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Wolfgang Raible
Mitteln angeht, sei auf Abschnitt IV. 1 verwiesen, wo gerade bei den
Junktoren, die sich von infiniten Verbformen aus entwickeln, einige
konzessive Fälle zu nennen waren (frz. nonobstant, ital. nonostante etc.,
finnisch huolimatta ,ungeachtet’, loukkaamatta ,unbeschadet4, jeweils
mit Formen des Abessivs). Zu verweisen ist jedoch auch auf ganze ver-
bale Syntagmen wie engl. albeit (all be it, afrz. ja!tout!bien soit (ce) que),
wobei nach Königs Analysen auch der „Allquantor“ eine Rolle spielt
allerdings, although). Eine andere Möglichkeit ist die Entwicklung aus
einer kausalen Form, also von der „Ursache“ zur „Gegenursache“. Dies
ist nichts Erstaunliches insofern, als, wie sich in Kapitel III gezeigt hat,
auch Kausalität und Konzessivität eng verknüpft sind: Konzessivität
setzt dabei ein erhebliches Maß an Weltwissen voraus - die Kenntnis
einer Implikation und das Wissen, daß diese Implikation wider Erwar-
ten nicht zutrifft. Zwei altfranzösische Beispiele zeigen dies für po(u)r,
den im Altfranzösischen bei weitem häufigsten konzessiven Junktor.
Die normale Implikation ist z.B., daß man jemand mit Geld, Verspre-
chen oder Zwang zu etwas bringen kann:
- Et por rien nule ne voldroie
Son comandement trespasser.
(„Und um keine Sache wollte ich seinen Befehl übertreten“ -
Chrétien de Troyes, Cligès v. 4274f.)
Das por nule rien, ,wegen keiner Sache4 ist in der positiven Bedeutung
„konzessiv“ - ,auch wenn noch so viel4. Das por kann nicht nur als Prä-
position auftreten, sondern auch mit einem finiten Nebensatz:
- Pour rien que Herodes li deist
Ne pour honte qu’on li feist
Ne voult respondre nulle chose.
(„Was auch immer Herodes ihm geben wollte und welchen Tort auch immer man
ihm antat, er wollte nichts antworten“ - La Passion de Nostre Seigneur, v. 2016 -
aus Soutet 1990, S. 72)
Die beiden folgenden Beispiele aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts
(Geschichte des 4. Kreuzzugs) verdeutlichen nochmals den negativen
Kontext, der zur Interpretation der Ursache als Gegenursache führt:
- Quant les letres furent lutes, et li dux les eut entendues, il dist que il ne lairoit
mie, pour I’eskemeniement l’apostoile, qu’il ne se venjast de chiax de le vile.
(„Als der Brief [des Papstes] vorgelesen war und der Doge ihn gehört hatte,
Wolfgang Raible
Mitteln angeht, sei auf Abschnitt IV. 1 verwiesen, wo gerade bei den
Junktoren, die sich von infiniten Verbformen aus entwickeln, einige
konzessive Fälle zu nennen waren (frz. nonobstant, ital. nonostante etc.,
finnisch huolimatta ,ungeachtet’, loukkaamatta ,unbeschadet4, jeweils
mit Formen des Abessivs). Zu verweisen ist jedoch auch auf ganze ver-
bale Syntagmen wie engl. albeit (all be it, afrz. ja!tout!bien soit (ce) que),
wobei nach Königs Analysen auch der „Allquantor“ eine Rolle spielt
allerdings, although). Eine andere Möglichkeit ist die Entwicklung aus
einer kausalen Form, also von der „Ursache“ zur „Gegenursache“. Dies
ist nichts Erstaunliches insofern, als, wie sich in Kapitel III gezeigt hat,
auch Kausalität und Konzessivität eng verknüpft sind: Konzessivität
setzt dabei ein erhebliches Maß an Weltwissen voraus - die Kenntnis
einer Implikation und das Wissen, daß diese Implikation wider Erwar-
ten nicht zutrifft. Zwei altfranzösische Beispiele zeigen dies für po(u)r,
den im Altfranzösischen bei weitem häufigsten konzessiven Junktor.
Die normale Implikation ist z.B., daß man jemand mit Geld, Verspre-
chen oder Zwang zu etwas bringen kann:
- Et por rien nule ne voldroie
Son comandement trespasser.
(„Und um keine Sache wollte ich seinen Befehl übertreten“ -
Chrétien de Troyes, Cligès v. 4274f.)
Das por nule rien, ,wegen keiner Sache4 ist in der positiven Bedeutung
„konzessiv“ - ,auch wenn noch so viel4. Das por kann nicht nur als Prä-
position auftreten, sondern auch mit einem finiten Nebensatz:
- Pour rien que Herodes li deist
Ne pour honte qu’on li feist
Ne voult respondre nulle chose.
(„Was auch immer Herodes ihm geben wollte und welchen Tort auch immer man
ihm antat, er wollte nichts antworten“ - La Passion de Nostre Seigneur, v. 2016 -
aus Soutet 1990, S. 72)
Die beiden folgenden Beispiele aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts
(Geschichte des 4. Kreuzzugs) verdeutlichen nochmals den negativen
Kontext, der zur Interpretation der Ursache als Gegenursache führt:
- Quant les letres furent lutes, et li dux les eut entendues, il dist que il ne lairoit
mie, pour I’eskemeniement l’apostoile, qu’il ne se venjast de chiax de le vile.
(„Als der Brief [des Papstes] vorgelesen war und der Doge ihn gehört hatte,