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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Heger, Klaus [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0259
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VI. Ein nochmaliger Blick auf die Dimension ,Junktion‘

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rung durch Relatoren, die „nominal“ realisiert werden. Die verbale
Realisierung begegnet z. B. in einer Reihe von ostasiatischen Sprachen.
Im Chinesischen wird das Verb gen ,folgen‘ im Sinne von ,zusammen
mit4 verwendet, das Verb ηά ,nehmen4 kann die Relation ,mit Hilfe von4
(„Mittel/Instrument“) ausdrücken („etwas nehmen und dann etwas [da-
mit] tun“), das Verb châo ,sich bewegen in Richtung auf4 wird verwen-
det im Sinne von ,nach4, ,in Richtung auf4, das Verb ti,ersetzen4 kann für
die Relation der „Mitbeteiligung“ im Sinne des „ Austauschs“ verwendet
werden (,anstelle von4, ,für‘). Das Verbum ,gleich sein wie4 kann für die
Relation „gleich/ungleich“ verwendet werden. Daß ein Verbum wie be-
treffen4, ,angehen4 für die Relation „Hinsicht“ verwendet werden kann,
ist allerdings auch dem Europäer vertraut („en ce qui concerne“, „as
regards“, „concernant“, „quod attinet ad“, „was . . . angeht“). Weitere
„europäische“ Beispiele finden sich am Anfang von Kapitel IV.3. - Eine
außerordentlich hohe Zahl jener Elemente, die ein Europäer im Chine-
sischen gerne als Verhältniswörter analysieren möchte, sind mithin Ele-
mente von Verbserien, wobei diese Elemente zumeist auch selbständig
als Verben auftreten können. Insofern gehört zum Chinesischen, wie zu
anderen ostasiatischen Sprachen, als besonders „typische“ Technik der
Junktion die der Serialisierung50.
Komplementär zur Bildung von Kasusgrammemen oder Verhältnis-
wörtern aus Verben sind Nomina als Ausgangspunkt für solche Formen.
Die Voraussetzung dafür ist, daß es sich um solche Nomina handelt, die
Relationen ausdrücken. „Seuls ont vocation à se grammaticaliser en de-
venant des relateurs ceux dont le sens appartient au champ sémantique
de la relation“ - was Claude Hagège (1975:163) in einem Kommentar zu
Henri Frei von Verben sagt, die zu Verhältniswörtern grammatikalisiert
werden, gilt genauso für Nomina. Hierfür sind die oben am Ende von
Kapitel II besprochenen Interpretatoren besonders geeignet, aber auch
eine Reihe lokaler Konzepte, die eine Position relativ zu etwas implizie-
ren: finn. vieri [Stamm viere-] ,Rand, Saum, Kante, Seite4, wird, mit der
Endung des Inessivs, mit der des Illativs, des Allativs, des Ablativs, des
Elativs oder mit derjenigen des Adessivs zur Postposition viere-ssä,
50 Vgl. dazu insbesondere Claude Hagège (1975) und Walter Bisang (1991). Wie oben in
Kapitel II erwähnt wurde, hat bereits Wilhelm von Humboldt - in seinem Brief an den
französischen Sinologen Abel-Rémusat von 1827 - gesehen, daß die chinesischen „Ver-
hältniswörter“ in der Regel Verben sind. Dasselbe gilt für Henri Frei dort, wo er sich
unter dem Stichwort ,condensation' mit der Grammatikalisierung von Verhältniswör-
tern aus Verben („phrase > mot, syntaxe > morphologie“) befaßt (1929:175ff.).
 
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