Württemberg
derartige Schrift keine unnötige Auseinandersetzung um die Abendmahlsfrage hervorrufen wollten, die in
Kursachsen bis dahin unstrittig war385.
44. Eid der Kirchendiener [nach 1559] (Text S. 424)
Der Eid der Kirchendiener griff auf das Ende 1559 aufgerichtete Bekenntnis vom Abendmahl zurück,
indem es die Kirchendiener auf die Confessio Augustana von 1530 sowie die Confessio Virtembergica von
1552 verpflichtete. Daneben wurden die Geistlichen zur Befolgung der soeben erlassenen Neuauflage der
Kirchenordnung ebenso wie zum Gehorsam gegenüber der Superintendentur aufgefordert, sie mussten sich
der herzoglichen Gerichtsbarkeit unterwerfen und sich zur Treue gegenüber dem Landesherrn verpflich-
ten386, Bei diesem Text handelt es sich um ein gedrucktes Formular, das jedem württembergischen Kir-
chendiener bei Antritt seiner Stelle vorgelegt wurde. Es stellt den separaten Druck eines Abschnitts aus
dem Text zur Besetzung der Kirchendienerstellen387 der Großen Kirchenordnung von 1559 dar.
45. Hofkirchenordnung 2. Januar 1560 (Text S. 426)
Die württembergischen Herzöge waren besondere Kenner und Liebhaber der Musik. Bereits seit 1496
bestand in Stuttgart eine herzogliche Singschule, die Herzog Ulrich 1535 zur eigentlichen Hofkapelle aus-
baute388. Der Anlass für die Errichtung einer speziellen Kirchenordnung für den Stuttgarter Herzogshof
waren Klagen, die Ende 1559 über die Sänger der Hofkirche laut geworden waren. Aus diesem Anlass erwog
Herzog Christoph auch, die Ordnung des Gottesdienstes an seinem Hof neu zu regeln. Diese Wünsche
äußerte er am 18. November 1559 in einem Brief an Johannes Brenz und den Kirchenratsdirektor Sebastian
Hornmold, die er aufforderte, hierfür eine Ordnung zu entwerfen389.
Die Hofkirchenordnung lag bereits am 2. Januar 1560 vor. Neben den Anordnungen zu Predigt und
Abendmahl beschreibt sie ausführlich die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes durch die herzogliche
Kantorei. Vor allem der reich verzierte Vespergottesdienst ist in seiner je nach Festtag verschiedenartigen
Gestalt ausführlich dargestellt. Die Psalmen waren nach dem in der Kantorei vorhandenen handschrift-
lichen Psalter zu singen, wobei der Kapellmeister bei der Auswahl der Gesangsstücke den Anweisungen der
Hofprediger Folge zu leisten hatte. Die musikalischen Einlagen dienten jedoch ausschließlich als Schmuck-
elemente des Gottesdienstes; sie hatten keinerlei liturgische Bedeutung390.
Die entscheidende Gestalt des Musiklebens am Hof Herzog Christophs war Sigmund Hemmel391, der
zwischen 1551 und 1554 Kapellmeister war. Von ihm stammt vermutlich auch die in der Ordnung erwähnte
Psalmenvertonung392. Diese Vertonung war zentral für die württembergische Kirchenmusikgeschichte, da
sie das erste Psalmenwerk war, das vollständig in deutscher Sprache konzipiert und mehrstimmig gesetzt
worden war. Im Druck erschien der Hemmelsche Psalter erst 1569 mit einer Vorrede der württembergischen
385 Schneider, Kirchliches Verfahren, S. 274f.
386 Reformation in Württemberg, S. 268f.
387 Siehe S. 352f. Nr. 42a.
388 Vgl. Bopp, Stiftsmusik, S. 211; Bossert, Hofkantorei,
S.124-167.
389 Ernst, Briefwechsel IV, Nr. 622 S. 712.
390 Geschichte des humanistischen Schulwesens I, S. 457;
Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart,
S. 410ff.
391 Zu Sigmund Hemmel siehe Brennecke, Art. Hemmel,
in: MGG 6, Sp. 139ff.; Bossert, Gesangbuch, S. 56;
Rössler, Gesangbuch-Geschichte, S. 42f.; ders., Kir-
chengesangbuch, S. 166f.; Bopp, Stiftsmusik, S. 211.
392 Der gantz Psalter Davids, wie derselbig in Teutsche Gesang
verfasset, mit vier Stimmen kunstlich und lieblich von
newem gesetzt, durch Sigmund Hemmeln seligen, Fürst-
lichen Würtenbergischen Capellmeistern, dergleichen zuvor
im Truck nie ausgegangen. Mit einer Vorred der beiden
Würtenbergischen Hoffprediger, Württ. Landesbib. Stutt-
gart R 16 Hem 1. Vgl. Reformation in Württemberg,
S. 146; Rössler, Gesangbuch-Geschichte, S. 42f.; Bos-
sert, Hofkantorei, S. 131, 134.
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derartige Schrift keine unnötige Auseinandersetzung um die Abendmahlsfrage hervorrufen wollten, die in
Kursachsen bis dahin unstrittig war385.
44. Eid der Kirchendiener [nach 1559] (Text S. 424)
Der Eid der Kirchendiener griff auf das Ende 1559 aufgerichtete Bekenntnis vom Abendmahl zurück,
indem es die Kirchendiener auf die Confessio Augustana von 1530 sowie die Confessio Virtembergica von
1552 verpflichtete. Daneben wurden die Geistlichen zur Befolgung der soeben erlassenen Neuauflage der
Kirchenordnung ebenso wie zum Gehorsam gegenüber der Superintendentur aufgefordert, sie mussten sich
der herzoglichen Gerichtsbarkeit unterwerfen und sich zur Treue gegenüber dem Landesherrn verpflich-
ten386, Bei diesem Text handelt es sich um ein gedrucktes Formular, das jedem württembergischen Kir-
chendiener bei Antritt seiner Stelle vorgelegt wurde. Es stellt den separaten Druck eines Abschnitts aus
dem Text zur Besetzung der Kirchendienerstellen387 der Großen Kirchenordnung von 1559 dar.
45. Hofkirchenordnung 2. Januar 1560 (Text S. 426)
Die württembergischen Herzöge waren besondere Kenner und Liebhaber der Musik. Bereits seit 1496
bestand in Stuttgart eine herzogliche Singschule, die Herzog Ulrich 1535 zur eigentlichen Hofkapelle aus-
baute388. Der Anlass für die Errichtung einer speziellen Kirchenordnung für den Stuttgarter Herzogshof
waren Klagen, die Ende 1559 über die Sänger der Hofkirche laut geworden waren. Aus diesem Anlass erwog
Herzog Christoph auch, die Ordnung des Gottesdienstes an seinem Hof neu zu regeln. Diese Wünsche
äußerte er am 18. November 1559 in einem Brief an Johannes Brenz und den Kirchenratsdirektor Sebastian
Hornmold, die er aufforderte, hierfür eine Ordnung zu entwerfen389.
Die Hofkirchenordnung lag bereits am 2. Januar 1560 vor. Neben den Anordnungen zu Predigt und
Abendmahl beschreibt sie ausführlich die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes durch die herzogliche
Kantorei. Vor allem der reich verzierte Vespergottesdienst ist in seiner je nach Festtag verschiedenartigen
Gestalt ausführlich dargestellt. Die Psalmen waren nach dem in der Kantorei vorhandenen handschrift-
lichen Psalter zu singen, wobei der Kapellmeister bei der Auswahl der Gesangsstücke den Anweisungen der
Hofprediger Folge zu leisten hatte. Die musikalischen Einlagen dienten jedoch ausschließlich als Schmuck-
elemente des Gottesdienstes; sie hatten keinerlei liturgische Bedeutung390.
Die entscheidende Gestalt des Musiklebens am Hof Herzog Christophs war Sigmund Hemmel391, der
zwischen 1551 und 1554 Kapellmeister war. Von ihm stammt vermutlich auch die in der Ordnung erwähnte
Psalmenvertonung392. Diese Vertonung war zentral für die württembergische Kirchenmusikgeschichte, da
sie das erste Psalmenwerk war, das vollständig in deutscher Sprache konzipiert und mehrstimmig gesetzt
worden war. Im Druck erschien der Hemmelsche Psalter erst 1569 mit einer Vorrede der württembergischen
385 Schneider, Kirchliches Verfahren, S. 274f.
386 Reformation in Württemberg, S. 268f.
387 Siehe S. 352f. Nr. 42a.
388 Vgl. Bopp, Stiftsmusik, S. 211; Bossert, Hofkantorei,
S.124-167.
389 Ernst, Briefwechsel IV, Nr. 622 S. 712.
390 Geschichte des humanistischen Schulwesens I, S. 457;
Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart,
S. 410ff.
391 Zu Sigmund Hemmel siehe Brennecke, Art. Hemmel,
in: MGG 6, Sp. 139ff.; Bossert, Gesangbuch, S. 56;
Rössler, Gesangbuch-Geschichte, S. 42f.; ders., Kir-
chengesangbuch, S. 166f.; Bopp, Stiftsmusik, S. 211.
392 Der gantz Psalter Davids, wie derselbig in Teutsche Gesang
verfasset, mit vier Stimmen kunstlich und lieblich von
newem gesetzt, durch Sigmund Hemmeln seligen, Fürst-
lichen Würtenbergischen Capellmeistern, dergleichen zuvor
im Truck nie ausgegangen. Mit einer Vorred der beiden
Würtenbergischen Hoffprediger, Württ. Landesbib. Stutt-
gart R 16 Hem 1. Vgl. Reformation in Württemberg,
S. 146; Rössler, Gesangbuch-Geschichte, S. 42f.; Bos-
sert, Hofkantorei, S. 131, 134.
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