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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0134
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

geschähe auß dem beruff und willen unsers Herren Jesu Christi. Er wölle geben,
das es von den seinen allen auch darfur auffgenommen werde. Derhalb wir auch
unsere lieben freünd und brüder, die bißher bey euch das leere- und hirtenamt
| b 2 b | getragen, und alle andere zum allerdemütigsten bitten durch den todt
unsers Herren Jesu Christi, der darumb gestorben, das wir uns aller ding abstur-
ben und niemandt das seine, sonder alle sucheten, das zum heyl der erweleten und
also zu auffgang götlichs reichs, der uns doch so theür erkauffet hatt, furderette,
sey wöllen uns und inen getrewlich helffen bitten umb den rechten Geyst der
warheyt, das wir zu allen theilen ersehen und annemen kunden, das Christo, un-
serem Herren, gefallet, frey und ledig von allen anmütigkeiten57 des fleisches,
gunst und ungunst, von gefallen unser selb, unserer gedancken, zancksucht, strei-
tigkeit und vor allem vor der erschrocklichen sucht, die leider die leüt mit irem
so grossen schaden täglich befinden und aber noch nit recht wöllen erkennen
leren58, der sunderlicheit in Gottes sachen, die Paulus haeresim nennet.
59Warlich, niemand mage gnugsam außsprechen, wie dise plag offt so vil from-
mer, geschickter, weidlicher60 leut besteht61, und also, das sie sich selbs auch be-
reden, sy haben allein recht, verdammen als Gottes feind, were inen zuwider sein
wil, thun und leiden ob irer meinung, das sich des alle welt entsetzen muß, ja, wo
es müglich, auch die erweleten dardurch verfüret wurden, die dann auß solchem
schein den irthumben offt so nahe kommen, das, wa sy got nit wunderbarlich er-
hielte, gar in den irthumben ersüffen.
62Kommet alles daher, das wir leider allzumal uns selb zu lieb63 haben und
daher uns immer das unser zuviel gefallen lassen, was andere thun und fürhaben,
mit unfrüntlichem aug ansehen. Und eben darbey, das die leüt, die dise sucht be-
standen, iren widersprechern, ja allen, die es nit mit inen halten, so gar nichts
billich64 deüten, immer finden, das sie straffen und schelten, mit niemandt kein
recht mitleiden tragen und sich also warlich on ware liebe sein, die dann die menge
der sünde bedecket, tregt, | b 3 a | glaubet und hoffet alles, beweysen65, solte man
yren gepresten erkennen und sehen, das der glaub und die leere Christi do nit
möge rechtgeschaffen sein. Dann wo nit liebe, wann man schon alles den armen
gibt, sich selbs brennen lasset, hat alle gaben des geysts, thut grosse wunder, so ist
man doch nichts, 1.Corinth[13,3]. Der glaub ist durch die liebe thätig, Galat.5 [6],
Der almechtig Gott, unser hymlischer vatter, wölle uns durch unseren Herren
Jesum Christum von diser so verderblichen sucht, der sünderlicheit66, und aller
57. Affekten.
58. Auch: lernen.
59. Wie geferlich die such hereseos, sonderlichkeit in gemeinem teütsch ketzerey. [Marg.].
60. Stattlich, tüchtig.
61. Befällt.
62. Wobey die sönderlinge und falsch geyster zu erkennen. [Marg.].
63. Amor sui. Vgl.WA2, S.580ff. Vgl. auch B., >Das ym selbs< BDS 1, S.29ff.
64. Gerechterweise, verdientermaßen.
65. Satzbau: »und sich also warlich on ware liebe sein ... beweysen« (A.c.I.).
66. Absonderung.
 
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