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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0069
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6. Kirchenordnung 1573

sonders mißfallen tragen, zuverhüten, bevorab6 aber
die schädliche unordnung und ungleicheit in der
Kirchen abzustellen und ein Christlich, ordentlich,
auch Gott wolgefellig wesen anzurichten, dise der-
selben Würtenbergischen Kirchenordnung in den
fürnemsten puncten gleichförmig machen und in
truck verfertigen lassen wöllen, Und ist demnach an
euch alle und an einen jeden in sonderheit unser gne-
digs gesinnen, auch ernstlicher befehl und begeren,
ir wöllet solche unsere Kirchenordnung annemen
und alle ewer Predig und Kirchenämpter derselben
gemeß füren und anrichten, auch euch sonst eines
gottsförchtigen, ehrlichen, eingezognen lebens und

wandels befleissen, damit ir ewer selbs seligkeit für-
dert und andern leuten, bevorab ewern Pfarkindern
und zuhörern, gut Exempel geben. Das wöllen wir
beneben8, das wir unsern Amptleuten, Schulthessen
und Ge-| richts Personen an allen orten befehl thun
wöllen, fleißig achtung zuhaben, damit dise Kir-
chenordnung gleichförmig gehalten werde, uns ge-
gen euch allen und jeden gentzlich versehen. Und ir
thut daran unsern ernstlichen willen und meinung.
Datum Buchßweiler, den 1. Septemb[ris], Alß man
zalt von Christi, unsers Herren und Erlösers, Ge-
burt, fünffzehen hundert siebentzig und zwey Jar.

Vorrede

Unter allen Göttlichen wercken, so dem Menschli-
chen Geschlecht zu guten geschehen, ist das höchst
und fürnemest die Predig des Evangelii und die Sa-
cramenta, Dann in disen Gottes gnad und Barm-
hertzigkeit, Item der Seelen seligkeit angeboten und
warhafftig mitgeteilt [wird]. Derwegen auch unser
lieber Herrgott gemelte Predig im Alten Testament
durch die lieben Patriarchen und Propheten, im Ne-
wen aber durch seinen Sohn selber, Item die Apostel
und folgents durch die lieben Väter Ambrosium, Au-
gustinum und dergleichen reichlichen fürtragen las-
sen. So bezeugt auch der heilige Paulus, daß dises
das fürnemeste Ampt seie | unsers Herrn Jhesu Chri-
sti zur rechten seines Vaters, nemlich, daß er auff
Erden Prediger sende9. Wie nun aber unser Herrgott
mit allem fleiß das Predigampt treibet, also ist unter
allen wercken der böse Geist keinem feinder und ge-
häßiger dann dem Wort Gottes, Predig und Sacra-
menten, dann er tag und nacht damit umbgehet, wie
er dises Wort entweder gar möge außtilgen oder ja
in verdacht und verachtung bringen, Darumb in

6 Besonders, s. FWb 3, Sp. 2206.
7 Zurückgezogenen, s. Grimm, DWb 3, Sp. 192.
8 Außerdem, auch, s. FWb 3, Sp. 1276f.
9 Auf welche Stelle in den paulinischen Briefen hier in der
Vorrede der Kirchenordnung Bezug genommen wird, ist
nicht klar. Paulus betont zwar häufig die Bedeutung der
Predigt des Evangeliums. Eine Formulierung wie in der
Vorlage findet sich dort jedoch nicht.

dann Christus einen Feind, der bösen Samen seet,
nennet10, das ist, in der Kirchen und Geistlichen we-
sen alles ubel stifftet und anricht. Daher er im Job
unter den Kindern Gottes, das ist, in der Christli-
chen Kirchen versamlung, wird gefunden11, Und im
Zacharia im new gebawten Tempel stehet, nit allein
dem leiblichen Hohen Priester, sonder unserm
Herrn Christo und seinen Engeln, so da zugegen,
widerstand zu thun fürhabens12. Derhalben hoch
von nöten, das beide13 die Prediger und weltliche
Oberkeit höchsten fleiß ankeren, damit diser böse
feind nit fürtrucken14 und sein fürnemen mit der
that, Gott und dem Menschlichem Geschlecht zu
mercklichem schaden, volbringen möge. Dann von
diser sachen wegen auch der heilige Paulus so fleißig
die Prediger vermanet, daß sie ires Ampts so trew-
lich und fleißig sollen warten, alß in Geschichten der
Apostel am 20. Capit[el] [28-30]: Habt acht auff
euch selbs und auff die gantze Herde, under welche
der Heilig Geist euch zu Bischoffen gesetzt hat, zu
weiden die Gemeine Gottes, welche er durch sein ei-

10 Mt 13,38-39.
11 Hi 1,6.
12 Sach 3,1-2.
13 Sowohl [...] als auch, s. FWb 3, Sp. 880-882.
14 Fürtrucken = vorwärts drücken, sich mit Gewalt vor-
wärts bewegen, s. Grimm, DWb 4, Sp. 722.

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