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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0519
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1. Kirchenordnung 1533

geburtt, wollen wir nit underlassen, und sonderlich
damit geistlich und weltlich, yeder in sinem standt,
der wol und recht lebt, by ehr, gut und fridlichem
wesen blyben mag. Unser gemut ist auch nit, unsern
|4v | underthonen, oder auch wo ettlich geistliche des
willens weren, zu gestatten, der herbrachten Crist-
lichen ubung des ampts der heiligen messen, der ge-
wonlichen Cristlichen gotsdienst und der heiligen
Sacramenten Nuwerung furzenemen, wie wir das al-
len unsern amptluthen bevelh thon wollen, bis so
lang von Cristlicher versamlung, wie und wo sichs
geburtt, derhalben anderung beschicht.
Demnach ist an uch unser gnedig, gutig bitt und
begeren, ir wollen dis unser gnedigs verwarnen und
ermanen zu herzen nemen, dem flissiglichen leben
und nachkomen. So zwiffeln wir nit, ir thun darmit
gott gefallen und diene Cristlichem Volck, uch selbs
und allen geistlichen zu dest besserm friden und rug,
auch verhutung vil nachteils vorgemelt. So kompt
es uns auch von uch zu sonderm gefallen, wollen
dest geneigter sin, uch gnad und gunst zu beweisen.
Datum Baden uff Sampstag nach Bartholomei
appostoli anno etc XXii.4 |5r|
[III.] Den Amptleuten ist bevolhen worden, die
priesterschafft zu Burger uffzenemmen
Philips etc.
Lieber getrewer. Nachdem wir von den versamb-
lungen gemeiner gebursami5, so by, neben und umb
uns allenthalben in vil grossen huffen vor augen und
byeinander, deren ein merckliche anzal6 sovil ver-
stendigt, das ir endtlich furnemmen und meynung
ist, der geistlichen halben und irer gueter endrung
zethon, uns auch entlich zu embotten, wo solichs
durch uns inn unserer marggraffschafft nit furge-
nommen, werden sie nit underlassen, die Sach selbs
anzugryffen. So wir nun bedenckhen, das solich an-
α Priester Wyber nemmen.
4 30.8.1522.
5 Gebursame = rechtliche Verbindung der Bauern, vgl.
Grimm, DWb 4, Sp. 1661.
6 In Durlach hatte sich am 9. April 1525 ein Bauernhaufe
versammelt, der sich nach Übergabe seiner Beschwerden
aber wieder auflöste; ein Haufe aus dem Speyrischen be-

drung fuglicher und lydlicher durch uns dan die
frembden oder auch die unsern von innen, one unser
wissen, beschehen möge, So haben wir demnach be-
dacht aller geistlichen halb guth, fruchtbarlich und
zu mehrer fryde und einigkeit zwyschen inen und
den leyen dienlich sin, wie auch daruff unser ernst-
lich meynung und bevelch, andere beschwerungen,
nachteil und schaden, so uns, inen und gemeyner
unser Landtschafft verner erwachsen mochte, zufur-
kommen, das ein yeder gepfrundter, er sy pfarrer,
Caplon oder frumesser, in unser marggraffschafft
Burgerrecht an yedem ende, so lang er da bepfrundt
sy, an sich nemmen und Burger werden, und also
alle Burgerliche beschwerden und Burden, |5v| usser-
halb reissens mit eigner pershon, an yedem ortt und
ende, da er gepfrundt, nach desselben Flecken ge-
pruch helffen zutragen und zethon in allermassen
wie ein ander unser weltlicher Burger oder under-
thon, als du auch zum furderlichsten alle gepfrun-
den priester dyns ampts berurttermassen Burger zu
werden und pflicht zethundt anhaltten, uffnemmen
und von unsernt wegen amptshalben wie ander dar-
by schutzen, schirmen und hanthaben.
αDu sollt auch inen (wie wir das hiemitt gnedig-
lich vermoge heyliger und gottlicher schrifft zulas-
sen) bewilligen und gestatten, welchem es gelegen,
sich mogen inn ehelichen stant zuverheiraten,
zuvermyden das schantlich, unerlich leben und we-
sen, sy bisher mit iren megden gefurt nit zu cleiner
ergernus des nechsten.
Unser ernstlich meynung und bevelch ist auch,
so eynichs oder mehr pfarrer oder pfrundt in dynem
ampt, deren zehend gefel den Stifft oder Clostern
incorporirt weren, soltu solich zehend gefell in ver-
bott legen und nit volgen lassen, darvon wir vorha-
ben, den pfarrern und verkundern des wortt gottes
ire zimbliche narung und Competentz zeordnen,
dardurch andere nebenschindery und beschwerden,
setzte am 23. April Bruchsal und plünderte die Klöster
Herrenalb und Frauenalb - dieses Ereignis ging also die-
sem Mandat unmittelbar voraus. Nach Verhandlungen
mit dem Bischof und Philipp löste sich der Haufe am 8.
Mai auf, nachdem dieses Mandat zumindest einen Teil
der Forderungen der Bauern erfüllte; vgl. Brecht/
Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 111.

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