Einleitung
jeden der schulordnung, so wir ime uberandtworten laßen werden, gemäß verhalten solle32. Die Urkunde ist
jedoch unter den Dokumenten der „katholischen“ Schule eingeordnet, die zu diesem Zeitpunkt noch in
Rappoltsweiler bestand. Der Inhalt der Urkunde selbst läßt keine Rückschlüsse auf die „konfessionelle“
Ausrichtung der Schule zu. Von Pichler ist noch eine Eingabe erhalten, in der er um eine Aufstockung seiner
Bezüge bittet, da er und seine Frau höchste armuett unndt notturjt leiden. Die Eingabe ist unterzeichnet mit
Joannes Pichler, preceptor, bietet sonst aber, ebenso wie der kurze Brief Egenolphs, in dem einem Teil der
Forderungen entsprochen wird, keine weiteren Anhaltspunkte33.
Die Schulordnung selbst besteht aus drei Teilen: Wie in Luthers Schulschrift „An die Ratsherren“ von
1524 ist im ersten einleitenden Teil hervorgehoben, daß die Regierenden zur Ehre Gottes, zur Besserung
christlicher Zucht und zur Förderung des gemeinen Nutzen nichts Besseres tun könnten, als christliche
Schulen zu gründen. Auf die Bedeutung des Schulwesens hatte auch die Mutter Egenolphs Anna Alexan-
drina in ihrer ,,Mütterliche[n] Vermahnung“ hingewiesen34. Der zweite Teil behandelt die Person und die
Tätigkeit des Schulmeisters. Grundlegende Voraussetzungen für seine Anstellung sind das evangelische
Bekenntnis und ein guter Leumund sowie fundierte Kenntnisse in den Artes und den Sprachen, vor allem
im Lateinischen. Zu den zentralen Aufgaben des Schulmeisters gehört die Vermittlung des Katechismus.
Dem Katechismusunterricht sind vor allem der Samstag und Sonntag gewidmet. Am Sonntag findet der
Unterricht dabei während der Zeit statt, in der in der Stadtkirche das Hochamt abgehalten wird. Welcher
Katechismus dem Unterricht zugrunde liegt, ist nicht ausgeführt35. Für den Fall, daß in der Pfarrei zukünf-
tig evangelischer Gottesdienst gehalten wird, soll der Schulmeister mit den Schülern daran teilnehmen und
den Gesang gestalten. Die Besoldung des Schulmeisters erfolgt aus den Kirchengütern36. Der dritte Teil der
Ordnung enthält den Revers des Schulmeisters. Neben allgemeinen Zusagen wie der Tätigkeit nach Ausweis
der Hl. Schrift, der christlichen Lebensführung und dem Wirken zum Nutzen der Herrschaft, muß sich der
Kandidat ausdrücklich verpflichten, von allen Rotten und Sekten Abstand zu halten, wohl eine Folge des
zahlreichen Auftretens von Täufern in der Herrschaft Rappoltstein.
III. Die französische Fremdengemeinde im Lebertal
Nach dem Aussterben der Herren von Eckerich 1381 wurde das Lebertal (Val de Lièpvre) zwischen den
Herzögen von Lothringen und den Herren von Rappoltstein aufgeteilt, wobei die Flüsse Lièpvrette und
Liverselle die Grenze bildeten. Das nördlich der beiden Flüsse gelegene Gebiet fiel an das Herzogtum
Lothringen, das südlich davon gelegene an Rappoltstein37. Anfang des 16. Jh. wurde der Silberbergbau im
Lebertal wieder aufgenommen38. Zählten die Dörfer des Tals bis dahin nur wenige Häuser, stieg ihre Ein-
wohnerzahl in den folgenden Jahren durch die zuwandernden Bergleute rasch sprunghaft an. Die Bergleute
kamen überwiegend aus Lothringen und anderen angrenzenden Gebieten. Unter den aus weiter entfernt
32 AD Haut-Rhin E 1630.
33 AD Haut-Rhin E 1630.
34 Vgl. Stehle, Schulleben, S. 5. Zu der ,,Mütterliche[n]
Vermahnung“ s. oben S. 94.
35 Auch bei Ernst / Adam, Katechetische Geschichte,
S. 254-257 finden sich dazu keine Hinweise.
36 Zur Höhe der Besoldung des Schulmeisters gibt der
Revers keine Auskunft. Nach der Bestallungsurkunde
Pichlers betrugen die Einkünfte des Schulmeisters ins-
gesamt 48 Gulden im Jahr. Hinzu kamen Naturalein-
künfte an Korn, Gerste und Wein sowie freie Wohnung.
Wie im Revers ist auch in der Bestallungsurkunde eine
vierteljährliche „Kündigungsfrist“ vorgesehen.
37 Vgl. Brieger, Herrschaft Rappoltstein, S. 53f.
38 Zur Geschichte des Bergbaus im Lebertal (die erste Mine
wurde im Jahr 1506 neu eröffnet) vgl. Eugène Muh-
lenbeck, Histoire des mines de Sainte-Marie, côté
d’Alsace, Markirch 1898; Jacques Grandemange,
Les mines d’argent du duché de Lorraine au XVIe siècle.
Histoire et archéologie du Val de Lièpvre, Haut-Rhin,
Paris 1991 sowie Jordan, Noblesse, S. 80-83.
97
jeden der schulordnung, so wir ime uberandtworten laßen werden, gemäß verhalten solle32. Die Urkunde ist
jedoch unter den Dokumenten der „katholischen“ Schule eingeordnet, die zu diesem Zeitpunkt noch in
Rappoltsweiler bestand. Der Inhalt der Urkunde selbst läßt keine Rückschlüsse auf die „konfessionelle“
Ausrichtung der Schule zu. Von Pichler ist noch eine Eingabe erhalten, in der er um eine Aufstockung seiner
Bezüge bittet, da er und seine Frau höchste armuett unndt notturjt leiden. Die Eingabe ist unterzeichnet mit
Joannes Pichler, preceptor, bietet sonst aber, ebenso wie der kurze Brief Egenolphs, in dem einem Teil der
Forderungen entsprochen wird, keine weiteren Anhaltspunkte33.
Die Schulordnung selbst besteht aus drei Teilen: Wie in Luthers Schulschrift „An die Ratsherren“ von
1524 ist im ersten einleitenden Teil hervorgehoben, daß die Regierenden zur Ehre Gottes, zur Besserung
christlicher Zucht und zur Förderung des gemeinen Nutzen nichts Besseres tun könnten, als christliche
Schulen zu gründen. Auf die Bedeutung des Schulwesens hatte auch die Mutter Egenolphs Anna Alexan-
drina in ihrer ,,Mütterliche[n] Vermahnung“ hingewiesen34. Der zweite Teil behandelt die Person und die
Tätigkeit des Schulmeisters. Grundlegende Voraussetzungen für seine Anstellung sind das evangelische
Bekenntnis und ein guter Leumund sowie fundierte Kenntnisse in den Artes und den Sprachen, vor allem
im Lateinischen. Zu den zentralen Aufgaben des Schulmeisters gehört die Vermittlung des Katechismus.
Dem Katechismusunterricht sind vor allem der Samstag und Sonntag gewidmet. Am Sonntag findet der
Unterricht dabei während der Zeit statt, in der in der Stadtkirche das Hochamt abgehalten wird. Welcher
Katechismus dem Unterricht zugrunde liegt, ist nicht ausgeführt35. Für den Fall, daß in der Pfarrei zukünf-
tig evangelischer Gottesdienst gehalten wird, soll der Schulmeister mit den Schülern daran teilnehmen und
den Gesang gestalten. Die Besoldung des Schulmeisters erfolgt aus den Kirchengütern36. Der dritte Teil der
Ordnung enthält den Revers des Schulmeisters. Neben allgemeinen Zusagen wie der Tätigkeit nach Ausweis
der Hl. Schrift, der christlichen Lebensführung und dem Wirken zum Nutzen der Herrschaft, muß sich der
Kandidat ausdrücklich verpflichten, von allen Rotten und Sekten Abstand zu halten, wohl eine Folge des
zahlreichen Auftretens von Täufern in der Herrschaft Rappoltstein.
III. Die französische Fremdengemeinde im Lebertal
Nach dem Aussterben der Herren von Eckerich 1381 wurde das Lebertal (Val de Lièpvre) zwischen den
Herzögen von Lothringen und den Herren von Rappoltstein aufgeteilt, wobei die Flüsse Lièpvrette und
Liverselle die Grenze bildeten. Das nördlich der beiden Flüsse gelegene Gebiet fiel an das Herzogtum
Lothringen, das südlich davon gelegene an Rappoltstein37. Anfang des 16. Jh. wurde der Silberbergbau im
Lebertal wieder aufgenommen38. Zählten die Dörfer des Tals bis dahin nur wenige Häuser, stieg ihre Ein-
wohnerzahl in den folgenden Jahren durch die zuwandernden Bergleute rasch sprunghaft an. Die Bergleute
kamen überwiegend aus Lothringen und anderen angrenzenden Gebieten. Unter den aus weiter entfernt
32 AD Haut-Rhin E 1630.
33 AD Haut-Rhin E 1630.
34 Vgl. Stehle, Schulleben, S. 5. Zu der ,,Mütterliche[n]
Vermahnung“ s. oben S. 94.
35 Auch bei Ernst / Adam, Katechetische Geschichte,
S. 254-257 finden sich dazu keine Hinweise.
36 Zur Höhe der Besoldung des Schulmeisters gibt der
Revers keine Auskunft. Nach der Bestallungsurkunde
Pichlers betrugen die Einkünfte des Schulmeisters ins-
gesamt 48 Gulden im Jahr. Hinzu kamen Naturalein-
künfte an Korn, Gerste und Wein sowie freie Wohnung.
Wie im Revers ist auch in der Bestallungsurkunde eine
vierteljährliche „Kündigungsfrist“ vorgesehen.
37 Vgl. Brieger, Herrschaft Rappoltstein, S. 53f.
38 Zur Geschichte des Bergbaus im Lebertal (die erste Mine
wurde im Jahr 1506 neu eröffnet) vgl. Eugène Muh-
lenbeck, Histoire des mines de Sainte-Marie, côté
d’Alsace, Markirch 1898; Jacques Grandemange,
Les mines d’argent du duché de Lorraine au XVIe siècle.
Histoire et archéologie du Val de Lièpvre, Haut-Rhin,
Paris 1991 sowie Jordan, Noblesse, S. 80-83.
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