Einleitung
Andreas Karlstadt zu weiteren Gesprächen nach Straßburg. Grund war das kritische Gutachten, das Gry-
näus und Myconius im Auftrag des Basler Magistrats zur Wittenberger Konkordie und zur „Declaratio“
verfaßt hatten. Zu dieser Kritik nahmen Bucer und Capito in der „Erlüterung der Witembergischen Artick-
len“ Stellung, die den beiden Basler Theologen auf der Rückreise mitgegeben wurde151
Am 24. September fand in Basel eine Versammlung der eidgenössischen Orte zur Wittenberger Kon-
kordie statt; an ihr nahm auch Mülhausen mit Geschmus und Wagner teil152; ebenfalls in Basel vertreten
waren die Städte Straßburg und Konstanz. Bucer und Capito berichteten über die Verhandlungen in Wit-
tenberg und erläuterten nochmals ausführlich die Formulierungen zum Abendmahl in der Konkordie. Ihr
Bericht ist überliefert unter dem Titel „Fürtrag der diener des worts zu Straspurg“. Da es aufgrund des
Widerstands der Zürcher und Berner Delegierten zu keiner einheitlichen Stellungnahme kam, beschloß
man, die Angelegenheit den jeweiligen Magistraten vorzulegen und sich am 14. November erneut zu treffen.
Kurz vor der neuen Tagsatzung, am 9. November, kam es in Mülhausen vor dem Magistrat zu Ver-
handlungen über die Stellungnahme der Stadt zur Wittenberger Konkordie. In dem von dem Prädikanten
Konrad Has, dem Nachfolger von Johannes Augsburger, verfaßten Memorandum153, erklärte sich Mülhau-
sen zur Annahme der Konkordie bereit, wenn sie gemäß der von den Straßburger Theologen verfaßten
„Declaratio articulorum germanica“ verstanden werde. Einen Widerspruch der Konkordie und der „Decla-
ratio“ zu der im Frühjahr beschlossenen Confessio Helvetica prior konnten die Mülhauser nicht entdecken.
Obwohl Martin Bucer in der Schrift „Zwischen frommen und verstendigen lüten“ nochmals ausführ-
licher als in der „Declaratio“ die Übereinstimmung der Wittenberger Konkordie mit den Auffassungen
Zwinglis und Oekolampads aufzuzeigen versuchte154, fand er auf der Tagsatzung in Basel am 14. November
kein Gehör. Vor allem Heinrich Bullinger riet von einer Annahme der Konkordie ab. Zu einer offiziellen
Stellungnahme kam es aber erst in dem Brief, den die Schweizer am 12. Januar 1537 über Straßburg an
Luther sandten. In diesem erklärten sie ihr Nein zur Wittenberger Konkordie155.
13. Mandat zur Predigt des Evangeliums und zur Unterbindung verschiedener Mißbräuche, 12. Januar
1537 (Text S. 227)
Der Ratserlaß vom 12. Januar 1537 setzt sich zum einen aus dem Mandat zur Predigt des Evangeliums
vom 25. bzw. 29. Juli 1523 (Nr. 1) und zum anderen aus der Zuchtordnung vom Ende 1523 bzw. Anfang
1524 (Nr. 2) zusammen. Der Text des Mandats von 1523 ist dabei gestrafft und an die neue kirchliche
Situation angepaßt worden. So richtet sich die Weisung zur Predigt des Evangeliums nun an die vom Rat in
ihr Amt berufenen Prädikanten und Diakone, und nicht mehr an lütpriester [...], andere priester unnd ordens-
lüt, so sich [...] predigens underziehen. Anstelle der Verteidigung ihrer Auslegung in offner disputation sind die
Geistlichen nun zur Rechtfertigung ihrer Lehre gegenüber dem Rat verpflichtet.
Sehr viel größer als beim ersten Teil des Erlasses sind die Abweichungen gegenüber der Vorlage beim
zweiten Teil. Vollkommen neu gestaltet ist die Einleitung. In dieser werden die unterschiedlichen Laster auf
das Wirken des Satans zurückgeführt. Auch die Warnung vor dem Zorn Gottes steht noch nicht in der alten
Zuchtordnung. Überhaupt spielt die Angst vor dem zürnenden Gott in dem Erlaß von 1537 eine große
Rolle. Neu ist auch das völlige Verbot des Spiels um Geld. Dagegen fehlt in dem Mandat von 1537 der
Abschnitt über den Ehebruch und das Konkubinat. Diese Vergehen waren aber in der erst einige Jahre
zuvor erlassenen Eheordnung ausführlich behandelt worden (Nr. 11).
nüws in, sunder ist inn Oecolampadii und Zwinglii schriff-
ten, auch der vier Stedt bekanntnüß [...] begriffen [...], für-
nemlich aber ingelibet der Basler bekanntnüß, so durch die
Botten und predicanten der Evangelischen Stedt angesetzt
ist im Hornung dises XXXVI jars.
151 Abdruck der Stellungnahme ebd., S. 217-226.
152 Das Einladungsschreiben an Mülhausen zur Basler Tag-
satzung in Mieg, Réforme, S. 137f.
153 Vgl. Mieg, Réforme, S. 140. Zu Konrad Has s. ebd.,
S.131-133.
154 Bucer, Deutsche Schriften 6,1, S. 240-257.
155 Vgl. Luther, WA Briefe 12, S. 241-246.
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Andreas Karlstadt zu weiteren Gesprächen nach Straßburg. Grund war das kritische Gutachten, das Gry-
näus und Myconius im Auftrag des Basler Magistrats zur Wittenberger Konkordie und zur „Declaratio“
verfaßt hatten. Zu dieser Kritik nahmen Bucer und Capito in der „Erlüterung der Witembergischen Artick-
len“ Stellung, die den beiden Basler Theologen auf der Rückreise mitgegeben wurde151
Am 24. September fand in Basel eine Versammlung der eidgenössischen Orte zur Wittenberger Kon-
kordie statt; an ihr nahm auch Mülhausen mit Geschmus und Wagner teil152; ebenfalls in Basel vertreten
waren die Städte Straßburg und Konstanz. Bucer und Capito berichteten über die Verhandlungen in Wit-
tenberg und erläuterten nochmals ausführlich die Formulierungen zum Abendmahl in der Konkordie. Ihr
Bericht ist überliefert unter dem Titel „Fürtrag der diener des worts zu Straspurg“. Da es aufgrund des
Widerstands der Zürcher und Berner Delegierten zu keiner einheitlichen Stellungnahme kam, beschloß
man, die Angelegenheit den jeweiligen Magistraten vorzulegen und sich am 14. November erneut zu treffen.
Kurz vor der neuen Tagsatzung, am 9. November, kam es in Mülhausen vor dem Magistrat zu Ver-
handlungen über die Stellungnahme der Stadt zur Wittenberger Konkordie. In dem von dem Prädikanten
Konrad Has, dem Nachfolger von Johannes Augsburger, verfaßten Memorandum153, erklärte sich Mülhau-
sen zur Annahme der Konkordie bereit, wenn sie gemäß der von den Straßburger Theologen verfaßten
„Declaratio articulorum germanica“ verstanden werde. Einen Widerspruch der Konkordie und der „Decla-
ratio“ zu der im Frühjahr beschlossenen Confessio Helvetica prior konnten die Mülhauser nicht entdecken.
Obwohl Martin Bucer in der Schrift „Zwischen frommen und verstendigen lüten“ nochmals ausführ-
licher als in der „Declaratio“ die Übereinstimmung der Wittenberger Konkordie mit den Auffassungen
Zwinglis und Oekolampads aufzuzeigen versuchte154, fand er auf der Tagsatzung in Basel am 14. November
kein Gehör. Vor allem Heinrich Bullinger riet von einer Annahme der Konkordie ab. Zu einer offiziellen
Stellungnahme kam es aber erst in dem Brief, den die Schweizer am 12. Januar 1537 über Straßburg an
Luther sandten. In diesem erklärten sie ihr Nein zur Wittenberger Konkordie155.
13. Mandat zur Predigt des Evangeliums und zur Unterbindung verschiedener Mißbräuche, 12. Januar
1537 (Text S. 227)
Der Ratserlaß vom 12. Januar 1537 setzt sich zum einen aus dem Mandat zur Predigt des Evangeliums
vom 25. bzw. 29. Juli 1523 (Nr. 1) und zum anderen aus der Zuchtordnung vom Ende 1523 bzw. Anfang
1524 (Nr. 2) zusammen. Der Text des Mandats von 1523 ist dabei gestrafft und an die neue kirchliche
Situation angepaßt worden. So richtet sich die Weisung zur Predigt des Evangeliums nun an die vom Rat in
ihr Amt berufenen Prädikanten und Diakone, und nicht mehr an lütpriester [...], andere priester unnd ordens-
lüt, so sich [...] predigens underziehen. Anstelle der Verteidigung ihrer Auslegung in offner disputation sind die
Geistlichen nun zur Rechtfertigung ihrer Lehre gegenüber dem Rat verpflichtet.
Sehr viel größer als beim ersten Teil des Erlasses sind die Abweichungen gegenüber der Vorlage beim
zweiten Teil. Vollkommen neu gestaltet ist die Einleitung. In dieser werden die unterschiedlichen Laster auf
das Wirken des Satans zurückgeführt. Auch die Warnung vor dem Zorn Gottes steht noch nicht in der alten
Zuchtordnung. Überhaupt spielt die Angst vor dem zürnenden Gott in dem Erlaß von 1537 eine große
Rolle. Neu ist auch das völlige Verbot des Spiels um Geld. Dagegen fehlt in dem Mandat von 1537 der
Abschnitt über den Ehebruch und das Konkubinat. Diese Vergehen waren aber in der erst einige Jahre
zuvor erlassenen Eheordnung ausführlich behandelt worden (Nr. 11).
nüws in, sunder ist inn Oecolampadii und Zwinglii schriff-
ten, auch der vier Stedt bekanntnüß [...] begriffen [...], für-
nemlich aber ingelibet der Basler bekanntnüß, so durch die
Botten und predicanten der Evangelischen Stedt angesetzt
ist im Hornung dises XXXVI jars.
151 Abdruck der Stellungnahme ebd., S. 217-226.
152 Das Einladungsschreiben an Mülhausen zur Basler Tag-
satzung in Mieg, Réforme, S. 137f.
153 Vgl. Mieg, Réforme, S. 140. Zu Konrad Has s. ebd.,
S.131-133.
154 Bucer, Deutsche Schriften 6,1, S. 240-257.
155 Vgl. Luther, WA Briefe 12, S. 241-246.
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