Einleitung
Das Bekenntnis ist unterzeichnet vom Stadtschreiber Viacrius Vinck, war also ein offizieller Erlaß des
Mülhauser Magistrats. Ein Nichtbefolgen des Bekenntnisses wurde entsprechend als Ungehorsam gegen die
Obrigkeit geahndet. Wie in Basel dürfte es auch in Mülhausen jedes Jahr durch die Pfarrer von den
Kanzeln verlesen worden sein. Die einzelnen Artikel des Bekenntnisses wurden darüber hinaus in Predigten
erläutert und vertieft161. Das Bekenntnis war auch Bestandteil des Mülhauser Katechismus von 1580 und
damit Inhalt des kirchlichen Unterrichts (s. unten Nr. 23)162.
15. Stellungnahme der Geistlichen zu der ihnen vorgelegten Basler Synodalordnung, 25. Dezember 1540
(Text S. 235)
Auf seiten des Mülhauser Rates bestand der Wunsch nach Durchführung einer Synode. Auf dieser Ver-
sammlung sollte über geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Mißstände in der Kirche gesprochen
werden. Als Grundlage wollte der Rat die Basler Synodalordnung übernehmen. Diese Ordnung legte er den
Geistlichen zur Prüfung vor. Da von den Pfarrern und Diakonen Einwände gegen die vorliegende Gestalt
der Ordnung vorgetragen wurden, bat der Rat sie um eine schriftliche Stellungnahme. Diese legte die
Mülhauser Geistlichkeit am 25. Dezember 1540 in einem fünf Punkte umfassenden Papier vor. In diesem
übten die Geistlichen grundsätzliche Kritik an der Entwicklung der Synode und des Kirchenbanns im
benachbarten Basel.
In der Basler Reformationsordnung vom 1. April 1529163 war die Abhaltung von zwei Synoden im Jahr
vorgesehen gewesen. Diese sollten jeweils acht Tage nach Ostern und an Martini abgehalten und von den
Leutpriestern und Diakonen der Gemeinden der Stadt und der Landschaft besucht werden. Auf den Syn-
oden sollten Lehre und Lebensführung der Geistlichen durch vom Rat ernannte „Examinatoren“ geprüft
werden. Bei den Examinatoren handelte es sich zum einen um Theologieprofessoren der Universität (sie
nahmen die Prüfung der Lehre vor) und zum anderen um Mitglieder des Rates (sie übten die Aufsicht über
die Lebensführung der Geistlichen aus)164. Besonderen Wert legte der Basler Rat darauf, daß während der
Synoden nur kirchliche Fragen zur Sprache kamen, aber keine weltlichen Angelegenheiten behandelt wur-
den165.
Die erste nach dieser Ordnung abgehaltene Synode fand am 11. Mai 1529 im Basler Augustinerkloster
statt. Bei dieser wurde eine Prüfung der gesamten Pfarrerschaft vorgenommen166. Ein zentrales Thema der
Verhandlungen war der Kirchenbann, dessen Einführung ein großes Anliegen von Johannes Oekolampad
gewesen war. Nach den Vorstellungen Oekolampads sollte der Kirchenbann ausschließlich in kirchlicher
Verantwortung liegen167. In der Reformationsordnung war im Abschnitt über die Feier des Abendmahls
entsprechend eine Bestrafung der von der kirchlichen Lehre abweichenden oder durch ihre Lebensführung
Ärgernis erregenden Gemeindeglieder durch die Leutpriester und Diakone vorgesehen. Die Geistlichen soll-
ten diese zunächst zweimal brüderlich ermahnen und warnen. Erst wenn sie in ihrer Sünde verharrten, sollte
der Bann über sie verhängt werden und der Ausschluß vom Abendmahl erfolgen168.
Die Probleme bei der Durchführung des Bannes und die Widerstände innerhalb der Bürgerschaft gegen
die erneuerte „Pfaffenherrschaft“169 veranlaßten den Basler Rat im Dezember 1530 schließlich zu einer
Neufassung der Bannordnung170: In jeder der vier Pfarreien der Stadt sollten fortan drei fromm, eerlich [...]
161 Vgl. Ehrensperger, Gottesdienst, S. 132 und 136.
162 Zu den Drucken vgl. Hagenbach, Kritische Ge-
schichte, passim.
163 Zur Basler Reformationsordnung und ihrer Übernahme
durch Mülhausen vgl. oben Nr. 10.
164 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 473, S. 386f.
165 Vgl. das Zitat in Ehrensperger, Gottesdienst, S. 130:
dass [...] allein kilchensachen und nit weltlich geschäft trac-
tiert und angebracht werden.
166 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 558, S. 468.
167 Zur Entwicklung von Oekolampads Lehre von der Kir-
chenzucht und vom Bann vgl. Kuhr, Macht des Ban-
nes, S. 81-158.
168 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 473, S. 394f.
169 Vgl. Kuhr, Macht des Bannes, S. 183.
170 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 5, Nr. 78, S. 64-66.
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Das Bekenntnis ist unterzeichnet vom Stadtschreiber Viacrius Vinck, war also ein offizieller Erlaß des
Mülhauser Magistrats. Ein Nichtbefolgen des Bekenntnisses wurde entsprechend als Ungehorsam gegen die
Obrigkeit geahndet. Wie in Basel dürfte es auch in Mülhausen jedes Jahr durch die Pfarrer von den
Kanzeln verlesen worden sein. Die einzelnen Artikel des Bekenntnisses wurden darüber hinaus in Predigten
erläutert und vertieft161. Das Bekenntnis war auch Bestandteil des Mülhauser Katechismus von 1580 und
damit Inhalt des kirchlichen Unterrichts (s. unten Nr. 23)162.
15. Stellungnahme der Geistlichen zu der ihnen vorgelegten Basler Synodalordnung, 25. Dezember 1540
(Text S. 235)
Auf seiten des Mülhauser Rates bestand der Wunsch nach Durchführung einer Synode. Auf dieser Ver-
sammlung sollte über geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Mißstände in der Kirche gesprochen
werden. Als Grundlage wollte der Rat die Basler Synodalordnung übernehmen. Diese Ordnung legte er den
Geistlichen zur Prüfung vor. Da von den Pfarrern und Diakonen Einwände gegen die vorliegende Gestalt
der Ordnung vorgetragen wurden, bat der Rat sie um eine schriftliche Stellungnahme. Diese legte die
Mülhauser Geistlichkeit am 25. Dezember 1540 in einem fünf Punkte umfassenden Papier vor. In diesem
übten die Geistlichen grundsätzliche Kritik an der Entwicklung der Synode und des Kirchenbanns im
benachbarten Basel.
In der Basler Reformationsordnung vom 1. April 1529163 war die Abhaltung von zwei Synoden im Jahr
vorgesehen gewesen. Diese sollten jeweils acht Tage nach Ostern und an Martini abgehalten und von den
Leutpriestern und Diakonen der Gemeinden der Stadt und der Landschaft besucht werden. Auf den Syn-
oden sollten Lehre und Lebensführung der Geistlichen durch vom Rat ernannte „Examinatoren“ geprüft
werden. Bei den Examinatoren handelte es sich zum einen um Theologieprofessoren der Universität (sie
nahmen die Prüfung der Lehre vor) und zum anderen um Mitglieder des Rates (sie übten die Aufsicht über
die Lebensführung der Geistlichen aus)164. Besonderen Wert legte der Basler Rat darauf, daß während der
Synoden nur kirchliche Fragen zur Sprache kamen, aber keine weltlichen Angelegenheiten behandelt wur-
den165.
Die erste nach dieser Ordnung abgehaltene Synode fand am 11. Mai 1529 im Basler Augustinerkloster
statt. Bei dieser wurde eine Prüfung der gesamten Pfarrerschaft vorgenommen166. Ein zentrales Thema der
Verhandlungen war der Kirchenbann, dessen Einführung ein großes Anliegen von Johannes Oekolampad
gewesen war. Nach den Vorstellungen Oekolampads sollte der Kirchenbann ausschließlich in kirchlicher
Verantwortung liegen167. In der Reformationsordnung war im Abschnitt über die Feier des Abendmahls
entsprechend eine Bestrafung der von der kirchlichen Lehre abweichenden oder durch ihre Lebensführung
Ärgernis erregenden Gemeindeglieder durch die Leutpriester und Diakone vorgesehen. Die Geistlichen soll-
ten diese zunächst zweimal brüderlich ermahnen und warnen. Erst wenn sie in ihrer Sünde verharrten, sollte
der Bann über sie verhängt werden und der Ausschluß vom Abendmahl erfolgen168.
Die Probleme bei der Durchführung des Bannes und die Widerstände innerhalb der Bürgerschaft gegen
die erneuerte „Pfaffenherrschaft“169 veranlaßten den Basler Rat im Dezember 1530 schließlich zu einer
Neufassung der Bannordnung170: In jeder der vier Pfarreien der Stadt sollten fortan drei fromm, eerlich [...]
161 Vgl. Ehrensperger, Gottesdienst, S. 132 und 136.
162 Zu den Drucken vgl. Hagenbach, Kritische Ge-
schichte, passim.
163 Zur Basler Reformationsordnung und ihrer Übernahme
durch Mülhausen vgl. oben Nr. 10.
164 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 473, S. 386f.
165 Vgl. das Zitat in Ehrensperger, Gottesdienst, S. 130:
dass [...] allein kilchensachen und nit weltlich geschäft trac-
tiert und angebracht werden.
166 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 558, S. 468.
167 Zur Entwicklung von Oekolampads Lehre von der Kir-
chenzucht und vom Bann vgl. Kuhr, Macht des Ban-
nes, S. 81-158.
168 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 473, S. 394f.
169 Vgl. Kuhr, Macht des Bannes, S. 183.
170 Vgl. Dürr / Roth, Aktensammlung 5, Nr. 78, S. 64-66.
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