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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0240
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Mülhausen

sach mit einer welltlichen schand oder verpiettung ir
statt on gnad harttigklich straffenn.
Aber die elltern unnd vögt söllenn zu iren kindern
und vogtskinden gutt acht habenn unnd si nit ver-
sumenn20. Dann, wo das nit bescheche unnd sich die
kind in sumniß ir ellternn oder vögtenn, namlich die
knaben, wan si vier unnd zwentzigk jar allt, und die
döchternn zwentzigl jar erreichend, sich selbst in die
ee verbinden und versorgen wurdenn, das sol den
kindernn nit schedlich noch verwissenlichm21 sin. |
Es söllenn ouch die elltern unnd vögt, sovil möglich,
verhütten, das si ire kind wider der selbenn willenn
nit in die ee zwingennd, in ansechenn, das die be-
zwungne ee vil unrats22 pringt, eepruch gebirtt und
vil schadens davon erwachst.
nDesßglichenn in annemung uffrechter ee23 sol fur-
hin nit hindern noch zertrennen weder grad, sip-
schafft noch ander sachenn, dann allein die, so in
göttlicher gschrifft klärlich ußgetruckt sind24. Und
was man bißhär mit dispensieren unnd umb gellt
hat megen erlangen, sol alls uß sin unnd hinfurt nit
mer gellten noch irren25.
oUnnd ob sich in kunfftigem fuegen und begeben
wurde, das ein jungling (der ledig und fry ist) ein
tochter, so vor nit vermächlet und die imm zu der
bübery26 dehein anreitzung gebenn, verfürischer
wyß hindergangenn, irs blumens27 und erenns ver-
fellt28 unnd geschmächt hetti, der sol die tochter zu

k B: zwenntzigk.
l B: achtzehenn.
m B: verwerffennlich.
n Überschrift in B: Welche frundtschafft die ee hindern
muß.
o Überschrift in B: Welcher gestalt es mit denen, so kna-
ben, so dochteren verfellen, gehalten werden.
p Fehlt in B.
q Überschrift in B: Wie eß mit der tochter sol gehalten
werden.
r Erg. über der Zeile in A.
s Überschrift in B: Wie mit dem eemann, so eine tochter
verfelt.
t Fehlt in B.
u-u B: [Überschrift: Die bezoge ee]. Nun wellicher hinfür
sich inn die ehe begibt und vermählet, der selbig sols in-

der ee habenn und iro ein morgengab geben, es wäre
dann, das der tochter vatter, mutter oder vogt dem
knaben die tochter nit lassenn wölten und die ee
zwuschen disen parthyenn nit zugesagt wäri.
Undp allsdann sol der jungling die tochter uß-
sturenn29 nach erkandtnus der oberkeytt. |
qWo aber ein tochter ein jungling mit worttenn, bot-
tenn, brieffenn oder selbs eignem bescheid, iren
anzuhangen und zubeschlaffenn, villicht der ur-
sachenn, gunst, willenn unnd anreitzung geben het-
ti, damit si den jungling hindergang, behäm-
men30 und erfassenn könde oder möchte, und sich
das erfindenn wurde, dann sol der jungling der toch-
ter fur irenn plumen nit mer dann V ß zu gebenn
schuldig sin, doch der oberkeytt, ir beider begang-
nen bübery halbr, straff vorbehalltenn sin.
sZu glicherwyß sol es gehalltenn werdennt, wann ein
eeman ein tochter irs plumens verfelt, das dann der
eeman der tochter ouch nit me dann funff schilling
fur den plumen zugeben schuldig sye, dann so ein
tochter sich an einen eeman hencket, hatt si wol zu
gedenckenn, das si an imm nut dann schand und
laster erreichen möge, doch der oberkeytt hieby vor-
behalltenn die straff des eemans von söllichs
eebruchs wegenn. Und hiemit söllen die guttenn
töchter gnugsam gewarnet sin etc.
uWeliche priester oder ledigenn ire mätzen oder bul-
schafftenn31 zu der ee nemmen, die söllens innert-

20 Vernachlässigen, s. Grimm, DWb 25, Sp. 1045.
21 Tadelnswert, s. Grimm, DWb 25, Sp. 2320.
22 Nachteil, Gefahr, s. Grimm, DWb 24, Sp. 1230f.
23 Rechtskräftiger, gültiger Ehe, s. FWb 2, Sp. 593f.
24 Vgl. 3Mos 18,6-18.
25 In einem Recht stören, s. FWb 8, Sp. 214f.
26 Unzucht, s. FWb 4, Sp. 1306f; Idiotikon 4, Sp. 946f.
27 Jungfräulichkeit, s. FWb 4, Sp. 655.
28 Sich vergeht an.
29 Abfinden, ausstatten, s. FWb 2, Sp. 1434; DRW 1,
Sp.1117.
30 Festhalten, s. FWb 3, Sp. 786.
31 Das Wort mätze bezeichnet die Konkubine des Priesters
sowie die Dirne bzw. Hure, s. DRW 9, Sp. 592; Idiotikon
4, Sp. 612; bulschafft - Geliebte, s. FWb 4, Sp. 1379f.

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