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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0203
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Einleitung

Drucke war derjenige der Basler Agende. Dieser umfaßt insgesamt 40 Blätter. Er enthält Formulare für die
Eheeinsegnung, für die Taufe, das Abendmahl und die Versehung der Kranken. Den Abschluß bildet wie in
den vorhergehenden Ausgaben der „Kinderbericht“199.
Die Agende versteht die Einsegnung der Ehe als Bestätigung und Zeugnis einer bereits bestehenden
Verbindung. Die Gemeinde wird dabei als Zeuge dieser Verbindung angerufen. Das gesamte Geschehen
findet in der Kirche vor dem Altar statt. Der eigentliche Trauakt mit den Fragen an das Brautpaar kommt
sehr früh innerhalb der Zeremonie200. Von einer Übergabe der Ringe ist nicht die Rede. An den Trauakt
schließen sich zwei Lesungen an: die eine aus Mt 19,3-6 (sie wird als Stärkung im wahren Glauben ver-
standen) und die andere aus Ps 128 (als Verheißung Gottes für den Ehestand). Für die Trauung eines
älteren Brautpaars, bei dem keine Kinder zu erwarten sind, gibt es ein eigenes Formular in der Agende.
Dieses gleicht zwar in vielem dem vorhergehenden; die Lesungen sind jedoch andere. Sie verleihen der
geschlossenen Verbindung eine eher negative Note: Als erste Lesung ist 1Kor 7,1-9 vorgesehen, in der
Paulus die Ehe als Mittel zur Vermeidung von Unzucht charakterisiert. In der Agende wird die Lesung
unter das Motto „Zur Geduld im Joch der Ehe“ gestellt. Die zweite Lesung stammt aus dem Bußpsalm 130:
„Aus tiefer Not schreie ich zu Dir“201.
Der Aufbau der Taufzeremonie wirkt sehr kompliziert und ist durch häufige Wiederholungen geprägt:
So erscheint die Frage, ob das Kind getauft werden soll, gleich dreimal im Formular: ganz zu Anfang der
Zeremonie, bei der Überleitung zum eigentlichen Taufakt und beim Taufakt selbst. Die Lesung des Kin-
derevangeliums aus Mk 10,13-16 rückt weit nach vorne. Sehr ausführlich gestaltet ist die Ermahnung, das
Kind zu einem christlichen Leben zu erziehen. Eine solche Ermahnung findet sich vor und noch einmal nach
dem Taufakt. Der eigentliche Taufakt beginnt mit dem Gebet des Apostolicum als Zeugnis dafür, daß die
Taufe ein Zeichen des christlichen Glaubens ist. Es folgt die Frage, ob das Kind in diesem Glauben erzogen
werden soll; sie ist mit der Frage nach der Absage an den Teufel verbunden. Die Taufformel selbst ist die
gebräuchliche trinitarische Formel. Über den Vorgang der Taufe, ob sie durch Untertauchen, durch Über-
gießen oder durch Besprengen mit Wasser ausgeführt wird, enthält die Agende keine Informationen202.
Wie das Formular für die Taufe ist auch dasjenige für das Abendmahl durch zahlreiche Doppelungen
gekennzeichnet. Eine besondere Rolle spielen die Ermahnungen. Bereits die Überleitung zur Feier des
Abendmahls beginnt mit der Anweisung, daß jeder sich prüfen möge, der zum Tisch des Herrn gehe. Auf
das Glaubensbekenntnis folgt eine Ansprache des Pfarrers über die Verbannten, die vom Abendmahl aus-
geschlossen sind. Nach Confiteor und Absolution folgt der Gesang eines Psalms oder die Lesung von Ps 130.
Es schließen sich ein Gebet für die Stände der Christenheit und ein weiteres Gebet mit der Bitte um
Reinigung und Erlösung an, die in das Vater unser münden. An dieser Stelle enthält die Agende eine Reihe
von Texten, die vermutlich im Wechsel bei der Feier des Abendmahls benutzt wurden: zunächst den
Christushymnus aus Phil 2,5-11203, dann die Erzählungen von der Kreuzigung Jesu aus den vier Evange-
lien. Nach den Lesungen wird mit einer Ermahnung zu den Einsetzungsworten übergeleitet, die nach 1Kor
11 zitiert werden. Mit der Ladung zum Tisch des Herrn ist eine weitere Warnung zur Selbstprüfung ver-
bunden. Den Abschluß der Feier bildet der Dankpsalm 67204.

199 Da der Katechismus als eigener Text unter der Nr. 23
erscheint, ist er hier bei der Agende nicht mitabgedruckt
worden. Zu den Abweichungen zwischen dem Basler und
dem Mülhauser Katechismus vgl. die Einleitung zu
Nr. 23.
200 Vgl. die vollkommen andere Anordnung in der Straßbur-
ger Agende Johannes Marbachs in Sehling, EKO
XX,1, Nr. 38, S. 423.

201 Vgl. Ehrensperger, Gottesdienst, S. 231f.
202 Zur Form der Taufe in den Basler Agenden vgl. ebd.,
S.226-228.
203 In diesem Hymnus spielen der Kreuzestod und die Erhö-
hung Christi eine zentrale Rolle.
204 Zur Abendmahlsfeier in den Basler Agenden vgl. Eh-
rensperger, Gottesdienst, S. 201-222.

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