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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0102
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Grafschaft Hanau-Lichtenberg

7. Schulordnunga
1614

Unser, Grave Johann Reinhardts, Grave zu Hanaw und Zweybrücken, Herrn zu Lichtenberg und
Ochssenstein, Erbmarschalck und Obervogt zu Strassburg etc.1, Neuwe Schulordnung und Puncten,
welchen gemess die inn Unsern Grave- und Herschafften bestelten Ludimoderatores2 und Schulmeister
hin und wiedere inn ihren anbefohlenen Schuldiensten sich hinfüro verhalten sollen

Nachdem unns biss anhero von underschiedlichen
Ortten und fast allenthalben viel und mancherley
Clagen fürkommen, wass massen durch das un-
ordentliche und fahrlässige Schulhalten die blühen-
de Jugent mercklich verseumbt3 und vernachtheilt,
so seind wir Unsers obrigkeitlichen Ampts und dan-
nenhero fliessenden vetterlichen Sorgfeltigkeit hal-
ben nicht ohnzeitig verursacht worden, solchem
Mangel und Schaden endtlich mit gutem Rath zu
begegnen, auch allen Schulmeistern und Lehrkin-
dern inn Unsers Ampts Flecken diese Ordnung
fürschreiben zu lassen, darnach sie insskünfftige sich
beederseits zu richten unnd zu verhalten:
αUnnd Erstlich, weil ohn gewisse unnd fleissige In-
spection alle Leges umbsonst und vergebens, als4
sollen zu Scholarchen und Inspectorn jedes Ortts
hiemit gesetzt und verordnet sein, uber nachge-
schriebenen Puncten mit allem Eiffer und Ernst zu
halten, wie auch den examinibus persönlich beizu-

α 1. DD. Scholarchae, Visitatores, Inspectores et Exami-
natores.
β 2. Praeceptorum qualitates et preces.
a Textvorlage (Abdruck): Klein, Festschrift, S. 91-95.
1 Johann Reinhard I., * 1569 in Bitsch als Sohn Philipps
V. von Hanau-Lichtenberg und Ludovica Margarethas
von Zweibrücken-Bitsch, † 1625 in Lichtenberg, regierte
die Grafschaft Hanau-Lichtenberg von 1599 bis zu sei-
nem Tod. Johann Reinhard studierte an der Akademie in
Straßburg; danach absolvierte er eine längere Kavaliers-
tour durch mehrere europäische Länder. 1593 heiratete
er Maria Elisabeth von Hohenlohe-Neuenstein und nach
deren Tod 1605 Anna von Salm. Während seiner Regent-
schaft kam es zu einer Einigung mit Lothringen in dem
seit 1572 vor dem Reichskammergericht ausgetragenen

wohnen oder auff Belieben die Knaben selbst ex-
aminiren zu helffen, Unsere Jeder Statt oder Fle-
cken Beampten neben dem Pfarrer, der auch wo-
chentliche Visitation unfehlbarlich5 inn der Schul
halten und die Noturfft6 beides7 den Praeceptoribus
und discipulis jeder Zeit gebürlich und treulich un-
dersagen8, welchem sie zu Gehorsam verpflicht und
verbunden oder auff den wiedrigen Fall, da solches
zu Unserer Cantzlei berichtet, geburende Straff ge-
werdig sein sollen, sodann der Schultheiss, Statt-
schreiber, Kirchen- oder Amptschaffner, wie auch
Burgermeister oder Heymeier9 daselbsten, nach je-
des Orts Gelegenheit.
βFürs Ander, dieweilen in keinem Fürnemen ohne
Gottes Hülff und Beistandt etwas fruchtbarlichs
kann aussgerichtet werden, auch fromme Elttern
ihre Kinder mehrertheils Bettens halben in Schul
schicken, alss wollen wir, dass nicht allein die Prae-
ceptores für ihre Persohn der reinen unverfälschten

Streit um die lothringischen Lehen aus der Erbschaft der
Grafen von Zweibrücken-Bitsch. Mit Graf Philipp Lud-
wig II. von Hanau-Münzenberg schloß Johann Reinhard
I. 1610 einen Erbvertrag auf Gegenseitigkeit. Vgl. Leh-
mann, Urkundliche Geschichte, S. 483-495; Matt,
Cinquième centenaire, S. 68f.; Dietrich, Landes-Ver-
fassung, S. passim.
2 Lehrer der unteren Klassen.
3 Vernachlässigt, s. Grimm, DWb 25, Sp. 1045.
4 Also (so auch im folgenden).
5 Zuverlässig, unbedingt, s. Grimm, DWb 24, Sp. 532
und Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 107.
6 Das Notwendige, s. Grimm, DWb 13, Sp. 924f.
7 Sowohl [...] als auch, s. FWb 2, Sp. 880-882.
8 Mitteilen, s. Grimm, DWb 24, Sp. 1740.
9 Dorfvorsteher, s. FWb 7, Sp. 1558 und Grimm,
DWb 10, Sp. 881.

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