Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0502
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Baden

2. Das Kondominat Lahr-Mahlberg und die Wiedertäufer

Die Herrschaft Lahr-Mahlberg war seit 1527 Kondominat von Baden-Baden und der Grafschaft Nassau-
Saarbrücken. Beide Territorien wurden zur Zeit der Verabschiedung des ersten Wiedertäufermandates 1543
von altgläubigen Fürsten regiert.45 Die Wiedertäuferfrage schein in der gesamten Region seit den späten
1520er Jahren virulent gewesen zu sein, immer wieder ist auch auf den badisch-nassauischen Gemeintagen
davon die Rede, auch einzelne Verhaftungen von Wiedertäufern sind belegt.46 Kaiser Karl V. erließ 1528 ein
Wiedertäufermandat, das in den folgenden Jahren und Jahrzehnten mehrmals erneuert wurde und das für
einzelne Formulierungen als Vorbild gedient hat.47 Das kaiserliche Mandat sah in letzter Konsequenz für
diejenigen, die nicht ihrem Glauben abschwören wollten, die Todesstrafe vor; zu Hinrichtungen ist es aber,
trotz zahlreicher Prozesse, nur in wenigen Ausnahmefällen gekommen, nicht zuletzt wegen der vorsichtigen
Haltung von Brenz, der von der Anwendung dieser Bestimmung meist abriet. Außerhalb des Kondominates
scheinen die Wiedertäufer nur im Bereich der unteren Markgrafschaft und in der Nachbarschaft zu Würt-
temberg einigen Zulauf gehabt zu haben.48 1566/67 erbaten die badischen Räte von den Nachbarterritorien
(Pfalz, Württemberg, Straßburg) Gutachten wegen der Täuferfrage, auch die jeweiligen Ordnungen wurden
übersandt.49 Mit deren Hilfe wurde ein eigenes badisches Bedenken formuliert,50 das allerdings nicht in eine
weitere Ordnung mündete, wie 1578 der Kanzler bedauernd der Vormundschaftsregierung gegenüber fest-
stellte.51

3. Wiedertäufermandat 1543 (Text S. 513)
Das Mandat für Lahr-Mahlberg, das unverändert aus Baden-Baden übernommen wurde, wurde 1581
erneuert,52 und zu diesem Zeitpunkt hatten sich die konfessionellen Verhältnisse geändert: Auf Saarbrücker
Seite teilten 1554, nach dem Tode ihres ältesten Bruders Philipps II.53, der 1543 noch als Gemeinherr
auftritt, die beiden Grafen Adolf und Johann IV. ihr Territorium: Johann erhielt Saarbrücken und Ott-
weiler, Adolf das lothringische Saarwerden und den nassauischen Anteil an Lahr-Mahlberg. Adolf führte
1558 in Saarwerden die Reformation durch,54 und damit dürfte dies auch in Lahr-Mahlberg geschehen sein,
wie die Berufung des lutherischen Pfarrers Johann Wolfius aus Gotha nahelegt.55 Denn auf baden-badischer
Seite war nach dem Tode Bernhards III. für Philibert zwar eine katholisch geführte Vormundschaft unter
Herzog Wilhelm von Bayern eingerichtet worden, aber 1556, nach Erreichen der Volljährigkeit, legte Phi-
libert eine derart tolerante Haltung an den Tag, dass ihn die meisten Zeitgenossen, wie einst seinen Onkel
Philipp, dem neugläubigen Lager zurechneten.56

45 Vgl. Bartmann, Die badische Kirchenpolitik, S. 41f.
Vgl. aber die Rolle des protestantischen nassauischen
Amtmannes Matthäus Musler, der zugleich fürstenber-
gischer Amtmann der Ortenau war (siehe Fußnote 16
Seite 643); vgl. Asch, Verwaltung, S. 24. Dazu vgl. Ein-
leitung zur Herrschaft Kinzigtal.
46 Vgl. Bartmann, Die badische Kirchenpolitik, S. 43.
47 Z.B. in Bossert, Wiedertäufer, S. 1*—10*.
48 Vgl. Bossert, Wiedertäufer, S. XIII.
49 Abgedruckt in: Bossert, Wiedertäufer, Nr. 42-46.
50 Bossert, Wiedertäufer, Nr. 49.
51 Bossert, Wiedertäufer, Nr. 66.
52 Bei der in der Fassung von 1581 erwähnten Neuausgabe
von 1568 handelt es sich nicht um eine Neuauflage des

Mandates, sondern um den Hinweis im Kirchenord-
nungsmandat (Text Nr. 10) von 1567/68.
53 Nicht zu verwechseln mit Philipp von Nassau-Weilburg,
dem Vater der unten genannten Erben Saarbrückens,
Albrecht und Philipp. Letztgenannter ist als Saarbrük-
ker Graf der III., als Weilburger aber der IV. dieses
Namens!
54 Mit der zweibrückischen Kirchenordnung Herzog Wolf-
gangs von 1557, vgl. Herrmann, Reformation in Nas-
sau-Saarbrücken, S. 50f.
55 Vgl. Bartmann, Kirchenpolitik, S. 102; Neu, Pfarrer-
buch II, S. 675.
56 Vgl. Cramer, Pfarrerbuch IV, S. 6; Benrath, Art.
Baden, S. 99.

484
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften