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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]; Stupperich, Robert [Oth.]; Kroon, Marijn de [Oth.]; Rudolph, Hartmut [Oth.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,1): Wittenberger Konkordie (1536) — Gütersloh, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.29831#0315
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RETRACTATIONES DEUTSCH (1537)

311
Das ist, Jch wurde mich eer 30 ein güte lange zeit zü D. Luther gethon haben vnd zü gelegner
zeit mit güter weil mit im geredt vnd gehandelt haben von allem dem anstoß, mein vnd anderer,
den wir hetten ymmer ab seinen weisen zü reden nemmen [?] mogen oder auch ab dem schelten
der anderen, als M. Huldrichs vnd Oecolampadi selige, vff das ich in, wie doch hernaher gesche-
5 hen, hette recht verstohn mogen. Vnd dan wurde ich mich auch ein gütte zeit zu M. Huldrich
selig vnd Oecolampi gethon haben vnd zü anderen, biß ich sie auch hette satt berichten mogen,
wie es bey D. Luther vnd den seinen gestanden were. Dann wann vnser schon ein hundert vnd
mehr alles, ir leib vnd leben, dahin gestrecket hetten, das die so vnaußsprechliche ergernuß nit
also furgangen were, hetten wir dem herren ie nit vergebens hie gelebet. Nun hatt vns disen weg
io hie manig fromm hertz, do der streit so hefftig angienge, gar getrewlich gerathen, vnd gewißlich
wurde vor X. jaren alle die ergernuß durch diß mittel hingenommen worden sein 31 . Warumb bin
ich aber nun disen weg nit gangen? Jch hette doch ie gern friden gesehen, das bezeugen meine
schrifften zü latein vnd Teutsch 32 . Do hatt es mir gefalet, ich habe die theuren gaben gottes bey
ihnen allen nit theur genüg vor augen gehabt vnd den so grausamen schaden, der auß disem streit
15 der Kirchen erwachsen ist, nit trewlich genug bedacht vnd erwegen, Bin als ein junger mit
meinem vrtheil, schreiben vnd handlen zü schnell vnd züfrey gewesen. Diß wille vnd solle ich
frey beichten vnd bekennen vnd andere ire fehl selb beichten vnd bekennen lassen. Der gerecht
klaget sich selb im anfang an, nit andere 33 .
| 219 b | Auch wurde ich mich an die weisen zü reden 34 , deren sich D. Luther vnd die
20 seinen, die es recht mit im halten, geprauchen, nit also gestossen haben 35 , weil doch die
selbigen der schrifft gemeß seind vnd konden wol gotsaeligklich gepraucht werden.
Die weisen zü reden seind die: Das brot ist der leib christi leiblich vnd wesenlich. Im brot ist
der leib christ[i] wesenlich vnd leiplich. Man isset den leib christi im brot wesenlich vnd leiblich.
Das sacrament stercket den glauben, trostet die gewißen etc.
25 Aber die weil ichs darfur hielte, das durch soliche weisen zü reden dem gemeinen
volck ettlicher massen dargeben vnd einbildet wurde, als ob vnser herre christus mit
dem Brot naturlich vereinbaret 36 oder ins brot reumlich ingeschlossen vnd das die
sacrament das heyle solten bringen, wie man ir ioch gebrauchete, habe ich gemeinet,
soliche weisen züreden weren nit allein etwas 37 anzufechten, sonder auch so gar zü
30 vermeiden vnd so gar andere weisen zü reden zü geprauchen 0 sein, das 38 D. Luther vnd
andere geachtet haben, ich hielte nichts im h. abentmal sein dann brot vnd wein vnd
o) gestr.: zu.
30. Eher, früher.
31. Nach B.s Einschätzung wäre eine Schlichtung der Abendmahlkontroverse schon 1527,
d. h. nach dem Erscheinen seiner (scharfen) Apologie gegen Johannes Brenz (1526) und der
Schriften der Schweizer Theologen, möglich gewesen. Auch in der Widmung an Edward Fox
bekommt dieses Datum eine besondere Betonung (a.a.O., S. *4a).
32. s. oben Anm. 7.
33. Vgl. Spr Sal 18,17 (nach der Vulgata: Justus prior est accusator sui).
34. formulae loquendi. [Marg. von anderer Hand].
35. Besonders seit 1526 (mit der Schrift Apologia; Bibl. Nr. 13), so bekennt B., habe er sich
hinreißen lassen, Luther zu widersprechen. Vgl. I. Ha^lett: The Development of Martin Bucer’s
Thinking on the Sacrament of the Lord’s Supper in its historical and theological Context
1523-1534. Theol. Diss. Münster 1975. S. 115-141.
36. Vereinigt.
37. Irgendwie, wohl.
38. Konsekutivsatz, abhängig von: sogar.
 
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