Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0126
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
122

IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

je billich nach seinem willen weyden und uber sy regieren sollen, das sy vor allem
verschaffen, das dieselbigen schäfflin Gottes die stymm ires hirten rein und lauter
hören und dogegen kein wolff geschrey, das sy in der einigen waren gemein
Gottes gehalten werden, die heiligen sacrament nach recht Christlicher ordnung
geprauchen, nieman gestattet, sye in solichem irrzumachen, von gesunder leere
oder leben abzuziehen. Der Herr wille, das die seinen ein leib seyen, so wille er ir
haupt sein, er wille sy durch seine leere und sacramenten täglich erbawen, die
müssen aber gelten und uffgenommen werden als Gottes wort und sacrament und
also nur einig und einerley, auch in höchstem werdt und so theur gehalten sein,
das man umb disen hymlischen seligmachenden schatz und perlin gebe alles, was
wir von Gott je entpfangen haben, leib, seel, eer und gut.
Do wurde dan warlich das grausam widersprechen, frevel16 disputieren und die
hellische rotten kein stadt haben. Man wurt vor allem Gott umb seinen gutten
geyst und rechten verstandt bitten, den will er uns nit versagen, er ist unser vatter.
Man wurt die leere Christi demütigs und getrüwes hertzens uffnemen und er-
wegen; meinet jeman was nutzlichs anzuzeygen, solang sich das an einem solichen
auch bescheinet, so höre man in, bewere17 alles, neme das gut an, doch allweg
also, das man einmal ein Evangeli habe und das also habe, das man mit Paulo
sagen konde: | [7]! Wen wir selb oder ein Engel vom hymel wolte ein ander Evangeli
predigen, der seye verbannet [Gal 1,19]. Nit das man ymer leren wölle und nymer zu
rechtem wissen kommen: das fundament, das Christus allein ist, muß einmal
gelegt sein, demnach sehe ein jeder zu, was er darauff bawe! 1.Cor. 3 [11].
Es sind leyder so fil schwerer unleugbarer yrthumb in die kirchen komen, und
das leyden unsers Herren Jesu Christi so gar vertuncklet und vernichtet, und
dogegen das also gar unrein und unhertzig thun der genanten18 geystlichen so
hoch gehalten, ja die leut an holtz, stein und bein so gantz unverschämpter
abgötterey gewysen worden, das sollichs den Christengemütern, denen nun
der Herr diß eroffnet, nit hatt konnen lenger träglich sein. So haben die, welche
inen selb angemassen, die kirchen zu weyden, wiewol sy ire zufil grossen ab-
göttereyen den merertheil bekennen müssen, sich noch nie zur besserung und
reformation begeben wöllen19, domit hatt die forcht Gottes und der ware glaub
die schäfflin Christi, die nun der frembden stymm nit hören, getrungen, sich
von disen vermeinten hirten zu thun. Dieweil aber dise verwenten20 hirten und
priester, nachdem sy den eusseren gewalt fur sich haben, noch ymer der warheit
widerschreien und dan der Satan der anderen gleissenden Apostolen so fil uff-
bracht hatt, so wille es sich noch nit an zufil orten zu recht hertzlicher und eyff-
riger gemeinsame der heyligen bringen lassen. Dan das verwente unbendig fleisch
ymer das joch Christi scheuhet. Des Bapsts joch wurfft jederman leicht hin,
wenig sind aber, die sich dem guten linden joch Christi21 recht ergeben wöllen.
16. Kühn, frevelhaft. 17. Prüfe. 18. Sogenannten.
19. Fleischverstand wie bei Luther. Zu Luthers Reformationsbegriff vgl. WA 1, S.627, und
R.Stupperich: Die Reformation und ihre Probleme. Gütersloh (im Erscheinen).
20. Vermeintlich.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften