Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0050
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Württemberg

Ruralkapitel mit ihren korporativen Elementen an134, standen jedoch 1547 unter Aufsicht landesherrlicher
Beamter135.
Die Synodalordnung vom 1. August 1547 trat noch im selben Jahr in Kraft, wie die Exekutionsinstruk-
tion für das Amt Lauffen belegt136. Die kirchliche Verfassung Württembergs wurde durch die Synodalord-
nung weiter gefestigt, obwohl weder der Synodal- noch der Visitationsordnung von 1547 eine lange Gel-
tungsdauer beschieden war, da 1548 in Württemberg das Interim eingeführt wurde.

18. Interimsmandat 20. Juli 1548 (Text S. 166)
Im Zuge des Schmalkaldischen Krieges rückten kaiserliche Truppen 1546 auch in Württemberg ein, und
Herzog Ulrich zog sich auf die Feste Hohentwiel zurück. Im Januar 1547 musste er sich dem Kaiser im
Heilbronner Vertrag unterwerfen, in dem die Zahlung von Kontributionen sowie der Austritt aus dem
Schmalkaldischen Bund festgesetzt waren137.
Nach seinem Sieg strebte der Kaiser die Restitution des alten Glaubens an und schrieb den evangeli-
schen Reichsständen auf dem Augsburger Reichstag am 15. Mai 1548 das Interim vor. Das Interim gestand
den evangelischen Ständen zwar den Laienkelch und die Priesterehe zu, verlangte aber die Feier der Messe
und die Anerkennung der päpstlichen Jurisdiktion. Die katholische Neuordnung sollte interimistisch bis zur
endgültigen Entscheidung durch ein Konzil in Geltung sein. Die Durchsetzung des Interims gelang dem
Kaiser jedoch nur in seinem engeren Machtbereich, zu dem auch das Herzogtum Württemberg gehörte. Das
Land war von kaiserlich-spanischen Truppen besetzt, die es zunächst unmöglich machten, das Interim - wie
in anderen Territorien - zu ignorieren138. Zudem hatte König Ferdinand einen Felonieprozess gegen Herzog
Ulrich angestrengt, da dieser durch seine Teilnahme am Schmalkaldischen Krieg seinen Lehnseid gebrochen
und damit sein Lehen verwirkt hatte. Herzog Ulrich stand dem Interim ablehnend gegenüber und weigerte
sich trotz der Präsenz kaiserlicher Macht zunächst, die kaiserliche Verfügung in seinem Herzogtum umzu-
setzen. Erst nach mehrfacher Aufforderung war er im Juli 1548 schließlich gezwungen, das Interim einzu-
führen. Ein entsprechendes Mandat sollte am Sonntag nach der Predigt öffentlich verkündet werden139.
Dieses Mandat ist in mindestens vier Exemplaren überliefert, von denen eines auf den 19. Juli, die drei
übrigen auf den 20. Juli datiert sind140. Eines der Schreiben vom 20. Juli 1548, das hier als Textvorlage
dient, ist an den Waiblinger Vogt Leonhart Schlaher (Schleicher)141 gerichtet. Darin wird besonders betont,
dass das kaiserliche Interim die evangelische Glaubensausübung nicht ausdrücklich verbiete. Ein anderes
Mandat vom 20. Juli 1548 ist an Jost Münch von Rosenberg142, den Obervogt im Schwarzwald, sowie an
Peter Ziegler143, den Untervogt von Alpirsbach, gerichtet144. Das Mandat vom 19. Juli 1548 weist keinen
bestimmten Adressaten auf.
Infolge des Interims mussten die evangelischen Geistlichen ihre Stellen zugunsten katholischer Kir-
chendiener räumen145, und am 24. November 1548 forderte der Herzog seine Amtleute auf, katholische

134 Zu den Landkapiteln im Bistum Konstanz siehe Ahl-
haus, Landdekanate, S. 177-251.
135 Brecht, Ordnung, S. 30ff.
136 Siehe Anm. 131.
137 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 286f.
138 Vgl. Rückert, Alte Christen - neue Christen, S. 14.
139 Rückert, Alte Christen - neue Christen, S. 83.
140 Alle vier Mandate befinden sich in HStA Stuttgart A 63
Bü 7.
141 Zu Leonhard Schlaher (Schleicher), vgl. Pfeilsticker,
Dienerbuch II, § 3016.

142 Zu Jost Münch von Rosenberg siehe Pfeilsticker,
Dienerbuch II, §§ 2310, 2469; vgl. auch Rosenberg als
fürstenbergischer Amtmann, S. 643, Anm. 12.
143 Zu Peter Ziegler siehe Pfeilsticker, Dienerbuch II,
§ 3277.
144 Druck: Frank, Interim, S. 218ff.
145 Mandat vom 18. November 1548, HStA Stuttgart A 63
Bü 7; vgl. Bossert, Interim, S. 59ff.

32
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften