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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0087
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Einleitung

4. Die Konsolidierung der Reformation in Württemberg

a) Die Konsolidierung der Reformation unter Herzog Ludwig (1568/78-1593)
Nach dem Tod Herzog Christophs 1568 trat sein Sohn Ludwig445 1578 im Alter von 24 Jahren die Nachfolge
als Landesherr an. Bis dahin wurde er von seinen Vormündern Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg-
Ansbach, Markgraf Karl von Baden und Herzog Wolfgang von Zweibrücken vertreten, evangelischen,
kaisertreuen Reichsfürsten, mit denen Württemberg bereits seit langem zusammenarbeitete.
Herzog Ludwig führte die Regierungslinie seines Vaters sowie der Vormundschaftsregierung fort. Er
hielt sich von der protestantischen Bündnispolitik im Reich ebenso fern wie von konfessionellen Streitig-
keiten. In seiner Kirchenpolitik bemühte er sich weniger um eine Weiterentwicklung als um die Konsoli-
dierung des bestehenden lutherischen Kirchenregiments, das er gegen den Calvinismus und andere Strö-
mungen abzugrenzen suchte. Ludwig besaß in den Glaubensstreitigkeiten der Zeit ein eigenständiges Urteil,
er verkörperte den Typus des frommen, lutherischen Fürsten446, und unter seiner Regierung nahm Würt-
temberg eine Führungsposition im Protestantismus ein. Es galt als lutherisches Musterland, an dem sich
etwa Hessen-Marburg unter Landgraf Ludwig IV., Herzog Christophs Schwiegersohn, orientierte. In die
Regierungszeit Herzog Ludwigs fallen jedoch auch die ersten Erfolge der Gegenreformation sowie die mit
der Konkordienformel verfestigte Scheidung innerhalb des evangelischen Lagers in Lutheraner und Refor-
mierte447.
Ludwigs Kirchenpolitik wurde von Jakob Andreä bestimmt, der nach dem Tod von Brenz 1570 zum
führenden Theologen des Landes geworden war. Der aus Waiblingen stammende Andreä verstand sich als
Schüler von Luther und Brenz und war bereits unter Herzog Christoph in der württembergischen Kirchen-
leitung tätig gewesen448. 1553 wurde er Generalsuperintendent in Göppingen, 1562 Kanzler der Tübinger
Universität. Andreäs Hauptinteresse galt der Einigung der Kirche, die er innerhalb des lutherischen Lagers
mit der Formulierung der Schwäbischen Konkordie, die 1577 in die Konkordienformel einfloss, voran-
trieb449.

51. Mandat zur Unterzeichnung der Konkordienformel 19. Juli 1577 (Text S. 444)
Die nach dem Interim ausgebrochenen reichsweiten innerevangelischen Streitigkeiten unter den Theologen
verhinderten eine einheitliche Lehrmeinung. In dieser Auseinandersetzung nahm Herzog Ludwig eine ver-
mittelnde Position ein, indem er Jakob Andreä beauftragte, eine einigende Lehrmeinung unter den Anhän-
gern der Confessio Augustana herbeizuführen. Nachdem dessen Bemühungen, die Philippisten mit den
Gnesiolutheranern auf ein Lehrcorpus zu verpflichten, gescheitert waren, trieb Andreä sein Einigungswerk
mit der Mittelpartei in Norddeutschland voran. Hieraus entstand die sogenannte Schwäbisch-Sächsische
Konkordie. An diese angelehnt, wurde im Juni 1576 auf einem Theologenkonvent in Torgau das sogenannte
Torgische Buch entworfen. Nach Versendung des Textes an sämtliche lutherischen Städte und Länder
arbeitete Andreä zusammen mit anderen Theologen im Kloster Berge bei Magdeburg die eingegangenen
Anregungen und Änderungsvorschläge ein und am 28. Mai 1577 konnte dem sächsischen Kurfürsten das

445 Zu Herzog Ludwig siehe Rudersdorf, Ludwig,
S. 163-173; ders., Orthodoxie, S. 49-80; ADB 19,
S. 597f.; Press, Württemberg, S. 17-47; Borst, Würt-
temberg, S. 91-98; Stälin, Wirtembergische Geschichte
IV/2, S. 776-828.

446 Rudersdorf, Ludwig, S. 165, 169.
447 Ehmer, Württemberg, S. 184f.
448 Vgl. Matthes, 10 Briefe, S. 132-140; Ehmer, Würt-
temberg, S. 185f.
449 Ehmer, Württemberg, S. 185f.; RGG3 4, Sp. 1824.

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