Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0117
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
7. Kastenordnung 1536

würden, sollen die schuldig sein, nach iren vermügen
iren trewen dienst hierinnen on all wegerung zube-
weisen oder unser ungne- | Biib | digen straff gewar-
ten.
Es soll auch deren keiner, so zuempfahung des
almusens zugelassen ist, in kein offenliche noch
heimliche zech oder zum wein gehn, auch kein spiel
thun, sonder so der trincken wölt zur notdurfft, sol
das anheimisch mit seynem weib thun, alles erger-
nus zuverhütten. Wellicher aber darüber begriffen in
zechen oder spilen erfunden, soll fengklich angenom-
men unnd darumb mit allem ernst gestrafft werden.
Wie es mit den siechheusern und den armen leutten
in Stetten und ämpter gehalten werden solle:
Als sich nun offtermals befindt, das den heusern
der armen sonder siechen vil nachteyls durch teglich
überreiten16 erwechst, auch mermals betrug bey sol-
lichen landtfarern befunden, Ist hierauff unser be-
velch, das fürohin kein frembder sonder siech in un-
sern Stetten unnd ämpter dero geordneten heuser
mer wann ein mal gehalten, auch, so einer oder mer
wider wurde kummen, der soll nachmals nit weitter
eingelassen. Es sollen auch die sonder siechen nit
mer umb reitten in dem land, noch sich bettlens
fleissigen, sonder in allwegen in iren verordneten
heuser bleiben.
Wa auch in unsern Stetten und ämpter leut be-
funden, die mit sollicher kranckheit beladen, die ei-
nes vermögens, dieselbigen sollen ir essen und
trincken nach billichen dingen bezalen, damit der
armen gütter nit beschwerdt | Biiia | und in abfall
kummen. Wa aber aus den ämptern arm personen
befunden, dieselbigen sollen auch in der Statt ires
ampts eingenummen, doch soll der selbig Fleck sich
mit den verordneten der Statt vergleichen, damit
billicheit in allwegen gehalten.
Insonderheit aber sollen nachvolgende armen mit
güttiger handtreichung bedacht werden:
Zum ersten ein armen vatterlosen waisen soll
man zum handtwerck, schul, zun ehren und haus-
16 Übervorteilen.
17 An der Syphilis (Franzosenkrankheit) Erkrankte.
18 Gesinde.

haltung mit angeheffter vermanung der widergel-
tung, wo ihnen ir handt so lang wurd, mit höchstem
fleis verhelffen.
Item, einem gantz armen gesellen, der sein hant-
werck sonder hilff unnd fürsetzung nit anfahen noch
treiben kan, soll man nach vermüg des kastens und
gelegenheyt der personen auff widergeben zimlich
leihen unnd fürsetzen.
Item, haus armen leuten, die mit ir arbeit allein
sich und ire kindt nit können erhalten, soll man mit
dem allmusen nach gelegenheit irer armut helffen.
Item, eim armen mann zur zeit der theurung,
der sunder grossen nachteil seine gütter nit verkauf-
fen kan, soll man nach vermügen des kastens und
gelegenheit der person auff wider geben leihen und
fürsetzen.
Man soll auch in einer yeglichen Statt oder Flek-
ken, da man lateinische schulen helt, etlich arme
knaben nach vermögen der Statt oder Flecken mit
dem almusen zu | Biiib | schul halten oder inen zum
wenigsten ein steur geben.
Item, arme dürfftige Frantzösische leut17 soll
man von dem almusen heylen lassen unnd die zeit
irer kranckheyt zimlich underhalten oder inen, so sie
gütter hetten, auff die gütter oder, so sie keine het-
ten, umb Gots willen auff wider geltung leihen unnd
fürsetzen, das alles nach gelegenheit des kastens und
der personen.
Item, zur zeit sterbender nott, auch sunst, so
offt arme Eehalten18 oder dienstknecht, auch andere
frembden urblingen19 niderfellig und kranck würden
oder mit dem erbgrind20 unnd andern schweren
suchten beladen weren, und aber von irem eygen nit
zu leben, auch von iren herren oder frawen under-
haltung nit erlangen möchten, sollen von gemeinem
almusen undergeschleifft, geheilt und zimlich under-
halten werden.
Zum beschluss dises Capitels wöllen wir euch ernst-
lich und umb Gottes willen hiemit all unser under-
thanen, arm und reich, gmant und gebetten haben,
das sie sich selbs, auch ire kinder unnd eehalten zu
19 Plötzlich.
20 Grind (Favus).

99
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften