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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0045
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Einleitung

I. Die Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg
Die Herkunft der Herren von Lichtenberg ist unbekannt; möglicherweise entstammten sie einem edelfreien
elsässischen Geschlecht. Seinen Namen trug es von der im nördlichen Elsaß gelegenen Burg Lichtenberg1.
Mit Albert von Lichtenberg, Vogt des Dorfes Rothbach, und dem Straßburger Domkanoniker Rudolf von
Lichtenberg finden erstmals um die Wende vom 12. zum 13. Jh. zwei Mitglieder der Familie Erwähnung2.
Von 1249 an waren die Lichtenberger im Besitz der Vogtei über die Stadt Straßburg; daneben übten sie auch
die Vogtei über die Besitzungen einer Reihe von Klöstern aus, darunter Neuweiler, Gengenbach, Schwarz-
ach, Stürzelbronn und Weißenburg3. Mit Konrad III. (1273-1299), unter dem die berühmte Westfassade
des Münsters begonnen wurde, seinem Bruder Friedrich (1299-1306) und zwei Generationen später Johan-
nes (1353-1365) stellte das Geschlecht drei Bischöfe von Straßburg. Hinzu kam eine große Anzahl von
Kanonikern des Straßburger Domstifts. Die weiblichen Familienmitglieder lassen sich hingegen vorwiegend
als Konventualinnen der Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal bei Baden-Baden nachweisen4.
Der Schwerpunkt des ältesten Besitzes der Lichtenberger lag im Gebiet um Buchsweiler (Bouxwiller)5.
Vor allem Ende des 13. und in der ersten Hälfte des 14. Jh. gelang dem Geschlecht ein rascher Ausbau seines
Territoriums6. Im 15. Jh. war die Herrschaft Lichtenberg schließlich das größte weltliche Territorium im
nördlichen Elsaß. Es erstreckte sich auf beiden Seiten des Rheins zwischen den Vogesen und dem Schwarz-
wald7.
Die Herren von Lichtenberg spalteten sich 1260 in zwei Linien auf; siebzig Jahre später erfolgte eine
weitere Teilung. Mit Hilfe gegenseitiger Erbverträge gelang es jedoch, die Einheit der Herrschaft zu bewah-
ren. 1390 bzw. 1405 erloschen dann die beiden älteren Linien. Übrig blieb die sogenannte „Lichtenauer“
Linie unter Ludwig IV.8,der mit einer Tochter des Markgrafen Bernhard I. von Baden verheiratet war9.
Ludwigs Söhne, Jakob und Ludwig V., verstanden es, die Vormacht der Lichtenberger im nördlichen Elsaß
gegen die Angrife der Herren von Fleckenstein, von Ochsenstein und von Leiningen zu sichern. 1458 wurde
Jakob, der Ältere der beiden Brüder, von Kaiser Friedrich III. in den Grafenstand erhoben. 1466 verzich-
tete er jedoch gegen eine jährliche Rente zugunsten Ludwigs V. auf die Regentschaft. Mit dem Tod der
beiden Brüder starb das Geschlecht der Lichtenberger im Mannesstamm aus.
Während Jakob († 1480) kinderlos geblieben war, hatte Ludwig (t 1471) aus der Ehe mit der Gräfin
Elisabeth von Hohenlohe zwei Töchter: Anna und Elisabeth10. Unter deren Gatten wurde die Grafschaft

1 Vgl. Weber, Lichtenberg, S. 31; Matt, Cinquième cen-
tenaire, S. 17-22. Zur Burg Lichtenberg s. Clauss,
Historisch-topographisches Wörterbuch, S. 606.
2 Vgl. Eyer, Territorium, S. 15f.
3 Vgl. Weber, Lichtenberg, S. 30 und 88f. Die Vogtei
über die Stadt Straßburg hatten die Lichtenberger bzw.
ihre Nachfolger, die Grafen von Hanau-Lichtenberg und
die Landgrafen von Hessen-Darmstadt, bis zur Franzö-
sischen Revolution inne.
4 Vgl. Eyer, Territorium, S. 20, Matt, Cinquième cen-
tenaire, S. 27 und die im Anhang unter Nr. 1 abgebildete
Stammtafel in Lehmann, Urkundliche Geschichte.
5 Vgl. Weber, Lichtenberg, S. 31f.
6 Vgl. Eyer, Territorium, S. 60ff.

7 Vgl. die Karten 1-3 im Anhang zu Weber, Lichtenberg,
S.269-271.
8 Vgl. Eyer, Territorium, S. 30f.
9 Zusammen mit seinem Schwiegervater beteiligte sich
Ludwig IV. 1428 auf seiten des Straßburger Bischofs
Wilhelm von Diest am Krieg gegen die Reichsstadt
Straßburg. Die dabei erlittene Niederlage mit der Zer-
störung der rechtsrheinischen Gebiete Lichtenbergs ver-
anlaßte ihn 1429 zum Rückzug von der Regierung (s.
Sehling, EKO XX,1, S. 23 und Eyer, Territorium,
S. 32f.).
10 Stammtafel Nr. 1 in Lehmann, Urkundliche Ge-
schichte.

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