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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0365
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Einleitung

Ein weiterer Schritt zur vollkommenen Aufsicht des Rates über die kirchlichen Güter der Stadt war die
Neuorganisation der einzelnen Kirchenpflegschaften. Die 1531 bestehenden sechs140 wurden nun nicht mehr
- wie bisher - von je zwei Pflegern, sondern alle gemeinsam von den beiden Oberpflegern Zwick und Hütlin
verwaltet.141 Auch die ursprünglich acht Klosterpflegeämter wurden 1531 auf sechs und 1533 schließlich auf
drei reduziert.142 Die Haupteinnahmequelle der Kirchenpflege stellten die aus dem beschlagnahmten Ren-
tenbesitz der Kirchen fließenden Natural- und Geldzinse dar. Daneben verfügte die Kirchenpflege über eine
große Anzahl von Pfründhäusern, 1538 waren es 88, von denen 53 zum Münster gehörten. Das Kirchen-
vermögen blieb vom übrigen Haushalt der Stadt getrennt und diente ausschließlich kirchlichen Zwecken.
Hiervon besoldete der Rat die Geistlichen, unterhielt die Gebäude, die zur Kirchenpflege gehörten, zahlte
Leibgedinge an ausgetretene Konventualen und finanzierte die Schulen.143
Für die Organisation der Kirchenpflege wurde eine Ordnung entworfen.144 Diese verankerte die Kir-
chenpflege in der Ämterverfassung der Stadt und übertrug die eigentliche Verwaltung des Kirchengutes
einem Kirchenpfleger, dessen Amtsführung von den beiden Oberpflegern kontrolliert werden sollte.145
Da die Ordnung nur auf den Tag (17. März), nicht jedoch auf ein Jahr datiert ist, wurde sie von Buck
und Fabian, die den Text mit einem Ratsbucheintrag vom 7. Juni 1531 in Verbindung brachten, als die erste
Kirchenpflegerordnung von 1531 aufgefasst.146 Heuschen plädiert hingegen mit guten Gründen für die
Datierung auf 1538,147 denn 1537 wurde über eine neue Ordnung der Kirchenpflege beraten, die vermutlich
1538 in Kraft trat.148 Gegen die Datierung der vorliegenden Ordnung auf 1531 spricht auch, dass der im
Text genannte Zunftmeister Melchior Rumeli das Zunftmeisteramt 1531 noch nicht bekleidete, sondern
lediglich Beisasse war.149

5. Das Interim und die Rekatholisierung der Stadt nach 1548

Seit 1538 litt Konstanz unter zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und geriet politisch immer
stärker unter Druck. Die Stadt verweigerte die Unterschrift unter die Wittenberger Konkordie, wodurch sie
zunehmend in Isolation zu ihren Bündnispartnern geriet.150 Die außenpolitische Situation war verfahren:

140 Dombruderschaft, Münster, St. Stephan, St. Lienhart,
Schottenkloster und St. Johann.
141 StadtA Konstanz, Ämterbuch 1530/42, 1531; vgl.
Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 171, 177f.;
Buck, Anfänge, S. 179, 185f.; Rublack, Einführung,
S. 116.
142 Eines für die Dominikaner und Franziskaner, eines für
die Dominikanerinnen zu St. Peter und Zoffingen sowie
eines für die Sammlung der Schwesternhäuser. Das
Pflegamt für die Bruderhäuser wurde gestrichen, vgl.
Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 182; Buck,
Anfänge, S. 190.
143 Rublack, Einführung, S. 116 und S. 348 Anm. 372;
Dobras, Konstanz, S. 89; Heuschen, Reformation,
S.107-123.
144 StadtA Konstanz, Ratsbuch 1531, fol. 139b vom 7. Juni
1531: Als man der pfaffen oder gaistlichen güter, biß daher
durch zwen oberpfleger und sunst vil pfleger versehen, hett
man uff hüt verlassen, die pfleg fürohin zu versehen lut
ainer ordnung, die vorhin gestelt ist worden, zitiert nach

Heuschen, Reformation, S. 73. Vgl. Buck/Fabian,
Reformationsgeschichte, S. 177-183; Buck, Anfänge,
S. 185-191; Dobras, Konstanz, S. 89.
145 Dobras, Konstanz, S. 89. Buck/Fabian, Reformati-
onsgeschichte, S. 181f.; Buck, Anfänge, S. 190.
146 Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 447; Buck,
Anfänge, S. 532.
147 Nach der Kirchenpflegerordnung sollten die Einnahmen
aus dem Barfüßer- und Predigerkloster dem Unterpfle-
ger Bartholomäus Henni überantwortet werden. In des-
sen Rechnungen sind zwischen 1531 und 1537 jedoch kei-
nerlei Einnahmen aus diesen Klöstern verzeichnet, nicht
zuletzt, weil die Klöster mindestens bis 1533/34 noch
bewohnt waren. Erst seit 1538 lassen sich in Hennis
Abrechnungen Einnahmen aus beiden Klöstern finden;
Heuschen, Reformation, S. 83-87, bes. S. 83 Anm. 190,
S. 85 Anm. 401.
148 Rublack, Einführung, S. 348.
149 Vgl. ebd., S. 347f. Anm. 370.
150 Dobras, Konstanz, S. 113-115.

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