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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0283
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VII. Historische Notiz

281

sehen. Diese Texte gingen vom familiären Gespräch am Abend über die
politische Live-Diskussion im Fernsehen bis hin zum ,Cours magistral
de littérature4. Die Fragestellung war dabei, wie Kausalität, Finalität
und Konzessivität, also drei wichtige Inhaltsrelationen, im normalen
mündlichen Gespräch dargestellt werden. Es ergab sich im Verlauf der
Untersuchung, daß der Grad der Geplantheit einer mündlichen Äuße-
rung hier die entscheidende Rolle spielt. Generell gilt, daß im mündli-
chen Gespräch fast ausschließlich die aggregativen Techniken der Di-
mension ,Junktion‘ realisiert werden (und natürlich die unterste mit den
einfachen Präpositionen und Kasusformen); nur dort, wo ein erhebli-
cher konzeptioneller Voraufwand vorliegt, also etwa im ,Cours magi-
stral de littérature4, dringen mündliche Sprecher gelegentlich zu den
Ebenen V oder gar VI des Faltblatts vor. Ralph Ludwig hat die Ergeb-
nisse seiner Staatsarbeit auch in einem Colloquium über „Probleme der
romanischen Sprachwissenschaft44 vorgestellt, das der Verfasser und
sein Kollege Hans-Martin Gauger seit 1979 regelmäßig am Freiburger
Romanischen Seminar veranstalten. Diese Ergebnisse haben mit zu ei-
ner Skala beigetragen, die von Peter Koch und Wulf Oesterreicher, zwei
weiteren Freiburgern, systematisch ausgearbeitet worden ist und allein
schon in Freiburg zu einer fruchtbaren, jeweils im Romanistischen Jahr-
buch publizierten Diskussion geführt hat: die Unterscheidung zwischen
medialer Mündlichkeit und Schriftlichkeit auf der einen Seite und kon-
zeptioneller Mündlichkeit und Schriftlichkeit auf der anderen6.
Peter Koch und Wulf Oesterreicher haben diese Konzeption auf An-
regung des Verfassers im Winter 1983/1984 erstmals in dem Zirkel Frei-
burger Wissenschaftler vorgetragen, der seit Ende 1982 die Gründung
eines Sonderforschungsbereichs vorbereitete. Sie stieß auch bei Litera-
turwissenschaftlern, insbesondere bei dem Anglisten Paul Goetsch, auf
lebhaftes Interesse. Die Unterscheidung zwischen medialer und kon-
zeptioneller Mündlichkeit/Schriftlichkeit ging dann als grundlegendes
Moment mit in die Konzeption des zum 1. Juli 1985 von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft in Freiburg eingerichteten Sonderforschungs-
bereichs Übergänge und Spannungsfelder zwischen Mündlichkeit und
Schriftlichkeit ein, in dessen B-Projekten insonderheit die Veränderung
von Sprache durch Verschriftlichung untersucht wird. Die Konzeption
6 Peter Koch/Wulf Oesterreicher (1985); Ralph Ludwig (1986). Dazu, daß der Gedanke,
zwischen konzeptioneller Mündlichkeit und Schriftlichkeit zu unterscheiden, eigentlich
schon von Karl Bühler stammt, vgl. Raible (1989). - Die derzeit letzte Frucht einer inten-
siven Zusammenarbeit von Peter Koch und Wulf Oesterreicher ist ein Buch über Ge-
sprochene Sprache in der Romania: Französisch, Italienisch, Spanisch (1990).
 
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