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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0199
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Einleitung

17. Zuchtordnung, 12. November 1545 (Text S. 245)
Die im November 1545 vom Rat beschlossene und im Anschluß daran gedruckte Zuchtordnung greift
einzelne Punkte aus dem „Mandat zur Predigt des Evangeliums und zur Unterbindung verschiedener Miß-
bräuche“ von 1537 (Nr. 13) sowie aus dem „Beschluß zur Aufrichtung einer christlichen Ordnung“ von 1541
(Nr. 16) wieder auf. So stammen die ersten drei Artikel der Zuchtordnung zur Gotteslästerung, zum Zutrin-
ken und zum Spiel aus dem Mandat von 1537. Neu ist aber, daß neben die Bestrafung für eine Gottes-
lästerung noch eine Bußhandlung in Form eines öffentlichen Bekenntnisses im Gottesdienst tritt. Im Unter-
schied zur alten Ordnung wird das Spielen jetzt mit Gefängnis bestraft. Auf seiten der Bürger war wohl der
Vorwurf laut geworden, daß die Strafen nur zur Aufbesserung der Stadtkasse verhängt würden. Neben den
Spielern werden auch die Wirte und Stubenknechte bestraft, in deren Häusern das Spiel stattfindet. Neu ist
das Verbot des Wettens. Offenbar war von den Bürgern als Ersatz für das verbotene Spielen um Geld das
Wetten entdeckt worden. Nachdrücklich warnt die Zuchtordnung vor den verhängnisvollen sozialen Folgen
beider. In dem „Beschluß zur Aufrichtung einer christlichen Ordnung“ von 1541 war bei der Abendzeche
nur das Trinken eingeschränkt worden. In der Zuchtordnung wird hingegen jetzt auch die Ausgabe
bestimmter Speisen untersagt. Die Zunft- und Stubenknechte müssen die Gäste anzeigen, welche sich trotz
der Ermahnungen nicht an die Ordnung halten176. Überhaupt sind alle Amtsträger zur Mitteilung von
Vergehen verpflichtet, um das Böse von der Stadt abzuwenden.

18. Eide der Prädikanten und des Schulmeisters, 1551 (Text S. 248)
1551 wurde vom Mülhauser Stadtschreiber Ulrich Wieland177 ein neues „Ordnung- und eidtbuch des rhadts
und aller amptern“ angelegt, da das alte, 1431 begonnene Buch am 31. Januar 1551 beim Brand des
Rathauses ein Raub der Flammen geworden war. Das Buch enthält die Eide der verschiedenen städtischen
Amtsträger und städtischen Dienstleute (Torwächter, Fleisch- und Fischbeschauer etc.). Hinzu kommt eine
Reihe von Ordnungen, etwa für das Spital, den Stadtarzt oder den Apotheker. 1599 begann der Stadt-
schreiber Hans Georg Zichle178 mit der Einrichtung eines neuen Buches. Dieses trägt den Titel „Renoviert
Articul-büech der statt Mülhausen im obern Elsaß, darin außfüerlicher bericht, anzeig und ordnung zufin-
den“ und ist ähnlich aufgebaut wie das aus dem Jahr 1551179.
In den beiden Bänden sind die Eide der Prädikanten sowie des Schulmeisters und seines Gehilfen
enthalten. Zwischen den Eiden gibt es, was den Aufbau anbelangt, gewisse Parallelen: So werden sowohl die
Prädikanten als auch die Lehrer zunächst zum Gehorsam gegenüber dem Bürgermeister und Rat, zum
Wirken für den Nutzen und die Wohlfahrt der Stadt sowie zur Abwendung von Gefahren von dieser ver-
pflichtet. Erst dann erfolgt die Verpflichtung auf die treuliche Erfüllung der mit ihrem Amt verbundenen
Aufgaben. Auch der Gehorsam gegenüber den städtischen Mandaten und Ordnungen findet sich in beiden
Eiden180.
Wenn man den Zürcher Prädikanteneid aus dem Jahr 1528181 zum Vergleich heranzieht, so ist der
Mülhauser Eid beträchtlich länger. Steht beim Zürcher Eid die Treue gegenüber dem Evangelium in Lehre

176 Zu den Stuben und dem dort geltenden Recht vgl. Moe-
der, Institutions, S. 114. Demnach hatte jedes Zunft-
mitglied das Recht, zusammen mit seinen Kollegen und
Freunden auf der Stube zu essen, zu trinken und zu spie-
len.
177 Zu Ulrich Wieland(t) s. oben Anm. 141.
178 Hans Georg Zichle stammte aus Basel, besaß aber das
Mülhauser Bürgerrecht. Nach Fürstenberger, Mül-
hauser Geschichten, S. 6 war er von 1587 bis 1620 als
Stadtschreiber in Mülhausen tätig.
179 Zu den beiden Bänden AM Mulhouse B I 2 und B I 3

vgl. Post / Benner, Verzeichnis, S. 461 und Moeder,
Institutions, S. 42f.
180 Die Lehrer werden u.a. auch auf die Schulordnung ver-
pflichtet, wie die geordnet oder nach befelch eins ersamen
radts fürther gemacht oder verbeßert werdenn möcht. Im
Jahr 1551 entwarf der Pfarrer Konrad Finck im Auftrag
des Rates eine neue Schulordnung (AM Mulhouse,
Nr. 4481). Der Eid des Schulmeisters und seines Helfers
findet darin aber keine Erwähnung.
181 Abdruck des Zürcher Prädikanteneides in RBS 1, S. 210
(s. dazu auch die Einleitung ebd., S. 206-209).

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