebetteter Sachverhaltsdarstellung das Personen-
Grammem erforderlich macht. Man sieht dies umgekehrt an den Über-
setzungen dieser Sätze in andere romanische Sprachen, wo dann etwa
die Konjunktion que mit einem Verb nötig wird, an dem die Personen-
Grammeme vorhanden sind:
Depots de os meus pais terem vendido a casa, tivemos de deixar a cidade.
würde französisch lauten:
après que mes parents aient vendu la maison, nous avons dû quitter la ville.
90 Alemeida Garrett, Frei Luis de Sousa, Lisboa (Francisco Franco) 1946, S. 63. - Der Satz
entspricht dem zweiten der vorangehenden französischen Beispiele.
91 Alfonso Arinos, Pelo Sertäo, Rio de Janeiro (Garnier), o.J. [1898]. - Beide Belege
stammen aus Paul Teyssier (1976:236).