Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0517
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3c. Kirchenordnung [1538]

Ordnung und christliche ubung der beyden Sacramenten, des Tauffs unnd Herren nachtmal,
nach unser kirchen gelegenhayt
[Von der Taufe] der auch glider seins leybs, der kirchen, machen wol-
le etc.

Bey dem ersten puntzaychen (darin uns gott, der
herr, seiner gnaden und Barmherzigkeit, durch
Christum uns geschenckt, erinert und wie mit ainem
sigel versichert und uns ains besserlichen, nuwen le-
bens vermant), dem Tauff, ist in unser kirchen gre-
wlich geirret und vast49 boßer brauch, dem wort got-
tes ungmeß, einkomen.
Zum ersten, das der tauff zum merhrem teyl
sonnderlich haimlich und in abwesen der gantzen
christenlichen gmeind (vor der die Sacramenta ge-
handelt werden sollen, diewyl sy dem gantzen leyb
Christi, nit yedem glid besonder, geben sind) geubt
und unordenlich gebraucht, dise unordnung aber
ime auß unglauben entsprungen, als ob man mußte
zum wassertauff eylen, sonst wer dem kind kain
hayl zu hoffen und der gemaind furbit nicht vor got
gulte und gott seine seligkeit nur an die ausserlichen
elementa gebunden hette.
Zum andern wirt nit weniger die einsatzung des
heyligen tauffs veracht mit der bößen und ubel her-
gebrachten gwonhayt, das man solche zeugen und
gevattern erwelt, die kundtschafft des glaubens ge-
ben sollen, die von gott kain erkantnuß haben, von
kinderbericht nicht, ja etwan, die gott find50 sind
und seinem heyligen wort zugegen handlen, |7r| al-
lain der ursach halben darzu gezogen, umb gaben-
genieß willen, flaysch frundtschafft51 damit anzu-
richten. Disen bayden unordnungen furzukomen,
das aller menschlicher gesuch abgestelt und gottes
und seiner gnaden zeychen nit gespottet werd, wel-
len wir, das die hebammen, wa sy kinder helffen er-
fruchtigen52, den eltern sagen, das sy ire kind zum
hayligen tauff tragen, so die gmaind gottes bey ain-
ander ist, am Sontag, fur die kinder, so dem Herren
furgetragen werden, zu bitten, das der Herr dise kin-

b Verschrieben: find.
49 Sehr.
50 Feind.
51 Leibliche Verwandtschaft.

Dergleichen ist unser ernstlich befelch, das man
solche gevattern suche, die gottes worten und Sa-
cramenten freundb sind und hierinnen kain zeytli-
cher nutz gesucht werden.
Von des Herren abendmal
Das ander puntzeychen oder Sacrament des leybs
und bluts unsers herren Jhesu Christi, uns darumb
gegeben vom hern, unser blode53 gewissen zu sterck-
en, hoffnung auffzurichten, der empfangnen ablas-
sung der sunden durch Christi todt und blutvergies-
sen zu erinnern, ain exempel und vorbild bruderli-
cher trew und besserlichs lebens darvon zuerlernen,
vor der gemaind des glaubens an Christum zu be-
zeugen. Dieweyl aber des hochwurdig gedechtnuß
unserer erlößung so erschrockenlich unwirdiglich
von vilen mißhandlet wirt, das kain wunder wer,
das uns sterben, todtlichen kranckhayten, armut,
theurung und ander unfäll vil meer dann den Cho-
rinthern umb solche unere dis loblichen Sacraments
zustunde54. Die Corinther werden vom Paulo
gstrafft, das ainer dem andern zuvor das nachtmal
braucht und ainandern nit gewartet haben, item die
armen, die nichts zu essen ghept, von der Reichen
uberflyss geschendt55, Item, das sy das Hern brot
und kelch unwirdiglich genomen, nit bedacht, was
er fur bedeutnuß auff im trag, miß in Paulus so
hoch, das er sagt, darumb mussen sy ungluckhafftig
sein, kranck, gar sterben56. |7v| Wann wir aber gar
unser unordnung dargegen halten, ist jhens haylig
gewesen.
Item, ettlich wellen das nachttmal nemen und
glauben nit, das Christus mit seinem todt on unsern
verdienst uns erlößt hab, die essen in und trincken

52 Ans Licht der Welt zu bringen.
53 Schwache, vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 139.
54 Vgl. 1Kor 11,30.
55 1Kor 11,21.33.
56 1Kor 11,27-32.

497
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften