Einleitung
Auch die abschließende Sammlung von Gebeten zu verschiedenen Anlässen und für einzelne Festtage des
Kirchenjahres entstammte der württembergischen Ordnung von 1553 (ebd., S. 256-261).
Während bei der Taufe, der Einsegung der Ehe und der Krankenkommunion die hanau-lichtenbergische
Kirchenordnung kaum von ihrer Vorlage abweicht, ist in den Text zum Abendmahl ein längerer Abschnitt
über die Termine der Feier, deren Abkündigung und den Vorbereitungsgottesdienst (S. 63f.) eingefügt.
Nach der Vermanung zum Nachtmahl folgt zudem ein Kapitel über die Beichte und Absolution. Dieses
stammt zwar ebenfalls aus der württembergischen Kirchenordnung von 1553, steht dort aber als eigen-
ständiger Teil vor dem Abschnitt über das Abendmahl (Sehling, EKO XVI, S. 249-251). Bei den For-
mularen für die Absolution trifft die hanau-lichtenbergische Kirchenordnung eine Auswahl.
Nicht auf seine Vorlage zurückgegriffen hat Brachypodius bei den Feiertagen und beim Begräbnis,
obwohl sich in der württembergischen Kirchenordnung von 1553 entsprechende Formulare zu diesen The-
men finden. Auffällig ist die große Zahl von Marien- und Aposteltagen, die in der Grafschaft Hanau-Lich-
tenberg erhalten blieben, auch wenn einige von ihnen nur halb gefeiert werden. Die Grafschaft hebt sich
damit deutlich vom benachbarten Straßburg ab, wo in der ersten Hälfte des 16. Jh. alle Feiertage mit
Ausnahme des Sonntags abgeschafft worden waren. Bei den Bestimmungen zum Begräbnis läßt sich dage-
gen wie auch in Straßburg eine Tendenz zu möglichst großer Schlichtheit und zur Vermeidung jeglichen
Pomps feststellen.
1566 hatte der damalige Pfaffenhofener Pfarrer und Superintendent Ulrich Cubicularius (Kammer-
knecht) eine Visitations- und Synodalordnung entworfen. Diese ist als zehnter und elfter Abschnitt in die
Kirchenordnung übernommen worden64. Demnach fand die Visitation der Gemeinden jedes Jahr zwischen
Ostern und Pfingsten statt. Neben dem Superintendenten und den Räten des Grafen nahmen aus jedem
Amt der Amtmann, der ranghöchste Pfarrer und der Kirchenschaffner daran teil. Die Ordnung enthält
ausführliche Kataloge für die Befragung des Pfarrers, des Amtmanns sowie des Schultheißen, des Gerichts
und der Kirchenschöffen. Die Synoden wurden dagegen jeweils im Herbst abgehalten. Die Pfarrer der
Gemeinden auf der rechten Rheinseite versammelten sich dazu in Willstätt, während die auf der linken
Rheinseite eine Woche später in Buchsweiler zusammenkamen. Von seiten des Landesherrn nahm ein Rat
an ihnen teil.
Nicht übernommen wurde in Hanau-Lichtenberg der in der württembergischen Kirche gebräuchliche
Katechismus von Johannes Brenz aus dem Jahr 153865. Für den Kirchengesang benutzte man weiterhin das
Straßburgische Gesangbuch von 1541, da ein Gesangbuch für das Herzogtum Württemberg erst 1583
erschien, also ein halbes Jahrhundert nach der Einführung der Reformation66. Sonst orientierte sich die
Grafschaft Hanau-Lichtenberg aber stark am Herzogtum Württemberg: Als 1577 Herzog Ludwig bei Graf
Philipp IV. für die Annahme der Konkordienformel werben ließ, fand er in Buchsweiler rasch Gehör für sein
Anliegen. Noch im gleichen Jahr mußten alle Pfarrer und Lehrer der Grafschaft die Formula concordiae
unterzeichnen. Der Rheinbischofsheimer Pfarrer Josias Udenig, der als einziger seine Unterschrift verwei-
gerte, wurde aus dem Dienst entlassen67.
1579 wurde die hanau-lichtenbergische Kirchenordnung von Philipp-Ludwig I. für die Grafschaft
Hanau-Münzenberg übernommen. Das von Philipp-Ludwig angestrebte Ziel, die Vereinheitlichung von
Bekenntnis und gottesdienstlicher Praxis in seiner Grafschaft, erreichte er jedoch damit nicht68.
64 In der Handschrift A-6-26-1 des FLA Amorbach (ohne
Blattzählung) ist entgegen dem Eintrag auf dem
Umschlag: Visitations Ordtnung der kirchennn unnd wie
die synodi der Pfahrherrn gehaltenn werdenn in der Graff-
schafft Hanaw Liechtenbergk nur die Visitationsordnung
enthalten. Zu Cubicularius vgl. Kiefer, Pfarrbuch,
S. 295.
65 Der Brenzsche Katechismus ist abgedruckt in Reu,
Quellen Geschichte Unterricht 1, S. 309-314.
66 Vgl. Sehling, EKO XVI, S. 71.
67 Vgl. Schildberg, Pastorat, S. 30.
68 Vgl. Dietrich, Landes-Verfassung, S. 142.
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Auch die abschließende Sammlung von Gebeten zu verschiedenen Anlässen und für einzelne Festtage des
Kirchenjahres entstammte der württembergischen Ordnung von 1553 (ebd., S. 256-261).
Während bei der Taufe, der Einsegung der Ehe und der Krankenkommunion die hanau-lichtenbergische
Kirchenordnung kaum von ihrer Vorlage abweicht, ist in den Text zum Abendmahl ein längerer Abschnitt
über die Termine der Feier, deren Abkündigung und den Vorbereitungsgottesdienst (S. 63f.) eingefügt.
Nach der Vermanung zum Nachtmahl folgt zudem ein Kapitel über die Beichte und Absolution. Dieses
stammt zwar ebenfalls aus der württembergischen Kirchenordnung von 1553, steht dort aber als eigen-
ständiger Teil vor dem Abschnitt über das Abendmahl (Sehling, EKO XVI, S. 249-251). Bei den For-
mularen für die Absolution trifft die hanau-lichtenbergische Kirchenordnung eine Auswahl.
Nicht auf seine Vorlage zurückgegriffen hat Brachypodius bei den Feiertagen und beim Begräbnis,
obwohl sich in der württembergischen Kirchenordnung von 1553 entsprechende Formulare zu diesen The-
men finden. Auffällig ist die große Zahl von Marien- und Aposteltagen, die in der Grafschaft Hanau-Lich-
tenberg erhalten blieben, auch wenn einige von ihnen nur halb gefeiert werden. Die Grafschaft hebt sich
damit deutlich vom benachbarten Straßburg ab, wo in der ersten Hälfte des 16. Jh. alle Feiertage mit
Ausnahme des Sonntags abgeschafft worden waren. Bei den Bestimmungen zum Begräbnis läßt sich dage-
gen wie auch in Straßburg eine Tendenz zu möglichst großer Schlichtheit und zur Vermeidung jeglichen
Pomps feststellen.
1566 hatte der damalige Pfaffenhofener Pfarrer und Superintendent Ulrich Cubicularius (Kammer-
knecht) eine Visitations- und Synodalordnung entworfen. Diese ist als zehnter und elfter Abschnitt in die
Kirchenordnung übernommen worden64. Demnach fand die Visitation der Gemeinden jedes Jahr zwischen
Ostern und Pfingsten statt. Neben dem Superintendenten und den Räten des Grafen nahmen aus jedem
Amt der Amtmann, der ranghöchste Pfarrer und der Kirchenschaffner daran teil. Die Ordnung enthält
ausführliche Kataloge für die Befragung des Pfarrers, des Amtmanns sowie des Schultheißen, des Gerichts
und der Kirchenschöffen. Die Synoden wurden dagegen jeweils im Herbst abgehalten. Die Pfarrer der
Gemeinden auf der rechten Rheinseite versammelten sich dazu in Willstätt, während die auf der linken
Rheinseite eine Woche später in Buchsweiler zusammenkamen. Von seiten des Landesherrn nahm ein Rat
an ihnen teil.
Nicht übernommen wurde in Hanau-Lichtenberg der in der württembergischen Kirche gebräuchliche
Katechismus von Johannes Brenz aus dem Jahr 153865. Für den Kirchengesang benutzte man weiterhin das
Straßburgische Gesangbuch von 1541, da ein Gesangbuch für das Herzogtum Württemberg erst 1583
erschien, also ein halbes Jahrhundert nach der Einführung der Reformation66. Sonst orientierte sich die
Grafschaft Hanau-Lichtenberg aber stark am Herzogtum Württemberg: Als 1577 Herzog Ludwig bei Graf
Philipp IV. für die Annahme der Konkordienformel werben ließ, fand er in Buchsweiler rasch Gehör für sein
Anliegen. Noch im gleichen Jahr mußten alle Pfarrer und Lehrer der Grafschaft die Formula concordiae
unterzeichnen. Der Rheinbischofsheimer Pfarrer Josias Udenig, der als einziger seine Unterschrift verwei-
gerte, wurde aus dem Dienst entlassen67.
1579 wurde die hanau-lichtenbergische Kirchenordnung von Philipp-Ludwig I. für die Grafschaft
Hanau-Münzenberg übernommen. Das von Philipp-Ludwig angestrebte Ziel, die Vereinheitlichung von
Bekenntnis und gottesdienstlicher Praxis in seiner Grafschaft, erreichte er jedoch damit nicht68.
64 In der Handschrift A-6-26-1 des FLA Amorbach (ohne
Blattzählung) ist entgegen dem Eintrag auf dem
Umschlag: Visitations Ordtnung der kirchennn unnd wie
die synodi der Pfahrherrn gehaltenn werdenn in der Graff-
schafft Hanaw Liechtenbergk nur die Visitationsordnung
enthalten. Zu Cubicularius vgl. Kiefer, Pfarrbuch,
S. 295.
65 Der Brenzsche Katechismus ist abgedruckt in Reu,
Quellen Geschichte Unterricht 1, S. 309-314.
66 Vgl. Sehling, EKO XVI, S. 71.
67 Vgl. Schildberg, Pastorat, S. 30.
68 Vgl. Dietrich, Landes-Verfassung, S. 142.
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