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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0243
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11. Eheordnung [1530/1534]

fWelcher zum ersten mal inn ebruch ergriffen oder
funden wirt, ist der ebrecher ein raths gnoß oder inn
emptern verfaßt, solg XX tag inn Walkenthurn50 ge-
legt werden und mit wasser und brot gespyßt und
getrengt werden. Wer aber der ebrecher oder ebre-
cherin von der gmein, so sol er oder sy X tag inn
thurn gelegt werden und ouch mit wasser und brot
gespyßt und getrengt werden. Ob aber einer oder
eine zum andren mal inn ebruch offentlich erfunden
wurde, dann sol er oder sy gfengklich angenommen
werden und inn thurn gelegt. Ist der ebrecher ein
radtsgnoß oder inn amptern verfaßt, so sol er 40 tag
im thurn mit wasser und brot gespist und getrengt
werden. Wer aber der ebrecher oder ebrecherin von
der gmeind, so sol er oder sy XX tag im thurn mit
wasser und brott gespist und getrengt werden und
darnach von der statt gewysen werden und nit wider
inn unser statt inkomen on erloubnis burgermeisters
und rats. hWelches gschehen und zugelossen werden
mag, wenn sy sich an denen ortten, do sy mitler zytt
gewontt und des ebrüchs und anderer offentlicher
lastern halben on argwon51 ghalten haben, wann sy
dann hierums zügnis bringen, mögen wir inen als
dann uß gnaden unser statt wider öffnen. Doch sol

Wo aber einer oder eine in söllichem laster über die vor-
bestimptenn straffenn verharren wurden und sich nit
besern, der oder die söllen on alle gnad von unnser statt
verwysen und verbottenn werden und darin nit gelas-
senn, si haben sich dann an denen ortten, da si mitler zitt
gewont hand, des eepruchs und ander offenlicher laster
halben on argwon gehallten. Wann sie dann hierum zug-
niß pringen, mogen wir inen alls dann usß gnad unnser
statt wider öffnen. Doch sol der man nach sinem inkom-
men weder zü gericht, ratt noch andern erlichen emptern
und sachen nit geprucht werden.
f Der folgende Abschnitt ist in A auf einem gesonderten
Blatt eingetragen.
g B: sol er.
h-h Fehlt in B.
i-i A: (davor Gott sy) und daß wenden wöll.
j-j B: dann sol die selbige person ir lib unnd leben verloren
unnd verwirgkt haben.
k Erg. in B: Wo aber einer oder eine inn sollichem laster
uber die vorbestimpten straffenn verharren würden
unnd sich nit bessern, der oder die sollen on alle gnade
vonn unnser statt verwysen unnd verbottenn werdenn

der man nach sinem inkhomen52 weder zu gricht,
rhatt noch andern erlichen ämptern und sachen nit
gebrucht werdenh. |
So aber einer oder eini, nach dem si wider in unnser
statt unnd gepiett inkommen und inen versünnung
unnd ersetzung53 beschechenn wer, widerum in of-
fenn eepruch fiel i(davor Gott sy und daß wenden
wöll)i und kein besserung by dem oder dero zuver-
tröstenn wär, jdann sol die selbige person gevänck-
lich angenommen werdenn unnd nach erfindung an
offner thatt, mengklichem zur besßrung und eben-
bild54, an lib und lebenn gestrafft und ertrenckt wer-
denj.k
Wär des eepruchs halb, wie obstatt, entsetzt, ge-
strafft oder ußgeschlossenn wurtt, der oder die sol
also lang ußgeschlossen, ouch der eren emptern un-
empfängklich sin, biß das dise person ir lebenn ge-
besßert, das laster verlassenn hat. So man dann
schinbarlichenn55 besßerung spuren, mag man die,
so sich also bekerenn, zu geistlichen mittbrüdernn
wol widerumb annemen und zu erlichen empternn
bruchenn.

unnd darinn nit gelassenn, sy habenn sich dann ann de-
nenn ortthenn, da sy mittlerzeit gewonnd hannd, des
ehepruchsß unnd ander offentlicher laster halbenn onn
argwonn gehalttenn. Wann sy dann herumb zeugknüß
pringenn, mogenn wir inen alsdann uß gnadenn unser
statt wider öffnen, doch sol der mann nach seinem in-
khommen weder zu gericht, rhate noch andern erlichenn
ämptern und sachenn nit gebrucht werden [s. hierzu
auch den letzten Abschnitt der in A gestrichenen Pas-
sage in der textkritischen Anmerkung e auf S. 222].

50 Der als Gefängnis dienende Walkenturm war ein Teil der
Befestigung.
51 Ohne Verdacht eines schuldhaften Verhaltens, s. FWb 2,
Sp.84-86.
52 Rückkehr.
53 Was hier mit ersetzung gemeint ist, bleibt unklar. Mög-
licherweise ist die „Wiederherstellung der Ehre ge-
meint“, s. DRW 3, Sp. 274f. (dort aber nur mit Beleg
aus dem 18. Jh.).
54 Warnendem Beispiel, s. DRW 2, Sp. 1175f.
55 Sichtbare, offenkundige, s. Grimm, DWb 14, Sp. 2438.

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