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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0234
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232

Wolfgang Raible

Christian Lehmanns drei Skalenpaare sind nicht unabhängig voneinan-
der. Die Herabstufung einer Sachverhaltsdarstellung zwischen ,Para-
taxe1 und ,Einbettung1 (Skala 1) korreliert mit der zweiten Skala, in der
es darum geht, welche syntaktische Rolle die eingebettete Sachverhalts-
darstellung in der einbettenden einnimmt19. Diese zweite Skala hat wie-
derum hohe Affinität zur dritten, der zwischen „Satzhaftigkeit“ und
„Nominalität“: Mit dem Verlust der Satzhaftigkeit geht notwendiger-
weise eine Herabstufung der betreffenden Sachverhaltsdarstellung
Hand in Hand: „[...] nominalized subordinate constructions can easily
be downgraded, since they acquire the distributional properties of a no-
minal expression1120. Auch Aktanten können dabei grammatisch anders
kodiert werden (Erst-Aktant als Genitiv, Ablativ etc.). - Dabei braucht
freilich der Grad des Verlustes an Satzhaftigkeit nicht unbedingt genau
mit der Herabstufung im Sinne der Skala 1 zu korrelieren: „a nominali-
zed verbal may be relatively independent“ (ebd.), etwa als Apposition.
Die vierte Skala Lehmanns („grammaticalization of main verb“) be-
trifft den Fall, in dem nicht das Verb, das „normalerweise11 herabgestuft
wird, sondern das, das normalerweise das Hauptverb bleibt, auf dem
Wege der Grammatikalisierung seine ursprüngliche Funktion verliert
und etwa zum grammematischen Merkmal der Kausativität an einem
anderen Verb wird21. Hier gilt natürlich ebenfalls die Desententialisie-
rung, nur das Ergebnis in der Diachronie ist anders - die Entwicklung
bleibt im Bereich des Verbalsystems. Damit auch diese Erscheinungen,
die normalerweise innerhalb der Dimension ,Junktion‘ als Verb-Verb-
Verbindung beginnen, mit im Blickfeld bleiben, war oben in II.4 für eine
weite Sicht des Phänomens ,Serialisierung‘ plädiert worden. Unten in
Abschnitt VI.6 wird nochmals die systematische Zusammengehörigkeit
dieser Erscheinungen im Rahmen einer anderen Skalierung gezeigt, bei
der die Semantik der betreffenden Verben die entscheidende Rolle
spielt. Daß auch die fünfte Skala („interlacing of the clauses“) mit in
diesen Grammatikalisierungsprozeß gehört, war oben in II.4 z.B. an-
hand der seriellen Verben gezeigt worden: Serialisierung und Koales-
zenz von Aktanten gehören zusammen.
Die einzige Skala, die, entgegen Lehmanns Ansicht, wohl nicht paral-
lel zu den anderen zu sehen ist, ist die sechste („explicitness of linking“,
der Subjunktiv/Konjunktiv), die die Regreßpflicht des Sprechers der einbettenden Sach-
verhaltsdarstellung einschränken.
19 Vgl. Lehmann 1988:214.
20 Ebd., mit Verweis auf Antoine Meillet.
21 Vgl. dazu bereits Lehmann 1982:27ff.
 
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