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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
empfangen werden, demnach wachsen und zunemen. So dann nun diser heylig
geyst von unserem Herren Jesu Christo zeuget, er seye ein frucht des leybs Marie,
von ihr empfangen und geboren, bleibet es ewigklich ware, das er ihres fleyschs
und geblüts ist und das selbige an sich genommen hat.
Dann in dem fleysch, das er von Maria an sich genommen hat, ist kein sünd
noch fluch gewesen, der heylig geyst hat da gewürcket. Es hatt freylich das ewig
wort Gottes, die heyligkeyt selb, auch von Maria, ihres waren natürlichen fleyschs
und bluts wol on alle sünd und fluch annemen künden, so diß Wort doch auch den
ersten menschen on sünd erschaffen hat. Die sünd ist ye nit von der natur des
menschen, darumb Maria wol ein ware mutter des Herren und ein ware frucht
ihres leibs sein kan, ja ist, und ewig bleiben würt, von yhrem fleysch und blut
geboren in und ausser dem leib erneeret und auffbracht und gar nit der massen,
wie brot in eim bachoffen oder ein bild ins meysters werckstat, oder wie pärlin83
in seiner mutter, wölche gleichnuß mir des Hoffmans jünger84 einer geben hat,
das soliche geburt in Maria on zuthun ihrer natur und mittheylung ires fleyschs
und geblüts geschehen were.
Das dann Hofmann ymmer sagt, das ewig Wort sey selber ein leiblich, grifflich,
sichtlich, wares fleysch worden und doch nit |D2b | gestehn wille, das es das ewig
wort in seiner natur unverrücket, unverenderet, unvermischet85 bleibend, die
menschliche natur erst angenommen und in einer person mit der gottheit ver-
einiget habe, so muß je volgen, das bey im das ewig wort geenderet und verwan-
delet sye, also würdt es dann nit könden Gott sein oder je gewesen. Also verleug-
net uns dann Hofmann beide, die gotheyt und menscheyt in Christo; dahin komet
diser geyster gotlose vermessenheyt.
Noch ein ußflucht hat Hoffman, das zum Römern am viii [3 ] steht, Gott hat
seinen sun gesandt in der gleicheyt des fleischs der sünden. Und zun Philip, am ii [7].
Er ist in gleicheyt der menschen worden und in der gestalt gefunden als ein mensch. So aber
die schrifft und Christus selb sich allenthalb ein menschen und menschen sun
nennet, wie nun offt anzogen und der Christ nymmer meer gnug bedencken kan
und dem, das er ein warer mensch ist, von Maria geboren, gar nit zuwider ist,
das Paulus schreibet, er sye in gleicheyt und gestalt der menschen, so würt ja
Hoffman hierauß auch nichs wider dise einige warheyt, das das ewig wort Gottes
menschliche natur auß Maria genommen hat, schliessen. Wiewol Paulus zun
Römern am viii [3] auch nit schlecht86 saget: in gleicheit des fleischs, sonder des
fleisches der sünden. Sölichen sündlichem fleysch, das ist: den sündigen menschen,
ist der Herr wol gleich, aber nit auch ein sündtlich fleisch, das ist ein sünder wor-
83. Perle.
84. Nicht nachzuweisen; über die Straßburger Anhängerschaft Hoffmans vgl. zur Linden,
a.a.O., S. 307ff. und neuerdings die Zusammenstellung bei Claus-Peter Clasen: Anabaptists Sects
in the Sixteenth Century: A Research Report. In: The Mennonite Quarterly Review 3.1972.
S. 258-262.
85. Konzil von Chalcedon (451 n.Chr.): Xqioxov... ev övo cpvaecnv davy/frcog, ärQS7ircog,
äöiaiqercog, aycoqi'orcog; vgl. Mirbt, S.79.
86. Schlicht, einfach nur.
IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
empfangen werden, demnach wachsen und zunemen. So dann nun diser heylig
geyst von unserem Herren Jesu Christo zeuget, er seye ein frucht des leybs Marie,
von ihr empfangen und geboren, bleibet es ewigklich ware, das er ihres fleyschs
und geblüts ist und das selbige an sich genommen hat.
Dann in dem fleysch, das er von Maria an sich genommen hat, ist kein sünd
noch fluch gewesen, der heylig geyst hat da gewürcket. Es hatt freylich das ewig
wort Gottes, die heyligkeyt selb, auch von Maria, ihres waren natürlichen fleyschs
und bluts wol on alle sünd und fluch annemen künden, so diß Wort doch auch den
ersten menschen on sünd erschaffen hat. Die sünd ist ye nit von der natur des
menschen, darumb Maria wol ein ware mutter des Herren und ein ware frucht
ihres leibs sein kan, ja ist, und ewig bleiben würt, von yhrem fleysch und blut
geboren in und ausser dem leib erneeret und auffbracht und gar nit der massen,
wie brot in eim bachoffen oder ein bild ins meysters werckstat, oder wie pärlin83
in seiner mutter, wölche gleichnuß mir des Hoffmans jünger84 einer geben hat,
das soliche geburt in Maria on zuthun ihrer natur und mittheylung ires fleyschs
und geblüts geschehen were.
Das dann Hofmann ymmer sagt, das ewig Wort sey selber ein leiblich, grifflich,
sichtlich, wares fleysch worden und doch nit |D2b | gestehn wille, das es das ewig
wort in seiner natur unverrücket, unverenderet, unvermischet85 bleibend, die
menschliche natur erst angenommen und in einer person mit der gottheit ver-
einiget habe, so muß je volgen, das bey im das ewig wort geenderet und verwan-
delet sye, also würdt es dann nit könden Gott sein oder je gewesen. Also verleug-
net uns dann Hofmann beide, die gotheyt und menscheyt in Christo; dahin komet
diser geyster gotlose vermessenheyt.
Noch ein ußflucht hat Hoffman, das zum Römern am viii [3 ] steht, Gott hat
seinen sun gesandt in der gleicheyt des fleischs der sünden. Und zun Philip, am ii [7].
Er ist in gleicheyt der menschen worden und in der gestalt gefunden als ein mensch. So aber
die schrifft und Christus selb sich allenthalb ein menschen und menschen sun
nennet, wie nun offt anzogen und der Christ nymmer meer gnug bedencken kan
und dem, das er ein warer mensch ist, von Maria geboren, gar nit zuwider ist,
das Paulus schreibet, er sye in gleicheyt und gestalt der menschen, so würt ja
Hoffman hierauß auch nichs wider dise einige warheyt, das das ewig wort Gottes
menschliche natur auß Maria genommen hat, schliessen. Wiewol Paulus zun
Römern am viii [3] auch nit schlecht86 saget: in gleicheit des fleischs, sonder des
fleisches der sünden. Sölichen sündlichem fleysch, das ist: den sündigen menschen,
ist der Herr wol gleich, aber nit auch ein sündtlich fleisch, das ist ein sünder wor-
83. Perle.
84. Nicht nachzuweisen; über die Straßburger Anhängerschaft Hoffmans vgl. zur Linden,
a.a.O., S. 307ff. und neuerdings die Zusammenstellung bei Claus-Peter Clasen: Anabaptists Sects
in the Sixteenth Century: A Research Report. In: The Mennonite Quarterly Review 3.1972.
S. 258-262.
85. Konzil von Chalcedon (451 n.Chr.): Xqioxov... ev övo cpvaecnv davy/frcog, ärQS7ircog,
äöiaiqercog, aycoqi'orcog; vgl. Mirbt, S.79.
86. Schlicht, einfach nur.