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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
hat ja Gott dem menschen verluhen. Solichen freyen willen, urtheyl, schetzen141
und gewalt haben wir alle von Gott empfangen.
Nun aber, dieweil der mensch von natur, wie wir von Adam leyder verderbet
sein, göttliche ding nit recht satt erkennen mag, wie voranzeyget, und daher sich
ymmer an den zeytlichen güteren, als disem leyblichen leben, ehr, lust und damit
er vermeynet sein | G 1 a | leben zu erhalten, eer und lust zu bekommen, vergaffet,
bleibet er wol in allem seinem thun eines freyen willens, urtheyls und sein selb
eygnen gewalts; das richt er aber alles nur auffs zeytlich und demnach er auch die
zeytlichen güter, was die an ihnen selb seind und wie sie zu brauchen seind, nit
recht erkennet, auch der böste feind bei solichen herschet und alles verkeret; so
fallet sein urtheyl, wale, wille und thun ymer auffs arg und lätz142, zum mißbrauch
aller, auch diser zeytlichen güter und gaben Gottes, wie wir das in der erfarnuß
täglich sehen, bey allen, die Christus unser Herr nit besser und ja143 neüe leüt
machet. Darumb S. Paulus das wesen deren, so Christum noch nit erkennet und
angenommen haben, also beschreibet: Und als ihr in fählen und sünden todt waren144,
in wölchen ihr wandleten nach dem brauch diser welt, nach dem fürsten des gewalts in lüfften,
dem geyst der in denen, die der warheyt nit gehörchen, kräftig würcket, under wölchen auch
wir alle etwan gewandlet haben, in begirden unsers fleyschs, als wir thetten den willen des
fleysches, und der gedancken und waren von natur kinder deszorns, wie andere. Diß
schreibt Paulus Ephes. 2 [1-3].
In disen worten ist wol zu mercken, das Paulus alle, die Christum noch nit
erlanget haben, als die in sündten todt seind zelet, das ist, alles gutes unvermög-
lich, wie ein todter keyn werck des lebens vermage145. Item das der Teuffel über
sie herschet, das sie der warheyt nit gehorchen, damit kan dann anders nit folgen,
dann das sye verkereten sinn und urtheyl haben in allen dingen. Demselbigen
falschen, verderbten urtheylen kommen sie dann frey mutwillig nach, damit ists
bey ihn alles arg und verkeret. Dann wie vor beweret146, würt bey solichen die
erkantnuß Gottes, so ihnen Gott mittheylet, von der falschen erkantnuß zeitlicher
dingen, und ihres mißbrauchs zuruck getriben; sie ist zu schwach, | G1b | mag
von dem anschawen und hochschetzen solicher zeytlichen güter und dann auch
dem gewaltigen trib des Satans nierget fürkommen147
Nun aber, welche Gott begnadet, zu seinem Sun zeuhet, gibt ihn seinen geyst,
das sie es von im, dem vatter, hören und leerens auch, das ist, wann ihnen Gott in
Christo unserem Herren sein erkantnuß recht sat verleyhet, die selbigen erkennen
dann, wehlen, wöllen und thun das gut, aber gantz frey, selb willig, ungetrungen,
ungenötiget. Hierauff gehn nun alle leere und ermanungen der schrifften, die den
freywilligen dienst, das ist willige, lustige frombkeyt erforderen; item, die uns
141. Abwägen.
142. Verkehrte.
143. Wahrlich zu.
144. Waret.
145. (Bewirken) kann.
146. Dargetan, bewiesen.
147. Hervortreten.
IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN
hat ja Gott dem menschen verluhen. Solichen freyen willen, urtheyl, schetzen141
und gewalt haben wir alle von Gott empfangen.
Nun aber, dieweil der mensch von natur, wie wir von Adam leyder verderbet
sein, göttliche ding nit recht satt erkennen mag, wie voranzeyget, und daher sich
ymmer an den zeytlichen güteren, als disem leyblichen leben, ehr, lust und damit
er vermeynet sein | G 1 a | leben zu erhalten, eer und lust zu bekommen, vergaffet,
bleibet er wol in allem seinem thun eines freyen willens, urtheyls und sein selb
eygnen gewalts; das richt er aber alles nur auffs zeytlich und demnach er auch die
zeytlichen güter, was die an ihnen selb seind und wie sie zu brauchen seind, nit
recht erkennet, auch der böste feind bei solichen herschet und alles verkeret; so
fallet sein urtheyl, wale, wille und thun ymer auffs arg und lätz142, zum mißbrauch
aller, auch diser zeytlichen güter und gaben Gottes, wie wir das in der erfarnuß
täglich sehen, bey allen, die Christus unser Herr nit besser und ja143 neüe leüt
machet. Darumb S. Paulus das wesen deren, so Christum noch nit erkennet und
angenommen haben, also beschreibet: Und als ihr in fählen und sünden todt waren144,
in wölchen ihr wandleten nach dem brauch diser welt, nach dem fürsten des gewalts in lüfften,
dem geyst der in denen, die der warheyt nit gehörchen, kräftig würcket, under wölchen auch
wir alle etwan gewandlet haben, in begirden unsers fleyschs, als wir thetten den willen des
fleysches, und der gedancken und waren von natur kinder deszorns, wie andere. Diß
schreibt Paulus Ephes. 2 [1-3].
In disen worten ist wol zu mercken, das Paulus alle, die Christum noch nit
erlanget haben, als die in sündten todt seind zelet, das ist, alles gutes unvermög-
lich, wie ein todter keyn werck des lebens vermage145. Item das der Teuffel über
sie herschet, das sie der warheyt nit gehorchen, damit kan dann anders nit folgen,
dann das sye verkereten sinn und urtheyl haben in allen dingen. Demselbigen
falschen, verderbten urtheylen kommen sie dann frey mutwillig nach, damit ists
bey ihn alles arg und verkeret. Dann wie vor beweret146, würt bey solichen die
erkantnuß Gottes, so ihnen Gott mittheylet, von der falschen erkantnuß zeitlicher
dingen, und ihres mißbrauchs zuruck getriben; sie ist zu schwach, | G1b | mag
von dem anschawen und hochschetzen solicher zeytlichen güter und dann auch
dem gewaltigen trib des Satans nierget fürkommen147
Nun aber, welche Gott begnadet, zu seinem Sun zeuhet, gibt ihn seinen geyst,
das sie es von im, dem vatter, hören und leerens auch, das ist, wann ihnen Gott in
Christo unserem Herren sein erkantnuß recht sat verleyhet, die selbigen erkennen
dann, wehlen, wöllen und thun das gut, aber gantz frey, selb willig, ungetrungen,
ungenötiget. Hierauff gehn nun alle leere und ermanungen der schrifften, die den
freywilligen dienst, das ist willige, lustige frombkeyt erforderen; item, die uns
141. Abwägen.
142. Verkehrte.
143. Wahrlich zu.
144. Waret.
145. (Bewirken) kann.
146. Dargetan, bewiesen.
147. Hervortreten.