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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0424
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

prediget, vnder kirchthüren stohn, zu geylen70 vnnd mutwillen zu treiben, das sie
die, so predigen vnnd hören, irr machen, an etlichen orten dorffen die schuld-
heissen zu zeit der predig gericht vnnd gemeyn halten. Dieweil dan nun alle feier-
tag ab seind vnnd das gantz menschlich heyl daran staht, das man Gottes wort
höre vnnd glaube, auch das arm arbeytsam landvolck am verstand so schwach vnd
vnerübet, das jm gar vil mehr dan anderen von noten ist, das es durch die Oberkeyt
gezogen vnnd zu gemein nutz gefüret werde, wirt ja von nöten sein, das die Ober-
keyt jnen gebiete, vff die Sontag sich vnnd jre gesind zur predig zu schicken vnnd
verbiete, das zur zeit der predigen jeman sich an der gassen, vff dem kirchhoff,
vnder der lauben, inn würtsheüseren oder anderswa finden lassen, noch fil weniger
zeche, spyle, dantze oder andere leuchtfertigkeyt treibe, vnnd were vff soliche
verpot ein straff zu setzen, doch vff das zechen, spylen, tantzen vnd andere soliche
leuchtfertigkeyten, so die jemand vnder den predigen üben wolte, ein schwere, als
so vff das71, wo iemand spacieren gienge oder sunst vor seinem hauß vff den
gassen, vff dem kirchhoff oder platzen oder der lauben zu schwetzen stünde oder
gienge der zeit, so man prediget, zwen oder drey s[chilling] gesetzet wurden, das
V. oder X gesetzet werden, wo jemand zu solicher zeit zechen, spylen, tantzen
| 72 a | vnnd der gleichen ergernus üben wolte. Gleiche straff solte auch daruff
gesetzet werden, wo man wolte gericht vnnd gemeyn zu solicher zeit haltenn.
Zum vierden. Demnach vff dem land ein grosser vnnd den armen leuten ein
beschwerlicher mißbrauch ist mit den kirchweyhenen vnnd meßtagen, vff welche
die arme leut das jr72 mit hauffen verschwenden vnnd soliche üppigkeyten vnnd
schanden geübet werden, das es by den heyden nit erlitten were, dadurch das jung
vnnd frembd volck höchlich verergeret73 wirt. Derhalb ist bedacht, das v. gunsti-
gen h.vom Synodo angesuchet würden, das sie soliche heydnische, ja vihische
mißbreuch abstelleten vnnd inn allen flecken mit na men verbutten, das man nie-
mand überal weder frembden noch heymischen gestattete vnder den zeyten, so man
vff soliche tag prediget, zu tantzen, zechen, spylen oder andere üppigkeyten zu-
treiben. Vnnd, so man mitler zeit freintlich zeren oder auch dem jungen volck ein
tantz erlauben wolte, das da alweg etliche besundere dapffere menner verordnet
wurden, die alweg darby weren vnd ein ernstlich ein sehen hetten, das imm zechen
vns. g. h. ordnung nicht übertretten vnd imm tantzen keyn vnzucht, wie dan das
jung landvolck etwan gar zu fil vnuerschamet74 ist, begangen vnnd zu rechter
zeit auch vff gehoret werde. Dan sie wol etwan biß inn mitnach vnnd noch lenger
tantzen vnnd daby alle vnzucht treiben dorffen vnnd dan erst by nacht heym
ziehen. Hieruff, das dis also gehalten werde, wirt geacht auch gut sein, den schuld-
heyssen vnd gerichten oder amptleuten ein straff druff zu setzen sein, wa sie
hierinn farlessig sein wolten.
70. Ausgelassen zu sein, scherzen (auch flirten).
71. Syntax: darauf, daß jemand spazieren ginge ... zwei oder drey Sch. gesetzt würden, jedoch
5 oder 10 Sch., wenn ...
72. Das Ihrige.
73. In hohem Maße zum Bösen verleitet wird.
74. Ohne Schamhaftigkeit.
 
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