Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0056
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Württemberg

Als Ergänzung zu dieser Ordnung der Prädikantenanstellung erarbeitete der Herzog zusammen mit
Erhard Schnepf ein Formular für einen Eid, auf den sich sämtliche neuen Prädikanten verpflichten muss-
ten. In sieben Punkten hatten sie sich zur württembergischen Kirchenordnung von 1536 sowie zur Confessio
Augustana und deren Apologie zu bekennen (Nr. 23b).
Am 1. Januar 1546 wurde Pierre Toussain rehabilitiert und als Leiter der Mömpelgarder Kirche bestä-
tigt. Im September 1546 arbeitete er Examensartikel für die Kirchendiener in lateinischer Sprache aus
(Nr. 23c)184 und nach dem Interim im November 1552 entwarf Toussain für den Mömpelgarder Klerus
einen Fragenkatalog zum Klerikerexamen (Nr. 23d)185.

24. Artikel für den Mömpelgarder Klerus 29. November 1545 (Text S. 194)
Mit diesen Artikeln bereitete Herzog Ulrich den Streitigkeiten um die Reformation in Mömpelgard schließ-
lich ein Ende. Da er vermeiden wollte, dass die Reformation in den linksrheinischen Landesteilen wegen
adiaphoristischer Fragen scheiterte, kam er dem Mömpelgarder Klerus darin in nahezu allen seinen For-
derungen bezüglich der Marien- und Apostelfeste sowie des Glockenläutens nach186. Unnachgiebig zeigte
sich Ulrich hingegen hinsichtlich der Nottaufe durch die Hebammen, die auch in Mömpelgard durchgeführt
werden sollte.
Die Artikel sind in zwei zeitgenössischen Abschriften überliefert. Die eine enthält einen Zusatz, wonach
sich Toussain gegenüber dem Hofprediger Kaspar Gräter187 verpflichtete, den Bestimmungen der Artikel
nachzukommen. Dieses Schriftstück ist auf den 29. November 1543 datiert und dient hier als Textvorlage.
Die zweite Abschrift ist auf den 29. November 1545 datiert und ohne die Passage bezüglich Toussains
Verpflichtung abgefasst. Stattdessen sind französischsprachige Marginalien eingefügt. Mit großer Wahr-
scheinlichkeit handelt es sich bei der Datierung der einen Abschrift auf 1543 um einen Schreibfehler, da die
Auseinandersetzung mit dem Mömpelgarder Klerus in diesem Jahr noch nicht auf ihrem Höhepunkt und
ein Einlenken des Herzogs noch nicht abzusehen war.
Im Gegensatz zum württembergischen Kernland bildeten die linksrheinischen Lande eine Exklave, umge-
ben von der katholischen Freigrafschaft Burgund und in Reichweite des Erzbischofs von Besançon, der die
kirchliche Jurisdiktion über die württembergisch-linksrheinischen Lande beanspruchte. Nach einigem
Zögern mussten Herzog Christoph und Graf Georg das Interim auch in diesen Landesteilen einführen. In
Mömpelgard wurde es am 16. September 1548 offiziell verkündet und am 14. Oktober wurde in St. Martin
die erste Messe gelesen188.
Auch in Horburg und Reichenweier weigerte sich Graf Georg zunächst, das Interim einzuführen. Im
April 1549 wurde es jedoch auch hier publiziert189. Graf Georg war vor dem Zorn des Kaisers in die Schweiz
geflohen, und Herzog Ulrich beauftragte seine Räte Jost Münch von Rosenberg190 und Hieronymus Ger-
hard191 am 26. April 1549 mit der Durchführung der kaiserlichen Ordnung in Horburg und Reichenweier.
Am 3. Mai 1549 wurden sämtliche evangelischen Pfarrer in Reichenweier aus ihren Ämtern gewiesen,
wenige Tage später wurden sie jedoch auch hier als Prediger wieder angestellt192.

184 Vgl. Viénot, Montbéliard I, S. 138; Brendle, Dyna-
stie, S. 298ff.
185 Vgl. Viénot, Montbéliard I, S. 190.
186 Vgl. Brendle, Dynastie, S. 297f.
187 Zu Kaspar Gräter siehe RE 7, S. 58ff.; RE 23 S. 588;
Bernhardt, Zentralbehörden, S. 326; Pfeilsticker,
Dienerbuch I, § 365.
188 Brendle, Einführung, S. 159f. Vgl. Viénot, Montbé-

liard I, S. 144; Adam, Kirchengeschichte, S. 303;
Brendle, Dynastie, S. 311.
189 Cuno, Daniel Tossanus, S. 14.
190 Zu Jost Münch von Rosenberg siehe Pfeilsticker,
Dienerbuch I, §§ 2310, 2469.
191 Zu Hieronymus Gerhard siehe Bernhardt, Zentral-
behörden, S. 314ff.; Pfeilsticker, Dienerbuch I,
§1110.

38
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften