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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0107
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2. Bedenken der Predigt halben 1538

2. Bedenken der Predigt halbena
1538
Bedenckens, der predig halbenα

Nachdem auß dem gotlichen wortt offenbar er-
scheint, das dem menschen dasselbig haillige wort
zu erhaltung der seelen hayl nit höher von weiten,
dan das naturlich brot dem sterblichen leib, und
doch sollich gotlich wort in der stadt Speyer wenig
lauter unnd clar, one vermengung menschlicher zu-
setz gelert, dardurch das gemein volck der vermisch-
ten lere hessig und des raynnen, gotlichen wortts
begirig sein vermerckt wurdt, unnd doch sich nit fu-
gen wil, das ein rath sich understehe, ein sonderli-
chen predicanten an ein sonderlich ort oder kirchen,
das dergleichen vor nit gewesen, anzunemen oder
uffzustellen auß ursachen,β erstlich das dem rechten
nach soliche predicanten nit uffgericht werden sol-
len dan mit ordenlichen, das ist in disem fall Bi-
schofflichem zulassen, und neue solliche weg gesucht
werden solt, so werd daraus gewißlich volgen, das
der angenomen predicant eins raths vollen gewalt,
ine zu setzen und zu entsetzen (er predige, wy er
woltt), schon entzogen und sich seins gefallens uff
seynnen ordenlichen richter zihen, |2v | demselben zu-
gefallen eben als bald der heuchelei und menschen
tandts als der gotlichen warheit in seynner lere ge-
raumen möcht, so stund man nach vilen mhue und
costenn eben in dem schleym, darin man vor ge-
steckt were.
Zum andern, wie ein rath fur sich selbst one das
Bischofflich zulassen ein predicanten ordnen thett,
das daraus gewißlich anders nit volgenn, dan das ein
rath in den hechsten verdacht khemen unnd betra-
gen wurde, das er alles der Kay[serliche]n M[ajestä]t

α Bedenken derer dreyzehner, a[nno] 1538 E[inem] E[hrsa-
men] Rath übergeben
β Warumb ein E. Rhat keinen prediger halten und ufstel-
len könne.
γ Rhat hat dem Kayser zugesagt, beim Bapstumb zu blei-
ben.

gethanes zusagenn in vergeß stellen,γ sich den lu-
therischen anhengig machen unnd mit denselben ire
Mt. itziger in teutzscher nation gegenwertigkait ein
sondern, waren trotz beweisen woltt, das gemayner
stadt Speyer zu endtlichem verderben ruren möcht.
Zudem den neuen predicanten auch eben so we-
nig als den alten pfaffen zu vertrauen,δ dan an dem
mheren thail derselben bißanhero offentlichen gese-
hen, das sy sich selbst unnd iren nutz gleich als dy
alten gesucht, denn theur erkaufften schäfflin Cri-
sti, sey |3r| es gangen, wye eß wöll, und das ire an-
henger mehr genzigkait und ergernus von inen zum
theil gelernet, dan sy vor gewest unnd geubet. Dar-
zu eynnes noch grossern, dan dy alten gaistlichen
des Babstes hauffen sich ye understanden, beflissen
haben, als nemlich sich in dy weltlichen rethe zu
dringen, zu setzen und irs gefallens darein zu ziehen
unnd darauß zu vertagenn.
Und wie demutig, ainfeltig und geistelig sy sich erst-
lichen erzaiget, allein essen, drincken umb und an zu
irer besoldung begeret, ist in doch sollicher gaist,
sobaldt sy den gemeynnen befel unnd hauffen an
sich bracht und mit denselben der erbarkeit zu
starck worden, bald entwuscht und hat man sy dem-
nach nit hoch gnug besolden mögen, zudem alle
frechhait und leichtfertigkait etlichen auß inen
gantz unverscheucht gemain und mit dem hailligen,
gotlichen wort one grundt vertaidingt und besche-
met werden.
Darauß dan in vilen stedten und landen merck-
liche, erschreckliche emperung entstanden und lay-

δ Neue Prediger leben so ergerlich alß die alten.
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Speyer 1 A 450-4 fol
2r-5v. Abdruck (Faksimile und Umschrift): Reformati-
on und Protestation, S. 11-18.

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