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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0137
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III. Die Ordnung der Relationen

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Die Mitbeteiligung kann in verschiedenen Varianten auftreten: als
Mitwissen oder Fehlen von Mitwissen, als Anwesenheit oder Abwesen-
heit, als Stellvertretung. Gerade die Möglichkeit der Stellvertretung
macht deutlich, daß die Mitbeteiligung so etwas sein kann wie ein „Jo-
ker“ für diverse andere Aktanten-Funktionen - für den Verursacher
ebenso wie für den Betroffenen. Die Mitbeteiligung als Stellvertretung
ist affin zur Relation ,Zuordnung4 (,Rolle4, ,Vorbild4, ,Typ4): Man kann
etwas als Vater, als Vorgesetzter, als mündiger Bürger etc. machen -
und auch als Stellvertreter. Auch hier wird eine Aktanten-Funktion, sei
es die des ,Verursachers4, die des ,Betroffenen4, oder die des ,Verur-
sachten4, näher bestimmt. - In diesen Kontext dürfte auch die Relation
,gleich/ungleich4 gehören.
Es ergeben sich also eine Reihe von Rollen, die als Ausfaltung oder
Präzisierung solcher anderer Rollen aufgefaßt werden können, die sich
aus zweiseitigen Relationen ergeben. Flotterau gré des vagues bedeutet,
von einer Person gesagt, eine Einschränkung der intentionalen Hand-
lungsmöglichkeiten, von einem Gegenstand ausgesagt bedeutet es einen
Hinweis darauf, daß die Ursache seiner Bewegung an anderer Stelle zu
suchen ist. Traverser une rue sous couvert d’un feu vert bedeutet dage-
gen, daß das intentionale Ziel der Handlung durch besondere Umstände
geschützt ist.
Etwas anders gelagert ist die letzte bedeutende Relation, die noch
nicht erwähnt wurde: die Ortsrelation. Sie präzisiert nicht vorhandene
Relationen; sie bietet vielmehr mannigfache Möglichkeiten, Sachver-
halte in bestimmter Weise in Referenzbereichen zu lokalisieren18. Sel-
ten dagegen bietet sich für Ortsrelationen die Möglichkeit, die bei Zeit-
relationen gegeben ist: die zeitliche Zuordnung von Sachverhaltsdar-
stellungen zu anderen Sachverhaltsdarstellungen. Wie erwähnt, eröff-
net gerade dies, zusammen mit einer Dynamisierung der Ortsrelation
(von., weg, zu..hin, an..heran, aus..heraus), die Möglichkeit einer
„übertragenen“ Bedeutung von Ortsrelationen19. - Das Gesamtbild der
Ordnung der Relationen sieht also bis jetzt so aus: es gibt wenige einstel-
lige Relationen - z.B. die (statisch verstandene) Ortsrelation; es gibt
18 Hierzu gibt es eine abundante Literatur. Pauschal sei nur auf die Referate einiger Posi-
tionen in der Berliner Habilitationsschrift von Jürgen Lang (1991:170-221) oder auf die
beiden ersten Kapitel der Freiburger Dissertation von Georg Blank (1991) verwiesen.
19 Aus der Dynamisierung von Ortsrelationen ergibt sich eine Affinität zu den zweiseitigen
Relatoren (wie ,Grund - Folge', ,Ursache - Wirkung1). Hier liegt eine der Wurzeln der
„lokalistischen“ Interpretation von Kasussystemen. Ein ,Ablativ' ist dem Namen nach
 
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