,,9leidje bcnt Unglücflid)en betne Siedjte unb bebe mich burd) bie SBoge bet Beitlidjfeit,
Stuf b«S teb ettblid) in frteblidjen SÖobnungen im £obe rube."
Die Inschrift ist durch den gleichförmigen Charakter der Minuskelbuchstaben und
durch teilweise kleinere Zerstörungen schwer zu entziffern. Ihr Inhalt wurde erst
völlig klar durch die folgende Erklärung, die Prof. Otto Schumann in Frankfurt gab:
Der Text ist ein Auszug aus der Klage des heiligen Kreuzes, das in der Schlacht bei
Hattin 1187 an die Mohammedaner verloren gegangen war. Das Kreuz fordert darin
zu seiner Wiedereroberung auf. Der vollständige Text steht in der Poetria Nova des
Geoffroi de Vinsauf (entstanden zwischen 1208 und 1213) h Unser Text umfaßt die
Verse 493—499, 505—507 und lautet:
493 In cruce sudavit Dominus: servusne quiescit?
Tolle tuam! Tulit ipse suam. Gustavit acetum:
495 Fac et idem! Num maior erit reverentia servi
Quam Domini? Si vis suus esse secutor, oportet
Torrnentis tormenta sequi. Non itur ad astra
Deliciis; ideo mortem, quam solvere debes
499 Naturae, persolve Deo: moriaris in illo . . .
505 Rumpe moras igitur; impone silentia carni;
Delicias suspende tuas; et currat ad arma
507 Prompta manus, plangatque moras alata voluntas.
Folgende Varianten, die in den sechs Handschriften vorkommen, stimmen mit dem
Text unseres Grabmals überein:
Vers 495: Non statt Num. —
507: dilata voluptas
Die Verwendung einer um 250 Jahre älteren Dichtung veranschaulicht offenbar die lite-
rarische Bildung der Zeit, sie gibt auch einen Hinweis auf die Reichhaltigkeit der
untergegangenen Mainzer Bibliotheken.
Theoderich Ebbracht war Stiftsherr von Liebfrauen in Mainz und Scholaster der
Aschaffenburger Stiftskirche, wo er begraben wurde. Dort hat er im Kreuzgang ein
fast gleiches Grabmal, offenbar von demselben Meister angefertigt. Auch die Schrift
ist dem Mainzer Kruzifixrelief verwandt2. Sein Todesdatum 1462 wurde nachträglich
auf dem kleineren Spruchband des Mainzer Steines eingemeißelt. Nach Klingel-
schmitt ist dies die älteste Mainzer Jahreszahl in arabischen Ziffern.
Kdm. Dom S. 440. — Zeichnung Lindenschmits von 1806 (Mainz, Stadtarchiv). — Führer Dommuseum S. 21
Nr. 61. — Gudenus II S. 383, ferner Archiv des hist. Vereins für Unterfranken XXVI (1882) S. 106 u. 290 und
Schunk III S. 419 zur Person. —
1 abgedruckt bei E. Faral, Des Arts poetiques du Xlle et XHIe siecle (Paris 1924) S. 211/212. Vers. 493—499,
505—507. —
~ Kdm. Bayern. III Unterfranken und Aschaffenburg H. XIX. S. 138 Abb. 102. A
149 Nikolauskapelle Totenschild des Job. Flach v. Schwarzenburg f 25. XI. 1453
Anno Dni MCCCCLIII die xxv mensis novembr. obiit Venerabilis Dns Joannes Flach
de Schwartzenburg custos hujus Ecclesiae, cuius anima requiescat in sancta pace.
Amen.
Dieser Totenschild war zur Zeit Bourdons nicht mehr erhalten. Johannes Flach war
in der Nikolauskapelle begraben, hatte aber keinen eigenen Grabstein.
Helwich und Gamans geben den 24. November als Todestag an.
Bourdon. — Helwich, Annalen III f. 849. — Fragmenta Gamans f. 53. — Joannis II S. 312 und Busch-Glas-
schröder S. 636 zur Person. A
94
Stuf b«S teb ettblid) in frteblidjen SÖobnungen im £obe rube."
Die Inschrift ist durch den gleichförmigen Charakter der Minuskelbuchstaben und
durch teilweise kleinere Zerstörungen schwer zu entziffern. Ihr Inhalt wurde erst
völlig klar durch die folgende Erklärung, die Prof. Otto Schumann in Frankfurt gab:
Der Text ist ein Auszug aus der Klage des heiligen Kreuzes, das in der Schlacht bei
Hattin 1187 an die Mohammedaner verloren gegangen war. Das Kreuz fordert darin
zu seiner Wiedereroberung auf. Der vollständige Text steht in der Poetria Nova des
Geoffroi de Vinsauf (entstanden zwischen 1208 und 1213) h Unser Text umfaßt die
Verse 493—499, 505—507 und lautet:
493 In cruce sudavit Dominus: servusne quiescit?
Tolle tuam! Tulit ipse suam. Gustavit acetum:
495 Fac et idem! Num maior erit reverentia servi
Quam Domini? Si vis suus esse secutor, oportet
Torrnentis tormenta sequi. Non itur ad astra
Deliciis; ideo mortem, quam solvere debes
499 Naturae, persolve Deo: moriaris in illo . . .
505 Rumpe moras igitur; impone silentia carni;
Delicias suspende tuas; et currat ad arma
507 Prompta manus, plangatque moras alata voluntas.
Folgende Varianten, die in den sechs Handschriften vorkommen, stimmen mit dem
Text unseres Grabmals überein:
Vers 495: Non statt Num. —
507: dilata voluptas
Die Verwendung einer um 250 Jahre älteren Dichtung veranschaulicht offenbar die lite-
rarische Bildung der Zeit, sie gibt auch einen Hinweis auf die Reichhaltigkeit der
untergegangenen Mainzer Bibliotheken.
Theoderich Ebbracht war Stiftsherr von Liebfrauen in Mainz und Scholaster der
Aschaffenburger Stiftskirche, wo er begraben wurde. Dort hat er im Kreuzgang ein
fast gleiches Grabmal, offenbar von demselben Meister angefertigt. Auch die Schrift
ist dem Mainzer Kruzifixrelief verwandt2. Sein Todesdatum 1462 wurde nachträglich
auf dem kleineren Spruchband des Mainzer Steines eingemeißelt. Nach Klingel-
schmitt ist dies die älteste Mainzer Jahreszahl in arabischen Ziffern.
Kdm. Dom S. 440. — Zeichnung Lindenschmits von 1806 (Mainz, Stadtarchiv). — Führer Dommuseum S. 21
Nr. 61. — Gudenus II S. 383, ferner Archiv des hist. Vereins für Unterfranken XXVI (1882) S. 106 u. 290 und
Schunk III S. 419 zur Person. —
1 abgedruckt bei E. Faral, Des Arts poetiques du Xlle et XHIe siecle (Paris 1924) S. 211/212. Vers. 493—499,
505—507. —
~ Kdm. Bayern. III Unterfranken und Aschaffenburg H. XIX. S. 138 Abb. 102. A
149 Nikolauskapelle Totenschild des Job. Flach v. Schwarzenburg f 25. XI. 1453
Anno Dni MCCCCLIII die xxv mensis novembr. obiit Venerabilis Dns Joannes Flach
de Schwartzenburg custos hujus Ecclesiae, cuius anima requiescat in sancta pace.
Amen.
Dieser Totenschild war zur Zeit Bourdons nicht mehr erhalten. Johannes Flach war
in der Nikolauskapelle begraben, hatte aber keinen eigenen Grabstein.
Helwich und Gamans geben den 24. November als Todestag an.
Bourdon. — Helwich, Annalen III f. 849. — Fragmenta Gamans f. 53. — Joannis II S. 312 und Busch-Glas-
schröder S. 636 zur Person. A
94