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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0480
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

halten, also, die genad Christi thut nit ab das gesatz, sonder erfullet es. Mat. 5 [17]
sagt der herr: ich bin nit kommen, das gesatz vffzulösen, sonder zu erfüllen. Es ist
zwar233 der Sun nit wider den vatter. Solichen jnhalt hat D.Capito doch weit-
leuffiger geredt vnnd mit mehr anzeig der schrifft.
Vffs ander begerte Capito zuhören die wort, wie er solte an den Bischoff ge-
schriben haben. Antwort jmm Wolff Schultheiß, es were jm die zeit zukurtz worden,
er habe sie nit suchen vnd vffzeichnen mögen, des halb kein weiter antwurt
gefolget.
Nun richten E. gn., ob dise red so tunckel, vnuerstendig vnnd schwebend seie,
das sie weder hymel noch erden anrüre oder auch einigem vnseren vorigen schrei-
ben zu wider seie. Der Papst, wie forgesagt, will lügen mit dem schwert verfech-
ten, wir die warheyt nit anders dann durch das wort gottes; damit wollen wir
jederman trewlich vnderrichten. Das wurt dan aber auch bringen, so der gleubigen
gehorsam erfüllet würt, das man der gotlosen vngehorsam rechen konde, vnnd
werden die christlichen oberen niemand gestatten, der heylsamen lere Christi
freuenlich zu wider handlen.
Wir sagen auch noch, das man zum glauben niemand zu zwingen vnderstohn
solle, auch nit vermag, also das alleyn mit | 664 | dem zwang iemand konde
glaubig gemachet werden, wie aber der h. Augustinus234 vnnd alle gottes kinder
bekennen vnd inn der erfarung haben, also halten vnnd leren wir auch, das nem-
lich der gute zwanck, dadurch man vom bösen zu gutem treiben erstlich so fil
thut, das man dem bösen nit frey vnd on schew anhangen kan vnnd müsse doch
das gut hören, dadurch entwohnet man des argen, wurt dagegen dem guten ge-
heymer235. Dieweil dann solicher zwanck von got, vnnd den erwehleten, wie
andere ding, zur seligkeyt mit würckenk muß, gibt Gottl sein genad darzu, das
deren fil, so zuvor, als jnen jr mutwil gestattet ward, inn jrer vnsinnigkeyt furt-
furen, die warheyt erkennen vnnd sie dann ietz nit meer auß zwang vnd mit vn-
willen, sonder mit lust vnd liebe annemmen. Dazu hat dann der zwang so fil ge-
dienet, das er das arg erleydet236vnnd zur lere des guten getriben hat. Durch
solich mittel meldet der h. Augustinus, das grösse hauffen der Donatisten zu seinen
zeiten zur kirchen bekeret worden seien, die darnach got zum höchsten vmb den
zwang gelobet vnnd allen denen zum hertzlichsten gedancket haben, die dazu raht
vnnd hilff gethon hatten, wie vnwillig sie jm anfang waren. Also dancken auch die
frommen kinder, wann sie nun zu verstandt kommen, jren elteren vnnd schul-
meysteren, das man sie inn jr jugent offt übel geschlagen vnnd sie mit trang vnnd
zwang von jren thorheyten abgehalten hat. Noch bleibt der glaub vnnd alle tugen-
den, die dann nur imm guten willen stohn, an jnen selb vnerzwungen vnnd dienet
k) würchken. - l) korr. aus: er.
233. Wahrlich.
234. Zu dem folgenden Abschnitt vgl. Augustinus: De correctione Donatistarum. CSEL 57,
S.17ff. S. auch Anm. 127.
235. Dadurch entwöhnt man sich des Bösen und wird andererseits mit dem Guten vertrauter.
236. Verleidet.

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