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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0652
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Limpurg

8. Kirchenbußordnunga
1620
Forma, wie Personen, so wider Göttlich und Weltlicher Obrigkeit verbott in Unzucht betretten, der Kirchen
abbittung thun und derenselben wider eingesöhnet werden sollen.
In Lympurgischer Herrschafft Kirchen, Geilendorffer Lineen angeordnet.
[Emblem: weibliche Gestalt auf Totenschädel mit Waage und Spiegel, dazu vier Putti mit Esel, Vogel, Zweig
und Gefäß; Umschrift: Dicta virum cernis septem sub imagine parva - Quattuor ut pueri, sic tria virgo
docet]1
Getruckt zu Tübingen, bey Dieterich Werlin, 1620.

Solche Personen, so Unzucht getrieben, sollen
von den Kirchendienern beschickt unnd wegen der
Kirchen disciplin mit Ihnen gehandelt und auff Ihr
demütigs rühigs bitten auff folgende Weiß der
Kirchen eingesöhnet und absolvirt werden. |1|
Geliebte in dem HERRN, der (oder diese Per-
son)α daß Namens N.N. von N. pürtig, haben Mir,
dieses orths Kirchendienern, hertzlich und demütig
klagent angebracht, daß Sie (oder Er) durch ange-
borne schwachheit ubereylet worden und habe sich
den Teuffel dermassen betriegen lassen, daß Sie un-
züchtige, ungebürliche vermischung und gemein-
schafft gebraucht, GOTT damit erzürnet, Unserer
Christlichen Obrigkeit Gebott uberschritten, die
Gemain Gottes verärgert und also sich von Gott
und seiner lieben Kirchen und Gemainde abgesön-
dert und außgeschlossen haben und darneben ver-
jähen2, das solches ihnen von Hertzen Laidt seye,
haben aber doch das Starcke vertrawen unnd zuver-
sicht zu GOTT, er werde Ihr (vel Ihnen) auß uner-
forschlicher seiner Gnad und Barmhertzigkeit, sol-
che und alle andere Ihre |2| Sünde umb seines lieben
α (Nach dem es ein Manns- oder Weibs person ist, oder der
personen zugleich zwo oder mehr seyen.)
a Textvorlage (Druck): StA Ludwigsburg B 114-2708.
1 „Du siehst die Sprüche der Sieben Männer auf einem
kleinen Bild: wie die Jungen vier, so zeigt die Jungfrau
drei.“ Verweis auf die sieben Weisen der Antike (Kleo-

Sohns, unsers Einigen Haylands unnd Seeligma-
chers Jesu Christi willen gnädiglich verzeihen und
vergeben. Und in solchem glauben und vertrawen
hat Sie (oder Er / oder haben Sie beyde) Gott sol-
ches trewlich abgebetten und mich ersucht, daß ich
in Ihrem Namen, als ob Sie solches jetzt mit Ihrem
aignen Hertzen und Mundt selbs theten, der Christ-
lichen Kirchen, die Sie durch Ihre begangne Un-
zucht verärgert, auch trewlich abzubitten unnd
Christlich zuermahnen, daß sie wöllen Ihnen ihre
Sünden gnädiglich, Brüderlich und Schwesterlich
verzeihen und vergeben, ist (oder seynd) auch deß
Christlichen Vorsatzes, daß Sie vermitelst Göttli-
cher Hülff und Gnaden dieser und aller anderer Sün-
den, sie seyen heimblich oder offentlich, wider ihr
Gewissen, sich hinfürders eussern und enthalten
wöllen.
Dieweil dann nun Gott selbs in seinem heyligen
Göttlichen Wort allen Bußfertigen, glaubigen Sün-
dern vergebung Ihrer Sünden verheist unnd zusagt,
wil auch von uns haben unnd erforderts mit sonder-
lichem Ernst, daß wir unsern Brüdern unnd Schwe-
stern Ihre Fehl und Sünde, damit sie uns erzürnet, |3|
bul, Chilon, Periander, Pittakos, Solon, Bias, Thales),
die zu den Tugenden Selbsterkenntnis (Spiegel), Maß
(Waage), Memento Mori (Schädel), Selbstbeherrschung
(Zweig der Polei), Mäßigung (Gich, dünne Suppe) raten
sowie vor Bosheit (Esel) und Bürgschaft (Krähe oder
Star) warnen; vgl. Henkel/Schöne: Emblemata, Sp.
1291.
2 Verjehen = bekennen, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 607.

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