BERICHT AUSS DER HEYLIGEN GESCHRIFT
177
Das auß dem exempel der beschneidung der kindertauff
recht befestiget werde.
Cap. IX.
Erstlich wellen sy, das aus dem, das die alten ire kinder beschnitten haben, kein
5 folge seye, das wir unsere kinder tauffen sollen, ire ursachen find. Die beschneidung
sey den kinderen Abrahe allein auff ein zeitliche zusage gegeben in einer figur. Der
tauff sey den geystlichen kinderen Gottes, das ist, den gleubigen, befolhen in der
warheit zu der säligkeit. Item zur beschneydung ware genug, das das kind fleisch-
lich vom samen Abrahe ware, aber zu tauff" solle niemand gelassen werden, er sey
10 dann auß Gott gezylet320, von dem somen des worts, und bekenne, das er glaube
von gantzem hertzen wie der Eunuchus, Act. 8 [37]. Item, wer nit von hertzen
glaubt, der kan die welt nit uberwinden oder recht widersagen, derhalb ist im auch
die tauff unnutz. Diß ist ewer prediger wider unser und der Marpurgischen Vor-
gesetzten glauben erstliche einrede.
15 Do wellen wir aber nun ewer aller liebe sampt eweren predigern umb der eren
Gottes willen und heyl der kirchen zum höchsten gebetten haben: Niemandt
wölle im lassen an denen worten genug sein, man solle bey dem wort Gottes bley-
ben, demnach alles handlen und richten, sonder mit allem fleiß druff sehen, das
dem auch gelebt und nachkommen werde. Dann offt nieman ferner vom wort
20 Gottes abtrittet dann eben die, die es jederman und immer furwerffen. |l3 a |
Zwar so wir dise abteylung der beschneidung und des tauffs, die ewere prediger
hie furgeben, recht ansehen, könden wir sy vor Gott, unserem Herren, anders nit
urteylen, dann nit allein nit nach dem wort Gottes, sonder demselbigen stracks
zuwider. Freylich werden weder sy noch jemand anders einige ort der schrifft
25 imermeer anzeigen, auß den geschlossen werden möge, das die beschneydung den
kinderen Abrahe sey auff ein zeitliche zusage gegeben in einer figur. Ebenso-
wenig, das zu der beschneidung nit mehr erfordert worden sye, dann das das kind
fleischlich vom somen Abrahe wäre. Also mag auch keine schrifft darumb imer-
meer dargethon werden, das der tauff nur den gleubigen und die iren glauben be-
30 kennen, dem teuffel und der welt absagen, zustande und allen anderen nit nutz seye.
321Nun das aber soliche abteylung ewere prediger auch wider die außgetruckte
schrifft sey, kan ein jeder Christ auß dem warnemen: Also redt Gott selb und kein
mensch: Ir solt das fleisch ewer vorhaut beschneiden, das es sey zum zeichen
des bundts zwischen mir und euch322. Welches bundts? Also redet abermal Gott
35 und kein mensch: Ich will meinen bundt zwischen mir und dir und deinem
somen nach dir in iren geschlechten uffrichten, eines ewigen bundts, das ich sey
dein Gott und deines somens Got nach dir323. Ist diß nun ein zeitliche zusage: Ich
wil dein und deines somens Got sein? Wie hatt dann Christus hierauß beweisen
mögen, das die heyligen vätter ewig leben und der säligen ufferstentnüß gewärtig
320. Zylen = erzeugen.
321. Die beschneidung ist ein sacrament gewesen des rechten gnadenbundts. [Marg.].
322. Vgl. 1Mos 17,11.
323. Vgl. I Mos 17,2.
177
Das auß dem exempel der beschneidung der kindertauff
recht befestiget werde.
Cap. IX.
Erstlich wellen sy, das aus dem, das die alten ire kinder beschnitten haben, kein
5 folge seye, das wir unsere kinder tauffen sollen, ire ursachen find. Die beschneidung
sey den kinderen Abrahe allein auff ein zeitliche zusage gegeben in einer figur. Der
tauff sey den geystlichen kinderen Gottes, das ist, den gleubigen, befolhen in der
warheit zu der säligkeit. Item zur beschneydung ware genug, das das kind fleisch-
lich vom samen Abrahe ware, aber zu tauff" solle niemand gelassen werden, er sey
10 dann auß Gott gezylet320, von dem somen des worts, und bekenne, das er glaube
von gantzem hertzen wie der Eunuchus, Act. 8 [37]. Item, wer nit von hertzen
glaubt, der kan die welt nit uberwinden oder recht widersagen, derhalb ist im auch
die tauff unnutz. Diß ist ewer prediger wider unser und der Marpurgischen Vor-
gesetzten glauben erstliche einrede.
15 Do wellen wir aber nun ewer aller liebe sampt eweren predigern umb der eren
Gottes willen und heyl der kirchen zum höchsten gebetten haben: Niemandt
wölle im lassen an denen worten genug sein, man solle bey dem wort Gottes bley-
ben, demnach alles handlen und richten, sonder mit allem fleiß druff sehen, das
dem auch gelebt und nachkommen werde. Dann offt nieman ferner vom wort
20 Gottes abtrittet dann eben die, die es jederman und immer furwerffen. |l3 a |
Zwar so wir dise abteylung der beschneidung und des tauffs, die ewere prediger
hie furgeben, recht ansehen, könden wir sy vor Gott, unserem Herren, anders nit
urteylen, dann nit allein nit nach dem wort Gottes, sonder demselbigen stracks
zuwider. Freylich werden weder sy noch jemand anders einige ort der schrifft
25 imermeer anzeigen, auß den geschlossen werden möge, das die beschneydung den
kinderen Abrahe sey auff ein zeitliche zusage gegeben in einer figur. Ebenso-
wenig, das zu der beschneidung nit mehr erfordert worden sye, dann das das kind
fleischlich vom somen Abrahe wäre. Also mag auch keine schrifft darumb imer-
meer dargethon werden, das der tauff nur den gleubigen und die iren glauben be-
30 kennen, dem teuffel und der welt absagen, zustande und allen anderen nit nutz seye.
321Nun das aber soliche abteylung ewere prediger auch wider die außgetruckte
schrifft sey, kan ein jeder Christ auß dem warnemen: Also redt Gott selb und kein
mensch: Ir solt das fleisch ewer vorhaut beschneiden, das es sey zum zeichen
des bundts zwischen mir und euch322. Welches bundts? Also redet abermal Gott
35 und kein mensch: Ich will meinen bundt zwischen mir und dir und deinem
somen nach dir in iren geschlechten uffrichten, eines ewigen bundts, das ich sey
dein Gott und deines somens Got nach dir323. Ist diß nun ein zeitliche zusage: Ich
wil dein und deines somens Got sein? Wie hatt dann Christus hierauß beweisen
mögen, das die heyligen vätter ewig leben und der säligen ufferstentnüß gewärtig
320. Zylen = erzeugen.
321. Die beschneidung ist ein sacrament gewesen des rechten gnadenbundts. [Marg.].
322. Vgl. 1Mos 17,11.
323. Vgl. I Mos 17,2.