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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0092
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Wolfgang Raible

Diese Möglichkeit existiert natürlich auch im Portugiesischen selbst:
a mâe disse para ires imediatamente para a cama
a mâe disse que fosses imediatamente para a cama
(„Die Mutter sagte, du solltest sofort ins Bett gehen“.)
Der persönliche Infinitiv hat nicht nur verbale Züge, er hat auch nomi-
nale. Dazu zählt nicht nur das Fehlen typischer verbaler Merkmale wie
Assertion oder Genus Verbi. Charakteristisch ist das Vorkommen zu-
sammen mit Präpositionen. Sie haben auch die Aufgabe, die spezifische
Relation, um die es gehen soll, deutlich zu machen - etwa para für die
finale oder a/ao für die konditionale oder temporale Relation:
- Lucélia zangou-se connosco por Ihe termos dito a verdade.
(„Lucelia stritt sich mit uns, weil wir ihr die Wahrheit gesagt hatten“ - dabei
bekommt das Hilfsverb ter ,haben4 die Personalendung, die Vorzeitigkeit wird
durch die Partizipialform des „Lexemverbs“ ,sagen4 angezeigt.)
- A procederes dessa maneira perdes todos os amigos.
(„Wenn du so weitermachst, verlierst du alle Freunde.“)
- Ao traduzires esse texto esta com atençâo.
(„Wenn du diesen Text übersetzst, paß auf.“)
- Ao vermos tal espectâculo ficamos impresionados
(„Als wir dieses Schauspiel sahen, waren wir beeindruckt“.)
In allen Fällen braucht die Verschiedenheit zwischen dem Erst-Aktan-
ten des Matrix-Satzes und dem der eingebetteten Sachverhaltsdarstel-
lung freilich nicht zuzutreffen: Denn wenn auch die Verschiedenheit des
Erst-Aktanten zwischen einbettender und eingebetteter Proposition
den „persönlichen“ Infinitiv motiviert, so braucht das Gleichbleiben des
Erst-Aktanten den persönlichen anstelle des „normalen“ unpersönli-
chen Infinitivs nicht zu verhindern:
Tinham o desejo de aprenderem
Tinham o desejo de aprender
(„Sie wollten lernen“)
Gerhard Rohlfs weist darauf hin, „persönliche Infinitive“ tauchten auch
bei napolitanischen Schriftstellern des 15. Jahrhunderts auf, etwa:

Tenemo secundo la santa fè cattolica esserno stati non homicidi li occidituri
 
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