Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Stupperich, Robert [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]; Rudolph, Hartmut [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,1): Wittenberger Konkordie (1536) — Gütersloh, 1988

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29831#0030
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2 6

EINLEITUNG

Geistlichen nicht genügt zu haben, um das Vertrauen der Wittenberger zu erlangen. So
entstanden während Bucers Aufenthalt in der Stadt vom 26. Februar bis 22. Mai 15 3 568
die zehn Augsburger Artikel (Dokument Nr. j), in denen die für eine Abgrenzung
gegen Täufer, Spiritualisten und Altkirchliche entscheidenden dogmatischen Lehr-
stücke vom Trinitäts- bis zum Obrigkeitsproblem abgehandelt werden. Auch wenn
Bucers Autorschaft nicht sicher feststeht, ist sie allein schon wegen der Auftragssitua-
tion, in der sich der Straßburger befand, doch mehr als wahrscheinlich69.
Die evangelische Kirche der Stadt trat damit auf der bisher erreichten Basis70 für die
Konkordie ein. Die zehn Artikel wurden gedruckt, wobei ihnen der Abendmahlsteil
aus Bucers »Bericht auß der heyligen geschrift«71 vorangestellt wurde. Luther reagierte
auf die Artikel mit großer Freude und antwortete den Augsburgern am 20. Juli 153572,
daß ihm im Zuge der reformatorischen Ereignisse, die ihm auch solch traurigen
Vorkommnisse wie den Abendmahlsstreit eingetragen hatten, nun auch ein freudiges

68. Falls B.s Autorschaft nicht angenommen würde, bildet der Brief Thomas Blarers vom
28. Februar 1535 an seinen Bruder (Schieß 1, Nr. 588, S. 695) den terminus post quem non. Ein
möglicher Zusammenhang mit dem Beschluß des Eßlinger Städtetages vom 8. März 1535 (vgl.
Pol.Cor. 2, S. 262, Anm. 2 ) erscheint nicht ausgeschlossen. Auch scheint das Schreiben des
Augsburger Rates an den Rat von Straßburg vom 8. April (s. dazu Rotb 2, S. 264 h, Anm. 19) die
erfolgreiche Einigung der Prediger auf die zehn Artikel vorauszusetzen, die möglicherweise
schon in den ersten Wochen des Augsburger Aufenthalts entstanden sind. Das ebenda von Rotb
erwähnte Schreiben B.s an Bullinger und Jud (CR Mel 10, Nr. 7117, Sp. 135—147; die Augsburg
betreffende Stelle findet sich in dem an Leo Jud gerichteten Teil, Sp. 145) ist allerdings entgegen
CR und Roth erst auf Ende Mai/Anfang Juni zu datieren (s. Rott, Investigationes 2, S. 272,
Nr. 75).
69. Zumindest dürfte Roths Formulierung »unter Buzers Leitung« (Rotb 2, S. 242) zutreffen.
Vgl. in dem Zusammenhang auch den von Huber und Keiler ausgelösten Zwischenfall während
der Drucklegung der Artikel, den Abendmahlsstreit betreffend; Roth 2, S. 244 h; W. Germann:
D. Johann Forster, der Hennebergische Reformator. Wasungen o.J. [1894]. S. 101.
70. Roths Feststellung, die Artikel stimmten »im wesentlichen mit den entsprechenden
Artikeln« der CA überein (a.a.O., S. 242), bedarf der Differenzierung. Sicherlich argumentierte
B. oft damit, daß Augsburg in Schweinfurt 1532 der CA zugestimmt habe, doch sind in den
10 Artikeln neben klar erkennbaren Bezügen auf die CA auch anders motivierte und aus einer
anderen Situation heraus entstandene Aussagen zu finden. So wird etwa anders als in CA 2 im
3. Augsburger Artikel die Lösung von der Erbsünde explizite an den Glauben gebunden. CA 4
und der 4. Artikel entsprechen sich weitgehend. CA 6 und 20 enthalten nicht den Hinweis auf die
Gesetzeserjüllung (Gal 5,14) wie der 5. Artikel. CA 5 und der 6. Artikel entsprechen sich sachlich.
CA 9 und 7. Artikel differieren im Skopus der Aussage: Der Augsburger Artikel hebt auf die
Soteriologie der Taufe (bes. Tit 3,5), CA 9 vor allem auf die Notwendigkeit der Taufe ab — kein
theologischer Widerspruch, aber eine andere Intention. Auch ist der 8. Artikel auf keinen Fall im
Sinne bloßer Rezeption von CA 10 zu verstehen, sondern aus der aktuellen Augsburger Situa-
tion, die einen Ausgleich zwischen Zwinglianern (z. B. Keller) und Lutheranern erforderte.
Hier, wie auch an Artikel 9 werden besonders die Begrenztheit und das teilweise Irreführende
der Bemerkungen Roths deutlich. Für den typisch bucerischen 9. Artikel findet sich in CA nichts
Entsprechendes. Der 10. Artikel und CA 16 entsprechen sich zwar der Sache nach, doch dürfte
auch hier ein spezifischer Hintergrund in Augsburg, nämlich die zum damaligen Zeitpunkt
politisch notwendige Distanzierung von den Täufern, nicht aber das Einschwören der Augsbur-
ger Prediger auf die CA, ausschlaggebend für Formulierung und Kodifizierung gewesen sein.
71. BDS 5, S. 242ff.
72. WABr 7, Nr. 2211, S. 210 —212.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften