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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0196
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Mülhausen

14. Bekenntnis der Stadt Mülhausen, [21. Januar ?] 1537 (Text S. 229)
Das Bekenntnis der Stadt Mülhausen fußt auf dem Bekenntnis, das Bürgermeister und Rat von Basel am
21. Januar 1534 veröffentlicht hatten. Verfasser des „Bekannthnus unsers heyligen christenlichen gloubens,
wie es die kylch zu Basel haldt“ war Oswald Myconius, der 1532 die Nachfolge Oekolampads als Antistes
angetreten hatte. Myconius griff dabei aber vermutlich auf einen Entwurf Oekolampads zurück156.
Das Basler Bekenntnis von 1534 umfaßt 12 Artikel, die mit Bibelstellen und einigen erläuternden
Glossen versehen sind157. Auf dem Titelblatt sind programmatisch die Stellen aus Röm 1,16 und 10,10
abgedruckt, in denen es um die Rechtfertigung des Sünders aus Glauben geht. Eingeleitet wird das
Bekenntnis durch eine Vorrede von Bürgermeister und Rat. Die Darlegung des ersten Artikels „Von Gott“
lehnt sich an das Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum an. Aus Gottes Schöpfertätigkeit wird seine
Vorsehung gefolgert. Vor Erschaffung der Welt hat Gott diejenigen erwählt, die er mit der ewigen Seligkeit
begaben will. Der Art. 2 „Von dem menschen“ ist eine Erläuterung zur Lehre von der Erbsünde. Nur durch
die Wirkung des Hl. Geistes ist es dem Menschen möglich, Gutes zu tun. Eine völlige Verderbnis der
menschlichen Natur wird aber nicht behauptet, sondern lediglich deren Schwächung. Der Art. 4 „Von
Christus“ beruht auf dem Chalcedonense. Der Tod Christi wird als Selbstaufopferung, als Genugtuung und
Versöhnung sowie als Überwindung der Welt, des Todes und der Hölle aufgefaßt. Zur Abwehr der Lehre von
der leiblichen Gegenwart Christi in Brot und Wein ist die leibliche Himmelfahrt hervorgehoben. In Art. 6
„Von dem Nachtmal“ wird die Verwandlung von Brot und Wein verworfen: Wie das Taufwasser Wasser
bleibt, bleiben Brot und Wein im Abendmahl weiterhin Brot und Wein. Der wahre Leib und das wahre Blut
werden im Abendmahl nur fürbildet. Abgelehnt wird die Manducatio impiorum. Der Art. 7 „Vom bruch des
bannes“ will Personen, die durch ihr Verhalten Anlaß zu öffentlichem Ärgernis geben, in Gegenwart der
Gemeinde von den Sakramenten ausschließen. Ziel des Bannes ist jedoch nicht die Bestrafung, sondern die
Besserung des Sünders. In Art. 11 „Von gebott und nit gebot“ sind altgläubige Traditionen aufgeführt, die,
weil Christus sie nicht befohlen hat, abgeschafft werden sollen. Dazu zählen die Ohrenbeichte, die Anbetung
der Heiligen, die Bilder sowie die Feiertage158.
Anstelle des Basler Wappens mit dem Krummstab findet sich auf dem Titelblatt des Drucks des Mül-
hauser Bekenntnisses das Wappen mit dem Mühlrad. Sonst wird das Titelblatt übernommen. Die Vorrede
entspricht der Vorrede des Basler Bekenntnisses, sieht man einmal davon ab, daß anstelle der Basler Amts-
träger Bürgermeister und Räte der Stadt Mülhausen genannt werden und als Jahr der Einführung der
Reformation nicht das Jahr 1529, sondern das Jahr 1528 erscheint. Wie eng die Anlehnung an die Basler
Vorlage ist, zeigt sich auch darin, daß das Datum der dortigen Inkraftsetzung, der 21. Januar, einfach
übernommen wird159.
Im Unterschied zum Basler Bekenntnis besitzt das Mülhauser aber nur elf Artikel. Ausgelassen worden
ist der Art. 7 über den Bann160. Noch in einem weiteren Punkt weicht das Mülhauser Bekenntnis vom
Basler ab. In den Artikel „Von gebott und nit gebott“ ist ein kleiner, typographisch hervorgehobener Absatz
zu den Heiligen eingefügt: Darin werden die Heiligen als „Mitregierer Christi“ bezeichnet. Wegen ihres
Bekenntnisses zu Christus sollen sie, als die begnadeten von Gott und yetz erben des ewigen rychs, gerühmt
werden, jedoch zur Ehre Gottes und Christi.

156 Vgl. Stauffer, Basler Bekenntnis, S. 28f. Das Basler
Bekenntnis war das symbolische Buch der Basler Kir-
che: Bis 1826 wurde es den Gemeinden jedes Jahr vorge-
lesen; bis 1871 mußten sich die Basler Pfarrer auf dieses
Bekenntnis verpflichten (vgl. Ehrensperger, Gottes-
dienst, S. 136).
157 Während der Amtszeit von Simon Sulzer als Antistes
(1553-1586) wurden diese als reformiert geltenden

Randtexte weggelassen, unter Johann Jakob Grynäus
dann aber wieder aufgenommen.
158 Vgl. Stauffer, Basler Bekenntnis, S. 29-39; Ehrens-
perger, Gottesdienst, S. 133-135.
159 Siehe dazu Nr. 14, Anm. 1.
160 Zum Bann und der Auseinandersetzung um ihn vgl. auch
Nr. 15.

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