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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0047
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Einleitung

hard 1685 die beiden Grafschaften erneut auf. Als Philipp Reinhard 1712 kinderlos starb, vereinigte Johann
Reinhard III. die beiden Grafschaften nochmals für zwei Jahrzehnte miteinander21. 1736 endete dann mit
seinem Tod die Geschichte des Hauses Hanau-Lichtenberg. Durch Erbgang fiel die Grafschaft an Hessen-
Darmstadt, da die Tochter Johann Reinhards III., Charlotta Christina († 1726), mit dem Erbprinzen und
späteren Landgrafen von Hessen-Darmstadt Ludwig VIII. verheiratet gewesen war. Die mit Hanau-
Lichtenberg vereinigte Grafschaft Hanau-Münzenberg ging dagegen aufgrund des Erbschaftsvertrages an
Hessen-Kassel über22.

II. Die Reformation in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg

A. Die Einführung der Reformation
Philipp III. von Hanau-Lichtenberg scheint der evangelischen Lehre anfangs nicht ablehnend gegenüber-
gestanden zu sein. So verzichtete er auf Strafmaßnahmen, als der Lichtenauer Priester Martin Enderlin am
18. Oktober 1523 in Straßburg in den Stand der Ehe trat23. Vielmehr setzte er sich sogar für Enderlin ein,
nachdem dieser im Januar 1525 wegen seiner evangelischen Predigt von Amtleuten der mitregierenden
Grafen von Zweibrücken-Bitsch gefangengesetzt worden war. In einem Brief an die Stadt Straßburg, die für
Enderlin gebeten hatte, betonte Philipp III. seine Absicht, das Evangelium nicht behindern zu wollen. Auf
einem von Herzog Anton von Lothringen angesetzten Schiedstag klagte das Kloster Neuweiler 1525 sogar
über die Entsendung eines evangelischen Predigers nach Neuweiler durch den Grafen24.
Der Bauernkrieg bewirkte bei Philipp III. dann aber einen Wandel der Einstellung gegenüber der
Reformation, weil er deren Lehren für die Unruhen verantwortlich machte. Aus der Grafschaft Hanau-
Lichtenberg schlossen sich viele Untertanen dem Aufstand der elsässischen und badischen Bauern an. Die
Klöster in Schwarzach, Schuttern, Allerheiligen und Neuweiler wurden geplündert. Im Fall des Klosters
Neuweiler scheint der Überfall aber zumindest mit der wohlwollenden Duldung, wenn nicht sogar mit der
Unterstützung des hanau-lichtenbergischen Amtmannes durchgeführt worden zu sein25. Spätestens die
Erstürmung Buchsweilers und die Plünderung des dortigen Schlosses und der herrschaftlichen Gebäude
durch den Kleeburger Haufen führte dann aber zu einer Verhärtung der Haltung gegenüber den Bauern26.
So verweigerte Philipp III. dem am 25. Mai 1525 von Vertretern des Markgrafen von Baden, der Stadt
Straßburg und der Ortenauer Ritterschaft vermittelten Vertrag von Renchen, der den Forderungen der
Bauern teilweise Rechnung trug, seine Anerkennung27. Vielmehr wandte er sich in Saarburg an Herzog
Anton von Lothringen um Hilfe gegen die Bauern. Nach deren Niederlage mußten sich die Gemeinden der
Grafschaft in sogenannten „Unterwerfungsverträgen“ bedingungslos auf Gnade oder Ungnade dem Grafen
ergeben28.
Zu der ablehnenden Haltung Philipps III. gegenüber der evangelischen Lehre trugen nicht zuletzt auch
die Konflikte des Grafen mit der Stadt Straßburg bei. Die beständige Abwanderung von Untertanen in die
Reichsstadt war schon für die früheren Herrscher ein besonderes Ärgernis gewesen. Nach dem Ende des
Bauernkrieges verstärkte sich wegen der Repressionen des Grafen der Zug nach Straßburg aber zu einer Art

21 Vgl. Lehmann, Urkundliche Geschichte, S. 495f. und
S. 511f.
22 Ebd., S. 512-515.
23 Vgl. Sehling, EKO XX,1, S. 37.
24 Vgl. Röhrich, Mittheilungen 2, S. 61f.; Adam, Kir-
chengeschichte Elsaß, S. 84f.

25 Vgl. Beinert, Geschichte, S. 134-138 und Weber,
Lichtenberg, S. 191-228.
26 Vgl. Matt, Cinquième centenaire, S. 65.
27 Vgl. Beinert, Geschichte, S. 139-141.
28 Ein solcher Vertrag für die Gemeinden im Amt Buchs-
weiler ist abgedruckt in Matt, Cinquième centenaire,
S. 70f.

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