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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0578
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Baden

Bey der Tauff soll alles, waß hievor geord-
net,17 observirt werdten, sonderlich daß der Vatter
bey der tauff stehe, undt nicht mehr alß zum höch-
sten vier, nemblich 2 man- und zwo weibspersonen
oder darunder, vermög hievoriger erläutterung zur
Gevatterschafft zugebrauchen, undt die Kindter in
ipsissimo Baptizandi actu dem pfarrern uf die
handtb zugeben. Wann der Kinder mehr alß eins, die
bey etlichen eingerissene repetitioc Symboli Apo-
stolici zu underlaßen undt zusamen zud fassen.
Es sollen auch fürter keine schulmeister oder
Studiosi, wer die auch seyn, auff die Cantzel ohne
vorhergehendte Examination bey unser Cantzeley
undt darauff erfolgte erlaubnuß gestellt, noch viel
weniger denselben gestattet werdten, mit undt ne-
ben den pfarrhern daß Hochwürdige Sacrament
zuhalten, wie den auch in der Cantzley das Mini-
sterium, daß Sacrament mit undt neben den Pfar-
rern zugeben, nicht leichtlich zugestatten, es seye
den auche Examinandus promotioni proximus undt
erfordere die gelegenheit der zeit, orts oder Pfarrers,
solche zuordtnung zuerlauben.
Wegen Repetition der aufflegung der händ gegen
den jenigen Kirchendienern, so hievor wissentlich
der gestalten ordinirt, wollen wir unß fürderlichst
erklähren.
Das gemeine gebett für alle Ständt soll nach-
malen in gleicher form ohne einige Enderung einigen
worts aller Enden gehalten werden. |8r|
Daß gesang betreffend, sollen die Pfarrer darob
seyn, damit bey schwerer unserer Straff kein ander
psalm oder Liedt in die kirchen eingeführt werdte,
weder in denen ihnen zugestelten gesangbüchern zu
finden,18 welche den auch alle, so viel müglich, vor-

b B: händt.
c A: ripetitio.
d Fehlt B.
e B: der.
f-f Fehlt A.
g B: zweyen zeichen.
h B: ungelegenheit.
i B: so gereiths.
j-j B: zeichen wie sonsten zur predigt gebrauchen.
k B: kommen.
l B: discretion und mutmassung.

zusingen undt damit nach gelegenheit der zeit ab-
zuwechslen, auch der Melodien halben von den pfar-
rern uffsehen zuhaben, damit man bey gewohnli-
chen undt vorgeschriben Choral notis gemässen
weiß verpleibe, zu dem Endt sich fdie Pfarrherren
befleissen sollen, ein par Monat lang ohngefahrlich
mit den Schuolmeistern sichf zu üben, auch so offt
sie sonsten verspüren, das mann ein andere weiß
(sonderlich wie ettwan die bauren in Würthshäu-
ßern oder in Feldt zusingen pflegen) uf die bahn
bringe, solches bereden undt die Schulmeister undt
Jugendt anderst underrichten, in specie auch obser-
viren, damit nit für Alleluja Kyrie eleison oder her-
gegen gesungen werde.
Letztlichen soll es aller orten deß geleuts halb zu
der Begräbnussen gleich, undt weil sich die under-
thanen der zeicheng halben19 mit fürgebrachter un-
gleichheith beschweren, fürter also gehalten werden,
daß nemblichen wen ein person, bereitsi20 ein oder
mehr mahlen daß heilige, hochwürdige Abendmahl
empfangen, stirbet, undt also ein leichpredig zuhal-
ten, sollen derselben 3 jzeichen (wie sonsten zur pre-
dig gebräuchlich)j, da aber ein junge person, so noch
deß Abendmahls sich nicht gebraucht, oder ein
Kindt, es sey zur Tauff kommen oder nicht, ableib-
te, ein zeichen mit dem glöcklin, so man sonst auch
zur Tauff zugebrauchen pfleget, gelitten werden.
Falls aber ein Kindt nicht lebendig zur welt
kähmek, soll solches doch ohne vorwissen nicht be-
graben werdten, sonder dem pfarrer angezeigt
unndt nach seiner discretionl an partus fuerit place
informis mnecne vixeritm deß geläuts halben gehalten
werdten.21

m-m B: an vixerit nec ne.

17 Im Kirchenordnungsmandat von 1601 (Text Nr. 12).
18 Vgl. Erbacher, Gesang- und Choralbücher, S. 27. Ein
erstes offizielles badisches Gesangbuch ist erst aus dem
Jahre 1616 erhalten, vgl. ebd., S. 35f.
19 Vgl. den Absatz „Vom Geläut“ (sc. beim Begräbnis) im
Kirchenordnungsmandat von 1601.
20 Gereits = bereits, vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 3628.
21 „Ob es völlig missgebildet geboren [sc. und unmittelbar
nach der Geburt gestorben] oder gar nicht gelebt.“

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