1
St. Alban, jetzt Dom
Fastradastein
794, um 1490
Im südlichen Seitenschiff des Domes links vom Eingang in die Memorie an der Wand.
Gelblichweißer Marmor 60 X 101 cm, Schrift 3,5 cm, Kapitale burgundischer Art.
BETR7CGNÄ PIA CAROLI GIWNX VOGDTHÄ
CRJSTO DIKTA IACT HOC SVB H7RHOTTCIX
ANNO SSPTlNöENTSIHONONAGESlffl(A7KTO
OVE EMrERVH PETRO CLWDÖE PIVSA1E6AT
REk PIE OVE GE9SIT W5O LICET HIC CIbESESCT
SPIR1TVS PERES S1T PATRIE GVS TR1ST1A LESCIT
Fastradana pia, Caroli conjunx, vocidata,
Cristo dilecta, jacet hoc sub marmore tecta',
Anno septingentesimo nonagesimo quarto,
Quem numerum metro claudere musa negat.
Rex pie, quem gessit virgo, licet hic cinerescit,
Spiritus heres sit patrie, que tristia nescit.
794
Ä’arlb fromme, von G^rißub geliebte Gemahlin, ga;
Ütabana genannt, liegt hier, vom SOlarmor bebecft; im
Jsabre fiebenbunbertvierunbneunjig, tvetdje Baßl bem
Sßtrsmaü pi fügenbie$iufe ficb fträubt.Gütiger Äönig,
ben bie Jungfrau trug, gib, bafi tbr Geifi, trenn fie
auch hier ju Slfdfe verfällt, (Erbe fei beb SJaterlanbeb,
bat feine £rübfal fennt. 791
Der Stein befand sich in der St. Albanskirche, bis er 1552, nach der Zerstörung des
Klosters durch die Brandenburger, aus der Mauer gebrochen wurde. Der Kanonikus
Heinrich von Nassau nahm ihn an sich und schenkte ihn 1577 dem Domkapitel, das ihn
im Dom in einem neuen Rahmen anbringen ließ, der eine auf die Bergung bezügliche
Inschrift trug (vergl. unter 1577). Der Rahmen wurde 1836 erneuert.
Der Text dieser Grabschrift kann aus Gründen der sprachlichen Formung nicht im
8. oder 9. Jhdt. entstanden sein; die kunstvolle Reimtechnik des letzten Verspaares
weist frühestens in das 12. Jhdt. Aber auch im Spätmittelalter, gleichzeitig mit den
Schriftformen, könnte das Epitaph noch gedichtet sein (Mitteilung von 0. Schumann).
Die Schriftformen des Steines zeigen, daß er in der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts ausgeführt wurde. Es ist eine durch seltsame Bildungen bereicherte Kapitale,
die zuerst in den burgundischen Niederlanden auftritt und sich etwa nach 1450 ost-
wärts verbreitet. (Frühes Beispiel das Grabmal Kaiser Friedrichs III. in Wien, von
Nikolaus von Leyen, nach 1467.) In Mainz tritt diese Schriftart in anderen Inschriften
nicht auf, doch finden sich fast alle Buchstabenformen des Fastradasteines auf Holz-
schnitten zu Breydenbachs „Reise ins Heilige Land“, die Erhard Reuwich in Mainz
1486 druckte. In den Jahren 1486 bis 1492 wurde das St. Albanskloster gründlich er-
neuert: in diese Zeit kann mit größter Wahrscheinlichkeit die Ausführung der In-
schrift gesetzt werden.
Cod. ch. fol. 187 f. 136 der Univ.-Bibi. Würzburg. — Helwich, Annalen I f. 3028 v. — Fragmenta Gamans. f. 38. —
Gamans-Severus Fragmente I f. 71 v. — Serarius S. 11.0. — Brower, Ann. Trev. (Leodii 1670) I S. 386. — Joannis
I S. 72, II S. 31. — Bourdon. — Latomus bei Mencken III S. 455. — Gudenus II S. 851. — I. G. Reuter, Albans-
gulden (Mainz 1790) S. 63. — Werner I S. 264, III S. XVIII. — Brühl S. 243. — Abbildungen der Denkmäler des
Domes von Mainz (Mainz 1829) Nr. VII. — Wetter S. 100. — Falk in: Nassauische Annalen XII (1873) S. 12. —
Schaab II S. 127. — Jaffe, Mon. Mog. S. 715 — Stacke, Deutsche Geschichte (Leipzig 1880) I S. 195. — Otte, Kunst-
archäologie I S. 435. — Kraus II S. 96 Nr. 217, II. — Neeb in: MZ. III (1908) S. 86. — Kdm. Dom S. 232. — Führer
Dommuseum S. 33. ■ B
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St. Alban, jetzt Dom
Fastradastein
794, um 1490
Im südlichen Seitenschiff des Domes links vom Eingang in die Memorie an der Wand.
Gelblichweißer Marmor 60 X 101 cm, Schrift 3,5 cm, Kapitale burgundischer Art.
BETR7CGNÄ PIA CAROLI GIWNX VOGDTHÄ
CRJSTO DIKTA IACT HOC SVB H7RHOTTCIX
ANNO SSPTlNöENTSIHONONAGESlffl(A7KTO
OVE EMrERVH PETRO CLWDÖE PIVSA1E6AT
REk PIE OVE GE9SIT W5O LICET HIC CIbESESCT
SPIR1TVS PERES S1T PATRIE GVS TR1ST1A LESCIT
Fastradana pia, Caroli conjunx, vocidata,
Cristo dilecta, jacet hoc sub marmore tecta',
Anno septingentesimo nonagesimo quarto,
Quem numerum metro claudere musa negat.
Rex pie, quem gessit virgo, licet hic cinerescit,
Spiritus heres sit patrie, que tristia nescit.
794
Ä’arlb fromme, von G^rißub geliebte Gemahlin, ga;
Ütabana genannt, liegt hier, vom SOlarmor bebecft; im
Jsabre fiebenbunbertvierunbneunjig, tvetdje Baßl bem
Sßtrsmaü pi fügenbie$iufe ficb fträubt.Gütiger Äönig,
ben bie Jungfrau trug, gib, bafi tbr Geifi, trenn fie
auch hier ju Slfdfe verfällt, (Erbe fei beb SJaterlanbeb,
bat feine £rübfal fennt. 791
Der Stein befand sich in der St. Albanskirche, bis er 1552, nach der Zerstörung des
Klosters durch die Brandenburger, aus der Mauer gebrochen wurde. Der Kanonikus
Heinrich von Nassau nahm ihn an sich und schenkte ihn 1577 dem Domkapitel, das ihn
im Dom in einem neuen Rahmen anbringen ließ, der eine auf die Bergung bezügliche
Inschrift trug (vergl. unter 1577). Der Rahmen wurde 1836 erneuert.
Der Text dieser Grabschrift kann aus Gründen der sprachlichen Formung nicht im
8. oder 9. Jhdt. entstanden sein; die kunstvolle Reimtechnik des letzten Verspaares
weist frühestens in das 12. Jhdt. Aber auch im Spätmittelalter, gleichzeitig mit den
Schriftformen, könnte das Epitaph noch gedichtet sein (Mitteilung von 0. Schumann).
Die Schriftformen des Steines zeigen, daß er in der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts ausgeführt wurde. Es ist eine durch seltsame Bildungen bereicherte Kapitale,
die zuerst in den burgundischen Niederlanden auftritt und sich etwa nach 1450 ost-
wärts verbreitet. (Frühes Beispiel das Grabmal Kaiser Friedrichs III. in Wien, von
Nikolaus von Leyen, nach 1467.) In Mainz tritt diese Schriftart in anderen Inschriften
nicht auf, doch finden sich fast alle Buchstabenformen des Fastradasteines auf Holz-
schnitten zu Breydenbachs „Reise ins Heilige Land“, die Erhard Reuwich in Mainz
1486 druckte. In den Jahren 1486 bis 1492 wurde das St. Albanskloster gründlich er-
neuert: in diese Zeit kann mit größter Wahrscheinlichkeit die Ausführung der In-
schrift gesetzt werden.
Cod. ch. fol. 187 f. 136 der Univ.-Bibi. Würzburg. — Helwich, Annalen I f. 3028 v. — Fragmenta Gamans. f. 38. —
Gamans-Severus Fragmente I f. 71 v. — Serarius S. 11.0. — Brower, Ann. Trev. (Leodii 1670) I S. 386. — Joannis
I S. 72, II S. 31. — Bourdon. — Latomus bei Mencken III S. 455. — Gudenus II S. 851. — I. G. Reuter, Albans-
gulden (Mainz 1790) S. 63. — Werner I S. 264, III S. XVIII. — Brühl S. 243. — Abbildungen der Denkmäler des
Domes von Mainz (Mainz 1829) Nr. VII. — Wetter S. 100. — Falk in: Nassauische Annalen XII (1873) S. 12. —
Schaab II S. 127. — Jaffe, Mon. Mog. S. 715 — Stacke, Deutsche Geschichte (Leipzig 1880) I S. 195. — Otte, Kunst-
archäologie I S. 435. — Kraus II S. 96 Nr. 217, II. — Neeb in: MZ. III (1908) S. 86. — Kdm. Dom S. 232. — Führer
Dommuseum S. 33. ■ B
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