5. Kirchenordnung 1610
Allmechtiger, Barmhertziger Gott, der du bist
ein Gott der Lebendigen und der Todten, wir pitten
dich von grund unsers hertzen, dieweil du jhe von
wegen der Sünd, dem Menschen gesezt, einmahl zu
sterben, und aber dein lieber Sohn, unser herr und
heillandt Jesus Christus, durch sein sterben uns vom
todt erlediget und denselben, so wir an ihn glauben,
zu einer thür und Eingang zum Ewigen Leben ge-
macht hast, du wöllest gnediglich verleichen, das
wir solches nicht allein mit glaubigem hertzen stet-
tigs bedenckhen, dir in kündtlicher Forcht und wah-
rer Gottseeligkeit dienen, sonder auch, wan wir nach
deinem gnedigen willen auß diesem Elenden jam-
merthal abgefordert werden, dem Todt ritterlich
entgegen gehn und uberwinden, mit dir aber ewig-
lich leben und regieren mögen, durch denselben dei-
nen lieben Sohn, unsern ainigen herrn und heillandts
Jesum Christum, Amen.
Darauff werde mit dem Vatter Unser und Seegen
beschlossen.
Würdt es zu Geylndorff von dem Schuelmeister
begehrt, vor der Leicht zu singen, das solle einem
jeden, der Christlich abgeschieden, widerfahren und
underwegen gesungen werden: Mit fried und freud
ich fahr dahin etc.65 Mitten wir im Leben sind
etc.66 |39| Herr, Gott, mein jammer hatt ein Endt
etc.67 Wir glauben all an einen Gott etc.68
In der Kirchen zu Münster, wan die gemain sich
versamblet, eintweder das gesang: Mitten wir im
Leben sind etc. wider ganz und nach der Predigt:
Nun last uns den leib begraben etc.69 Oder diß Ge-
sang vor der Predigt biß auff die zwei lezste ge-
säz70: Nun lassen wir ihn hie schlaffen etc.71 Und
dieselbige als dann nach der Predigt.
Den Kindern, so vor oder nach der Tauff zu grab
getragen werden, soll mit der kleinen glockhen zu
Münster geleuttet und under der begrebnus von de-
r KO 1619: werden. Gott allein die Ehr.
s KO 1610 ab hier von anderer Hand.
t Fehlt KO 1619.
u KO 1619: Nachtlicher.
65 Luthers „Mit Fried und Freud“, AWA 4, Nr. 21.
66 Luthers „Mitten wir im Leben“, AWA 4, Nr. 3.
67 Fälschlich Luther zugeschrieben, Wackernagel IV,
Nr. 296.
68 Luthers „Wir glauben all“, AWA 4, Nr. 24.
nen, so mit der Leicht gegangen, in der Kirchen auff
ein vierttel stundt gebettet, oder auff begehren
vorm altar ein kurtze trost Predigt und vermahnung
gethon und mit einem vatter unser und Seegen be-
schlossen werden.r |40|
Wolget die Resolution auff die nechst unnd hiebevor
außgesezte 5 Puncten.72
1. Das Leuten bey der Künder Tauff.
Solch Leutten soll hünfüro auff dem Landt bey allen
Kürchen (außerhalb der Statt Gailendorff), es wer
gleich hiebevor in einem oder andern Ortt inn ge-
brauch geweesen oder nicht, vor der Tauff mit dem
klainen Glöckhlin beschehen unnd verrichtet wer-
den.
2. Wetter Leuten betreffendt.
Nach dem auch bishero verspiret worden, daß zu
zeitten, wann sich Donner und wetter vermerckhen
lassen, gleich sporenstraichs denn Glockhen zue
geeylet, mit allen glockhen zuesammen geschlagen
unnd solanng gelitten worden, biß es sich aller dings
gesteltt und nachgelassen, darvon dann bey eines
thails Leuthen starckhe wohn73 oder vielmehr Päb-
stische Aberglauben gewessen, ob solches mehr zue
trewung deß wetters als ermünderung dert zue lie-
ben Gebett vermaindt unnd angesehen etc. Solches
übermaß unnd falsche, vergebliche Einbildung
zuverhüetten, ist unnßerer Bevelch unnd mainung,
daß hinfüro bey allen Kirchen, wann Donner und
wetter einfallen, zue Ermünderung des Volckhs zum
gebett besonders nachtheiligeru weillen allein mit
der großen Glockhen ein Zaichen uff ein |41| vierttel-
stundt lang, nach dem daß wetter sich anzaigen
69 Luthers „Nun lasst uns den Leib begraben“, AWA 4,
Nr. 40.
70 Strophen.
71 Strophe sieben (und acht) von „Nun lasst uns den Leib
begraben“.
72 Diese Resolution greift eine Beschwerdeliste der Lim-
purger Pfarrer auf, die diese auf einem Konvent 1610
übergeben hatten; vgl. Bergholz, Einführung,
S. 43-48.
73 Wahn, Einbildung.
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Allmechtiger, Barmhertziger Gott, der du bist
ein Gott der Lebendigen und der Todten, wir pitten
dich von grund unsers hertzen, dieweil du jhe von
wegen der Sünd, dem Menschen gesezt, einmahl zu
sterben, und aber dein lieber Sohn, unser herr und
heillandt Jesus Christus, durch sein sterben uns vom
todt erlediget und denselben, so wir an ihn glauben,
zu einer thür und Eingang zum Ewigen Leben ge-
macht hast, du wöllest gnediglich verleichen, das
wir solches nicht allein mit glaubigem hertzen stet-
tigs bedenckhen, dir in kündtlicher Forcht und wah-
rer Gottseeligkeit dienen, sonder auch, wan wir nach
deinem gnedigen willen auß diesem Elenden jam-
merthal abgefordert werden, dem Todt ritterlich
entgegen gehn und uberwinden, mit dir aber ewig-
lich leben und regieren mögen, durch denselben dei-
nen lieben Sohn, unsern ainigen herrn und heillandts
Jesum Christum, Amen.
Darauff werde mit dem Vatter Unser und Seegen
beschlossen.
Würdt es zu Geylndorff von dem Schuelmeister
begehrt, vor der Leicht zu singen, das solle einem
jeden, der Christlich abgeschieden, widerfahren und
underwegen gesungen werden: Mit fried und freud
ich fahr dahin etc.65 Mitten wir im Leben sind
etc.66 |39| Herr, Gott, mein jammer hatt ein Endt
etc.67 Wir glauben all an einen Gott etc.68
In der Kirchen zu Münster, wan die gemain sich
versamblet, eintweder das gesang: Mitten wir im
Leben sind etc. wider ganz und nach der Predigt:
Nun last uns den leib begraben etc.69 Oder diß Ge-
sang vor der Predigt biß auff die zwei lezste ge-
säz70: Nun lassen wir ihn hie schlaffen etc.71 Und
dieselbige als dann nach der Predigt.
Den Kindern, so vor oder nach der Tauff zu grab
getragen werden, soll mit der kleinen glockhen zu
Münster geleuttet und under der begrebnus von de-
r KO 1619: werden. Gott allein die Ehr.
s KO 1610 ab hier von anderer Hand.
t Fehlt KO 1619.
u KO 1619: Nachtlicher.
65 Luthers „Mit Fried und Freud“, AWA 4, Nr. 21.
66 Luthers „Mitten wir im Leben“, AWA 4, Nr. 3.
67 Fälschlich Luther zugeschrieben, Wackernagel IV,
Nr. 296.
68 Luthers „Wir glauben all“, AWA 4, Nr. 24.
nen, so mit der Leicht gegangen, in der Kirchen auff
ein vierttel stundt gebettet, oder auff begehren
vorm altar ein kurtze trost Predigt und vermahnung
gethon und mit einem vatter unser und Seegen be-
schlossen werden.r |40|
Wolget die Resolution auff die nechst unnd hiebevor
außgesezte 5 Puncten.72
1. Das Leuten bey der Künder Tauff.
Solch Leutten soll hünfüro auff dem Landt bey allen
Kürchen (außerhalb der Statt Gailendorff), es wer
gleich hiebevor in einem oder andern Ortt inn ge-
brauch geweesen oder nicht, vor der Tauff mit dem
klainen Glöckhlin beschehen unnd verrichtet wer-
den.
2. Wetter Leuten betreffendt.
Nach dem auch bishero verspiret worden, daß zu
zeitten, wann sich Donner und wetter vermerckhen
lassen, gleich sporenstraichs denn Glockhen zue
geeylet, mit allen glockhen zuesammen geschlagen
unnd solanng gelitten worden, biß es sich aller dings
gesteltt und nachgelassen, darvon dann bey eines
thails Leuthen starckhe wohn73 oder vielmehr Päb-
stische Aberglauben gewessen, ob solches mehr zue
trewung deß wetters als ermünderung dert zue lie-
ben Gebett vermaindt unnd angesehen etc. Solches
übermaß unnd falsche, vergebliche Einbildung
zuverhüetten, ist unnßerer Bevelch unnd mainung,
daß hinfüro bey allen Kirchen, wann Donner und
wetter einfallen, zue Ermünderung des Volckhs zum
gebett besonders nachtheiligeru weillen allein mit
der großen Glockhen ein Zaichen uff ein |41| vierttel-
stundt lang, nach dem daß wetter sich anzaigen
69 Luthers „Nun lasst uns den Leib begraben“, AWA 4,
Nr. 40.
70 Strophen.
71 Strophe sieben (und acht) von „Nun lasst uns den Leib
begraben“.
72 Diese Resolution greift eine Beschwerdeliste der Lim-
purger Pfarrer auf, die diese auf einem Konvent 1610
übergeben hatten; vgl. Bergholz, Einführung,
S. 43-48.
73 Wahn, Einbildung.
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