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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0526

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Das Fürstenthum Anhalt.

einen Druck: „De arbore consanguinitatis et affinitatis regulae et tabellae. Autore d. Georgio
Majore. Additus est in fine: De eodem argumento libellus d. Philippi Melanchthonis.“ Der
Druck Major’s ist Georg gewidmet und die Vorrede ist datirt: Merseburgi, Reminiscere 1548.
Das Buch stammt also aus der Zeit gemeinsamer Thätigkeit Major’s und Georg’s.
Es ist mir nur noch eine weitere Anhaltische Ehe-Ordnung aus dieser Periode bekannt
geworden: ein Vertrag zwischen dem Fürsten und dem Rath zu Zerbst über die Behandlung
zweier Fragen des Eherechts.
Dieser Vertrag wurde dem Superintendenten Fabricius vom Bürgermeister Baumgart in einem
Briefe mitgetheilt und von Fabricius in die Reihe seiner Ordnungen im „Kirchenbuch“ eingestellt.
Wir bringen diesen Vertrag nach dem Originalschreiben des Bürgermeisters aus dem
Superintendentur-Archivzu Zerbst 29, 295 zum Abdruck. (Er ist schon abgedruckt in: Mit-
theilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte 7 (1895). (Nr. 122.)
Was nun die formelle Seite der Eherechtspflege anlangt, so ist es damit in Anhalt
ebenso ergangen wie in vielen anderen Ländern. Man versuchte zunächst mit einer Art nicht-
formirten Consistorium auszukommen. Dem Superintendenten Fabricius zu Zerbst wurde in
der Instruktion von 1545 übertragen: „Bis auf ferner verordenung und mit vorwilligung des
superattendenten soll unser superattendent zu Zerbst die ehesachen nicht allein in seiner
superattendenz, sondern auch im lande unsers theils mit denen, so wir ime darzu
ordnen wollen, verhoren und nach gottlicher schrift, erbarn beschribenen rechten, wie wir dis
unser gemüth ime weiter eröffnen wollen, entscheiden.“
Fabricius fasste die ihm hierdurch übertragenen Competenzen von Hause aus als die-
jenigen eines wirklichen Consistoriums auf. Bereits 1546 nannte sich Johann Mader „des con-
sistorii schreiber“, als er die „Imbreviatur der Superattendenz zu Zerbst“, d. h. eine Re-
gistratur der Consistorialprotokolle und der wichtigsten consistorialen Vorgänge, Entscheidungen,
eingeholten Gutachten etc. anlegte. Diese ist im Zerbster Superintendentur-Archiv Nr. 6 und
auch Nr. 18 erhalten und gewährt einen vortrefflichen Einblick in die Thätigkeit der Behörde.
Der Superintendent zu Zerbst wurde auf solche Weise den übrigen Superintendenten vorgesetzt;
er wurde eine Art Consistorial-Präsident.
Wer sind nun seine „Zugeordneten?“ Wahrscheinlich die anderen Visitatoren. Sodass
also auch hier in Anhalt das Consistorium aus der Visitations-Commission erwachsen ist.
Im Superintendentur-Archiv zu Zerbst, Nr. 6 heisst es in einer der ersten Registraturen:
„Sonnabend nach Estomihi anno 46 sind vor dem herrn superattendenten und seinen mitver-
ordneten visitatoren erschienen“. Doch stehen die Organisation dieser Behörde und ihre Com-
petenzen weder in formeller, noch in materieller Beziehung irgendwie fest.
Bisweilen ist auch der Superintendent allein thätig. Die Citationen in Desertionsfällen
erlässt er z. B. im eigenen Namen; die Aufforderung zur Rückkehr geschah durch Anschlag an
den Kirchenthüren und Verlesen von den Kanzeln. Ein Beispiel einer solchen Citation findet
sich in Zerbst, Superintendentur-Archiv, Nr. 18. Es ist dem Format nach offenbar das Original
des Anschlags und lautet:
„Nach wünsch aller göttlichen gnaden und erbietung meines willigen diensts und gebets,
kann ich dem christlichen leser nicht verhalten, das ungeferlich vor acht jaren einer genannt
Blesius. sich zu Lindau bei Cerbst mit einer jungfrauen, Margarethe Schumans genand,
ehelich verlobt und nach gewohnheit brautsemel mit ihr gegeben hat, und das bald hernach
gedachte jungfrau.auf ihren bräutigam ein unwillen geworfen und das eheliche beilager
verzogen, das sie auch der amtmann daselbst mit gewalt hat zwingen müssen, die ehe mit ihrem
gedachten bräutigam zu fullziehen.“ (Blesius sei dann auf- und davon gegangen. Die
Frau könne nicht länger so leben), „mich auch derwegen oft gebeten, das ich ihr anderweit zu
freien erleuben sol, welchs mir ahn gerichtlichen process zu thun nicht geburt, so citire und
 
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