Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0484
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Württemberg

dem schwerdt gerichtet, die Frawen Pershon aber,
wann sie sich ohne zunötigung mit irem willen hin-
weg füren lassen, da es ein Eheweib oder der jenig,
so die hinweg gefürt, ein Ehemann, alls ein Ehe-
brecherin, hievorigem underschid gemeß, gestrafft,
auff den fall sie aber beide ledig, vierzehen tag inn
der Frawen gefenckhnus mit wasser und brodt ent-
hallten werden18.
Unnd so ferr jemands were, welcher von solchen
strefflichen verhandlungen wissens hette und der-
gleichen Pershonen zu iren unthaten einicherley ge-
nieß oder boßheidt willen mit Rath, that | 10r | oder
anderm fürschub wissentlich fürdersam erschinen
und verhilfflich wehre, der- oder die jhenigen, so es
vatter oder mutter gegen iren leiblichen kindern
oder ein Ehegemecht gegen dem andern, sollen, Inn-
hallts unserer Landtsordnung19, für Recht gestellt,
zum todt verurtheilt und gerichtet, die andere aber
den verbrechern inn allweg gleich gestrafft, und es
sonsten der kupler und kuplerin halb, der dispositi-
on mehrberürter unserer landtsordnung gemeß, ge-
hallten.
Welche auch inn so teufflische blindtheit geriethen
und sichs gelüsten lassen, mit unvernünfftigen thie-
ren oder todten menschen unzucht zu treiben, die,
so es inn werckh vollbringen und selbiges zu recht-
licher genüege offenbar gemacht, sollen crafft keys.
Satzungen und peinlicher hallsgerichts ordnung mit
dem feuer neben dem Viehe, da aber mann mit
mann oder sonsten | 10v | dergleichen, auch der natur
abschewliche schandtlaster begienge, mit dem
schwerdt vom leben zum todt zurichten verurtheilt
unnd erkendt20. Diejenigen aber, so es allein under-
standen, darob ergriffen und davon abgehalten wor-
den, für Recht gestellt, nach befundner gestalsame
aller umbstendt an Pranger gestellt, die Ohren ab-
geschnitten oder mit Ruthen außgestrichen oder deß
Landts verwisen werden.
Dem allem nach ist unnser ernstlicher Bevelch, will
unnd meinung, das ir, unsere Amptleut, inmassen
18 Ebd., Art. 118.
19 Landesordnung Württemberg 1567, Reyscher XII/1,
S. 344, vgl. S. 848ff.

hieoben anfangs auch vermeldet, in denen fellen, da
ex officio ohne rechtliche erkandtnuß die straffen
der unzucht fürzunemen, selbige allerdings disem
unserm Mandat gemes ohn einiche milterung oder
underschidung der Pershonen gestrackhs exequieren
unnd volnstreckhen, inn den überigen casibus aber
ihr, vom Gericht, dise unsere Satzung in ewern er-
| 11r | kandtnußen für ein Richtschnur und Manu-
duction der gestallt hallten, damit ihr inn fellung
aller ewerer urtheln, zubestraffung schandt und la-
ster, darauff sehen und selbige darnach dirigieren
und richten sollen.
Dieweil aber inn solchen und dergleichen handlun-
gen der fäll und selbiger ungleicher umbstendt ohn-
zalbar vil, das es unmüglich, alles under gewisse Re-
geln zubegreiffen, demnach, so werden ihr, die vom
Gericht, die circumstantias jeden zutragenden falls
selbsten mit vleiß zuerkundigen und daruf zube-
denckhen wissen, was bey einem und dem andern
zuscherpffung oder millterung hierinn determinier-
ter straffen inn achtung zunemen, alls da jemandts
zur solchen mißhandlungen einer oder der andern
unzucht unwissendt, auch wider seinen willen oder
auff boßhafftige, hindergünstige verfüerung oder
auch gar etwan |11v| notgetrengter weiß gerathen,
inn welchen casibus dann die straffen etwan auß
christlichem mitleiden gar nachzusehen und in an-
dern umb etwas zuringern. Oder es möchte hinwi-
derumb eines verbrechen allerhandt umbstendt wil-
len so beschwerlich sein, das die bestimpte straff,
mit einem oder mehrerm zusatz zusterckhen, wel-
ches ir, die vom Gericht, mit gutem bedacht wol-
tend vernünfftiglich erwegen unnd die erkandtnus-
sen nach anleitung diser unser constitution und sat-
zung rechtmessig moderiren oder inn gar zweiffeli-
chen sachen sonderbarer fäll bey mehrverstendigem
Rath pflegen sollen.
Damit auch meniglich hierauff gewarnet und der
unwissenheidt sich nit zuentschuldigen haben, sollen
20 Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532
(Carolina), Art. 116.

466
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften