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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0229
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BERICHT AUSS DER HEYLIGEN GESCHRIFT

225

der heylig Johannes in seyner Epistel: Und ir habt die salb, die ir von im entpfangen
habt, die bleybt bey euch und habt nit nott, das euch jeman lere, sonder als515 die salb, die
leret euch von allen dingen und ist warhafft und ist keyn lügen etc. [I Jo 2,27]. Und das ist
die verheyssung des Herren: Der patron und anfürer, o naQaxXrjToq, der heylig geyst,
den der vatter wurdt senden in meynem namen, der wirt euch alle ding leren und zu gedechtnuß
bringen, was ich euch gesagt habe, Johan. 14 [26]. Item 16 [1 3]: Wan der geyst der warheyt
kommet, der wurt euch in alle worheyt füren.
Doher sind allerley leren und ordnungen, welche die kirch zum teyl von Apo-
stolen entpfangen516, zum theyl hernaher auß dem heyligen geyst verordnet,
welche alle doch keyn außtrucket wort haben. Soliche sind der sontag, die Cate-
chismi, das ist zeytige517 underricht derer, so im erwachsenen alter den tauff be-
gereten, gesetzete zeit der buß denen, die offentlich die kirch verergret haben,
besondere bett und fastag, die herrlicheit bey den sacramenten, das man das abent-
mal Christi morgens haltet. Das die kirch von Apostolen habe soliche unge-
schribenen ordnung, zeugen alle alt | x 1 b | vätter, Tertullianus, Cyprianus, Augu-
stinus, Hieronymus und alle, die wir haben518.
Ja, wenn es dise meinung hatt, so werden die Papisten wol bestohn, die alle yre
mißpreuch den Apostolen und dem heyligen geyst, der die kirchen regieret, zu-
schreiben. Nein sy, ob gott will! Einmal muß man zugeben, das die Apostolen in
kirchen allerley geordnet haben, dovon in der schrifft nichts außtruckets gemeldet
ist, so ist der heylig geyst ja in der kirchen und ordnet teglich, das doch auch mit
namen in der schrifft nit bestymmet ist, auch nichts darwider. Darumb wurdt aber
nieman der kirchen einige falsche lere oder mißbrauch ufftrechen519 konden. Sy
beweret alles, domit sy das gut behalte520.
Es hatt uns Gott seinen willen so reichlich in der schrifft eroffnet, das, wer die
recht verstohn wille und begeret der warheit, leichtlich in allem, das man furgeben
mag und in der schrifft nit außtrucket ist, erkennen wurdt, ob es auß dem guten
oder bösen geyst komet521. Omne verum vero consonat et ex vero nihil nisi verum.
Was war ist, das stymmet mit dem waren und auß dem, das war ist, folget nichts,
dann was war ist. Was war, das stymmet mit der warheit, was lügen, wurdt sich
mit der warheit nymer vergleichen. Lügen und warheit seind zu weit voneinander,
ja zu strack widereinander. Derhalb der fromme Christ, der nach dem willen
seines vatters fraget, ob er gleich in der schrifft nit besonders belesen, allweg den-
noch wol vernemen wurdt auß dem, das im Gott gegeben, was dem Evangeli
gemeß, was ym ungemeß sey, und das fil gewisser, dan ein gesunder mundt guten
wein und essich underscheiden möge.
Wurdt also die regel sein zu erkennen, welche lere und ordnungen unge-
515. Immer, allein.
516. Ordnung von Apostolen on schrift. [Marg.].
517. Zeytig = rechtzeitig den Verhältnissen entsprechend.
518. Vgl.Denzinger, Nr. 517, S. 174: »secundum sanctos Patres«.
519. Ufftrechen = aufziehen, aufzwingen.
520. Vgl. I Thess 5,21.
521. By den kinderen Gottes kennet man leycht, was auß Gott. [Marg.].
 
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