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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0125
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8. Kirchenordnung 1536

auf Ostern das gemein gesang: Christ ist erstan-
den19, item: Christ lag in todes banden20, etc. In dem
steig der pfarrer auff die Cantzel und predigt dem
volck mit fleis von einsetzung des rechten brauch
und nutz des nachtmals Christi, so vil Gott gnad
gibt. In dem aber, so er herab steygt und die predig
volendet hat, soll man den teutschen glauben21 oder
ein teutschen Psalmen singen, bis der pfarrherr mit
statten zu dem altar kompt, da man das nachtmal
begeen will. Und soll man aber ein solchen altar zu
dem Nachtmal erwölen, der am allergelegnesten sein
mag, da man am kommelichsten22 zu und von gehn
und alle ding am deutlichsten hören möge, welcher
altar auch mit brot und wein nach notturfft zuge-
richt sein soll.
Und dieweil man am abent dar- | Biiiia | vor die
personen, so sich des Nachtmals Christi theylhafftig
machen wöllen, abgezelt hat, soll man auch das brot
nach anzal der personen ungevarlich abzelen, des-
gleichen auch den wein in seiner mas auff stellen und
es mit dem kelch also anschicken, das zu letst in
demselbigen nichts überbleib und alles so züchtig
und ehrempiettiglich gehandlet, damit niemandt
kein anstoss geben werde.
Wann nun der pfarrherr also zu dem altar kompt,
wend er sich zu dem volck und thu ein kurze erma-
nung an diejhenigen, so dann zu dem hochwirdigen
Sacrament gehn wöllen, aus dem eylfften Capitel
der ersten an die Corinthier oder sonst ungevarlich
auff nachvolgende weis und form:
Ir allerliebsten in Christo Jesu, dieweil wir yetz-
und das gnadreich | Biiiib | abentmal unsers liebsten
heylands begeen und halten werden, Darinnen er
uns sein warhafftigen leib zu einer speis unnd sein
eigen blut zu einem dranck, den glauben damit zu
stercken, gegeben hat, Sollen wir billich mit grossem
fleis und inprünstiger andacht uns selbs, wie Sant
19 Luther, „Christ ist erstanden“, AWA 4, Nr. 32.
20 Luther, „Christ lag in Todes Banden“, AWA4, Nr. 12.
21 Luther, „Wir glauben all an einen Gott“, AWA 4, Nr. 24.
22 Bequemsten.
23 1Kor 11,28.
24 Vgl. zu dieser Ermahnung die brandenburg-nürnbergi-
sche Kirchenordnung 1533, siehe Osiander, GAV,
S. 156f; Sehling, EKO XI/1, S. 195f.

Paulus23 vermanet, brüffen24, Dann dieweil die ar-
men, blöden25 gewissen eben sowol durch die gna-
denreichen sacrament, die da sichtbarliche wort von
Sant Augustin26 genant werden, als durch das wort,
so zu dem er eingehet, vermittelst dem heiligen
geyst getröst und gesterckt mögen werden, so ist das
gnadenreich nachtmal zu einem sondern trost und
stercke den betrübten geistern und zerschlagen her-
tzen geben, die ire sünd bekennen, Gottes gestren-
gen zorn und den grausamen todt fürchten unnd
empfinden und nach der gerechtigkeyt hungerig
seind. | Bva | So wir aber unns selbs briefen unnd ein
yeder in sein eigen gewissen gehen wirt, wie uns der
heilig Apostel hie leeret27, werden wir gewißlich
nichts anders finden, dann allerley grosse, geferliche
sünd unnd den erschrockenlichen tod, den wir mit
der sünd verschult haben, unnd künden doch unns
selbs in kein weg heraus helffen. Darumb hat unnser
lieber herr Jesus Christus sich über uns erbarmet
unnd ist umb unser sünd willen mensch worden, auff
das er das gesatz und allen willen Gottes für uns
erfüllet unnd den tod, auch alles, was wir mit unnser
sünd verschult hetten, für uns zu ewiger erlösung
auff sich neme und erlitte. Und das wir das ye ve-
stigklich glauben und durch den glauben frölich und
freuntlich in seinem willen möchten leben, nam er
nach dem abentmal das brot, sagt danck, brachs
und sprach: | Bvb | Nempt hin unnd esset, das ist
mein leib, der für euch dargeben würdet; (das ist)
das ich mensch bin worden und alles, das ich thue
und leide, ist alles ewer eigen, für euch und euch zu
gut geschehen, des zu einem gewissen wortzeichen,
sigel unnd zeugknus gib ich euch hie mit dem brot
mein waren, wesenlichen leib28.
Desgleichen nam er auch den kelch und sprach:
Nemet hin und trincket alle daraus, das ist der kelch
des newen testaments in meinem blut, das für euch
und für vil vergossen wirdt zu vergebung der sün-
25 Schwachen.
26 Anspielung auf Augustins Auffassung von sacramenta -
verba visibilia, siehe Augustinus, Contra Faustum Ma-
nichaeum 19,16, CSEL 25, S. 512ff. sowie den Tractatus
„In evangelium Johannis“ 80,3, CChrSL 36, S. 529.
27 Vgl. Anm. 22.
28 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19f.

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