Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0633
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
5. Kirchenordnung 1610

cul Christlichen glaubens gründtlicher verstehn ler-
nen. Wie dann in Erclerung eines jeden stückhs da-
hin fürnemblich zusehen, das es mit claren |14| Sprü-
chen hailiger schrifft erwiesen und darauß Lehr, ver-
manung, wahrnung und trost auff das ainfeltigst
und deutlichste angezaigt werden.
Die Ordnung solle also gehalten werden: Erstlich
zu Geylndorff, wann es 11h, auff den Dörffern aber
wan es 12 schlecht, soll das erste zaichen geleittet
werden, und bald darauff das zusammen schlahen,
auff ein vierttel stundt alles gerichtet.
Baldti außgeleuttet, so werde gesungen ein solch
gesang, das sich mit der Predigt oder Erclerung
reumpt, als das vatter unser, der glaub, die zehen
gebott, vom abendtmahl, vom gesatz;29 Es ist das
heil uns kommen her etc.,30 wann dergleichen stückh
des Cathechismi erclert werden. Nach dem gesang,
oben gemelter vorred und vatter unser, so verlese
der Pfarherr von der Cantzel den Text des Ca-
techismi, so er zuercleren fürhabens oder die Ord-
nung erfordert. Darauff volgt die erclerung auff ein
halbe stund zu guettem verstandt der Kinder unnd
einfältigen.
Zu end der Predig laß der Pfarherr zwei Kinder,
so des Cathechismi bericht und ferttig erzehlen kön-
nen, auffdretten und ein jedes desselben halbentheil
mit erhabener Stim deutlich und verstendtlich, da je
eines um das ander jfragen, hersagen, also das wel-
ches im erstentheilj fragt, im andern |15| antwortt biß
zu end, da er denk einem jeden auß der heilligen
Pfleg zu mehrerm antrib einen Pfenning raiche. Er
halte aber bey den andern ahn, das sie den recitie-
renden alle wortt bei sich heimblich nachsprechen,
damit, wo sie solche noch nicht loder nichtl aller-
dings gelernet, desto besser begreiffen und fassen
mögen, sonderlich die, so nicht zur schuelen ge-
schickht werden.

h KO 1619: Eylffe ist.
i KO 1619: So Balt.
j-j Fehlt KO 1619.
k KO 1619: dan.
l-l Fehlt KO 1619.
m KO 1619: ernstlich darzue halten und.
29 Also die entsprechenden Katechismuslieder: „Vater un-

Und damit er jederzeit wissens haben möge, wie
sie im lernen fürfahren und was für ein verstandt sie
darinnen haben, so solle er sie, sowol alte als junge
und Kinder, insonderheit befragen, einen hie, den
andern dortt ein stückh, oder wievil in nöttig be-
dunckht, erzehlen lassen, die fleißigen loben und die
fahrläßigen oder langsamen zu mehrerm fleiß ver-
mahnen und soviel immer müglich dahin sehen, das
ein jedes Kindt, so bei seinem verstandt, den gant-
zen Catechismum mit frag und antwortt ferttig er-
zehlen könne.
Wo die verhörung und Examen fürüber, so be-
schlüesse er mit dem gewöhnlichen gebett inn der
Kirchen Ordnung, dessen anfang: Allmechtiger,
Barmhertziger Gott, himblischer Vatter, der du al-
lein alles guetts etc.,31 und gebe gleich darauff den
Seegen.
Es sollen auch die Pfarherr nimmer underlassen,
sonderlich do sie fahrläßigkeit spüren, die Eltern,
Maister und Frawen fleißig und ernstlichm zu allen
zeitten in den Predigten, |16| Beichtstuel und wo es
gelegenheit gibt, zuvermahnen, das sie ihr Kinder
und gesind zum Catechismo fleißig schickhen und
selbsten sich darbei finden lassen, so wohln die ein-
gepfarten als die im Fleckhen wonhafft sein.
Und das von jungen Leuthen sonderlich sich nie-
mandt hab zuverhelen und abzuhalten, ist für noth-
wendig angesehen, das ein jeder Pfarherr bei seiner
Pfarr und allem Pfarrvolckh ein Register halte, dar-
innen die Kinder, Knecht und Mägdt verzaichnet
stehn eines jeden haußvatters, also nach ihnen desto
besser zufragen wisse und sie spüren, daß ein auff-
sehen auff sie gehaltten werde.
Neben dem Catechismo, wo Schuelen, solle der
Pfarherr auch beim Schuelmeister die guette anstel-
lung thun, das die Schueler frag und antwortt, so
zum heiligen abendtmahl gehörig und von D. Lu-
thero seeligen verfasset worden, mit dem anfang:
ser im Himmelreich“ AWA 4, Nr. 1; „Wir glauben all an
einen Gott“ AWA 4, Nr. 24; „Dies sind die heilgen zehn
Gebot“ AWA 4, Nr. 1; „Gott sei gelobet und gebenedeit“
AWA 4, Nr. 4; vom gesatz meint vielleicht: „Nun freut
euch, lieben Christen gemein“ AWA 4, Nr. 2.
30 Von Paul Speratus, Wackernagel II, Nr. 935.
31 KO Württemberg 1553, S. 246.

615
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften